Anlässlich des immer noch nicht von der Bundesregierung vorgelegten Rentenpaketes II und der andauernden Debatte um die Alterssicherung in Deutschland erklärt Matthias W. Birkwald, renten- und alterssicherungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE:
„Die Gesetzliche Rente ist für die meisten Menschen in Deutschland die wichtigste Einkommensquelle im Alter. Die Ampel und die CDU/CSU verweisen immer auf das Drei-Schichten-Modell aus gesetzlicher Rente, betrieblicher Altersversorgung und privater Vorsorge (zum Beispiel durch Riester). Doch zur Wahrheit gehört: die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung und der betrieblichen Altersvorsorge stockt seit Jahren; gerade einmal die Hälfte der Beschäftigten hat eine Betriebsrente, die Riester-Verträge sind stark rückläufig, oft beitragsfrei gestellt und auf dem niedrigsten Stand seit ihrer Einführung. Das liegt vor allem an den hohen Verwaltungskosten und den geringen Zahlungen von nur 64 Euro durchschnittlich. Die Menschen haben gemerkt: Riestern lohnt sich nicht. Das Drei-Schichten-Modell ist gescheitert.
Doch SPD, GRÜNE und FDP wollen sich das nicht eingestehen. In Kommissionen und Fokusgruppen wird lange überlegt, ohne dass dabei Reformen und konkrete Lösungsvorschläge herauskämen. Vor allem Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen können sich eine zusätzliche Absicherung im Alter nicht leisten, denn das Geld reicht am Ende des Monats schlichtweg nicht für eine Einzahlung in die betriebliche oder die private Altersvorsorge. Das wird noch durch die anhaltende Inflation, den steigenden Energie- und Lebensmittelkosten und der ungerechten Verteilung der Vermögen durch die Beitrags- und Steuerpolitik verstärkt.
Wir müssen die Gesetzliche Rente wieder stärken! Denn sie war vor den Kürzungen der SPD-Agendapolitik der 2000er Jahre stark. Dahin wollen wir wieder zurück: Wir brauchen wieder ein lebensstandardsicherndes Rentenniveau von 53 Prozent. Das bedeutete für die Rentnerinnen und Rentner eine zusätzliche, einmalige, außerordentliche und dann dauerhafte Rentenerhöhung um zehn Prozent.
Für einen Standardrentner oder eine Eckrentnerin bedeutete das nach 45 Beitragsjahren zum Durchschnittsverdienst 170 Euro Rente brutto mehr. Und das würde die Beitragszahlerinnen und -zahler und ihre Chefs gerade jeweils einmal aktuell 37 Euro mehr im Monat an Rentenbeitrag kosten.
DIE LINKE will sich auch am Rentensystem Österreichs orientieren. Denn dort sind die durchschnittlichen Renten langjährig Versicherter fast doppelt so hoch wie in Deutschland. Wir fordern, dass – wie in Österreich – auch die Selbstständigen, Freiberufler sowie die Beamtinnen und Beamten und allen voran selbstverständlich auch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in die Gesetzliche Rentenversicherung einzahlen mögen. Mit so einer Erwerbstätigenversicherung, in die alle Menschen mit Erwerbseinkommen Beiträge zahlten, würde die Gesetzliche Rentenversicherung auf mittlere und lange Sicht stabilisiert, wie Studien zeigen.
Wir wollen, dass die Arbeitgeber überparitätisch mehr Rentenbeiträge zahlen, so wie es unter anderem in Österreich, Schweden, Frankreich, und insbesondere in Spanien der Fall ist. Wir fordern, dass die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung verdoppelt und das Solidarprinzip in der Gesetzlichen Rentenversicherung gestärkt wird. Denn durch die Beitragsbemessungsgrenze werden Rentenbeiträge nur bis zu einer Grenze von aktuell 7.100 (Ost) bzw. 7.300 Euro (West) gezahlt, alle Einkommen darüber werden nicht verbeitragt. Dadurch werden aktuell gerade niedrige und mittlere Einkommen mehr belastet als hohe und sehr hohe. Aber es führt auch dazu, dass hohe Renten ab 3.000 sehr selten sind. Das wollen wir ändern und die Beitragsbemessungsgrenze verdoppeln. Gleichzeitig wollen wir die daraus künftig entstehenden sehr hohen Renten ab aktuell 3.400 Euro im höchsten verfassungsmäßig zulässigen Maße abflachen. Das würde das Solidarprinzip in der Rentenversicherung stärken und die Finanzierung der Rentenversicherung stabilisieren. Statt Altersarmut: Renten rauf!“