Statement von Rechtsanwalt Dr. Rainer Spatscheck, Vorsitzender des Ausschusses Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV)
Im sogenannten „Badewannenfall“ wurde ein 2012 wegen Mordes verurteilter Hausmeister nun freigesprochen. Zuvor saß der Mann 13 Jahre in Haft. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) weist darauf hin, dass die derzeitige Praxis der Haftentschädigung für den Schaden, der durch den ungerechtfertigten Freiheitsentzug entstand, längst nicht angemessen ist.
„Für uns ist klar: Eine faire Haftentschädigung muss mindestens 100 Euro für jeden Tag erlittener Haft betragen. Erst 2020 wurde der Tagessatz auf 75 Euro angehoben, zuvor lag er sogar nur bei 25 Euro. Der Entzug der eigenen Freiheit ist die härteste Sanktion des Rechtsstaates. Wer ihn erleidet, obwohl er unschuldig ist, unterliegt einer enormen, mit andauernder Haft steigenden psychischen Belastung. In europäischen Nachbarländern wie der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich und Spanien werden bereits dreistellige Haftentschädigungen gezahlt.
In Deutschland hingegen wird unrechtmäßig Inhaftierten sogar die ihnen aufgezwungene Kost und Logis in Rechnung gestellt und von der Entschädigungssumme abgezogen. Das Bundesjustizministerium hat zwar bereits ein Eckpunktepapier vorgestellt, das diesen unwürdigen Zustand beenden und die Haftentschädigung in ein nach Art und Dauer der Haft gestaffeltes System überführen soll, wir warten jedoch weiterhin auf die Umsetzung dieser Pläne.
Der jüngste Fall zeigt uns klar, welche Einzelschicksale an Justizirrtümern hängen. Die Opfer müssen entsprechend aufgefangen werden – hier ist der Staat in der Verantwortung.“
(c) DAV, 07.07.2023