Berlin/Brüssel (DAV). Die Trilogverhandlungen zur E-Evidence-Verordnung schreiten voran. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat gemeinsam mit weiteren Organisationen unter Federführung von European Digital Rights (EDRi) eine Sammlung von Beispielen zusammengestellt, die die drohenden Grundrechtsverstöße veranschaulichen.
Europäisches Parlament, Rat und Kommission beraten seit einiger Zeit einen Vorschlag der Kommission zu elektronischen Beweismitteln in Strafsachen (E-Evidence-Verordnung). Dabei sollen sich Justizbehörden direkt an Anbieter digitaler Dienste wenden können, um Daten anzufordern, die möglicherweise als Beweismittel im Strafverfahren eingesetzt werden können. Der Dienstanbieter selbst ist für die Ausführung der Anordnung zuständig. Eine Einbindung des Vollstreckungsmitgliedstaats soll nur ausnahmsweise bei Weigerung des Dienstanbieters erfolgen.
„Es drohen erhebliche Grundrechtseingriffe in das Recht auf Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und das Recht auf ein faires Verfahren“, warnt DAV-Hauptgeschäftsführerin Dr. Sylvia Ruge. Um diese Gefahr greifbar zu machen, hat sich der DAV an einer Sammlung von Beispielen (in englischer Sprache) beteiligt, die unter Federführung des EDRi nun veröffentlicht sind.
Aus diesen Anschauungsbeispielen folgen konkrete Forderungen: „Wir brauchen die Einführung eines obligatorischen und automatischen Benachrichtigungsverfahrens für den Vollstreckungsstaat mit aufschiebender Wirkung. Dabei muss sichergestellt werden, dass das Berufsgeheimnis ordnungsgemäß berücksichtigt wird“, mahnt Ruge. „Im Falle von Verstößen gegen Anordnungen müssen überdies Ablehnungsgründe auf der Grundlage der EU-Grundrechtecharta geltend gemacht werden können“.
Der DAV hat das E-Evidence-Vorhaben von Anfang an kritisch begleitet. Bereits 2018 hatte er in seiner Stellungnahme Nr. 42/2018 auf grundrechtliche Schwächen hingewiesen.
Quelle: DAV Pressemitteilung Nr. 41 vom 20.10.2021