Nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen wird die Regierungsbildung kompliziert. Möchte die CDU regieren, muss sie mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine Koalition bilden. Ob sich die Parteien annähern können, bleibt fraglich. Eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, wo sich die Parteien einig sind – und wo es hakt.
Die AfD hat bei den Landtagswahlen so stark abgeschnitten wie nie zuvor. In Thüringen liegt sie vorne, in Sachsen nur knapp hinter der CDU. Das BSW ist mit seinen Wahlergebnissen aus dem Stand drittstärksten Partei geworden und wird damit zum „Zünglein an der Waage“: Will die CDU mit einer Mehrheit regieren, führt kein Weg an dem BSW vorbei.
Gemeinsamkeiten: Bildung, Bürokratie, Landleben
Einig sind sich CDU und BSW in zentralen Themen: Die Wirtschaft leidet unter Fachkräftemangel, Bürokratie und hohen Kosten. Beide Parteien wollen sich auch stärker dem Land widmen, sie fordern gleichwertige Lebensbedingungen und setzen sich für eine verbesserte Daseinsvorsorge, ÖPNV-Konzepte und Digitalisierung ein. Auch in der Bildungspolitik gibt es Schnittmengen: CDU und BSW streben eine bessere Ausstattung der Schulen an und legen besonderen Wert auf Kernkompetenzen wie lesen, schreiben und rechnen.
Trotz dieser Gemeinsamkeiten gibt es deutliche Differenzen: So will die CDU mit staatlichen Subventionen Schlüsselindustrien nach Deutschland locken, so wie den taiwanesischen Halbleiterriesen TSMC in Dresden – das BSW sieht aber in Konzernen ganz grundsätzlich einen Stein des Anstoßes. In den Landesprogrammen des BSW versteckt sich diese Fundamentalkritik zwar, eine mit Steuergeldern finanzierte Unternehmensansiedlung in Milliardenhöhe dürfte mit dem BSW jedoch nur schwer zu machen sein. Bei vielen wirtschaftspolitischen Fragen tendiert das BSW stärker zu staatlichen Eingriffen als die Union, etwa in der Wohnungsmarktpolitik: Hier fordert die Partei, Wohnen der „Profitmacherei“ zu entziehen.
Wundertüte Wagenknecht
Diese Differenzen dürften die Regierungsbildung erschweren. „Die Wirtschaft in Ostdeutschland braucht stabile Rahmenbedingungen und keine Wundertüte“, sagt IW-Experte Matthias Diermeier. „Über Wohl und Wehe einer BSW-Regierungsbeteiligung entscheidet am Ende, wie weit der Arm der Parteigründerin in die Landesverbände hineinreicht.“ Diese hatte eine Abkehr von den Ukraine Sanktion zur Bedingung für eine Regierungsbeteiligung gemacht. Wirtschaftspolitisch kritisch werden dürften die bundespolitischen Forderungen nach einer Vermögenssteuer, einer Mindestlohnerhöhung auf 14 Euro sowie einer Rentenreform, die etwa Beamte in die gesetzliche Rente überführt.
(c) IW, 03.09.2024