Die CDU/CSU-Fraktion will die Demokratie stärken und fordert „klare Reformen für ein modernes und bürgernahes Parlament“. Ihren Antrag (20/4587) wird der Bundestag am Donnerstag ohne Aussprache zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überweisen. Nach dem Willen der Fraktion soll der Ausschuss Empfehlungen erarbeiten, wie die Geschäftsordnung des Bundestages in einer Reihe von Punkten geändert werden könnte. Als Schwerpunkte werden eine wirksamere und lebendigere Regierungsbefragung mit besserer parlamentarischer Kontrolle, bedeutende und attraktive Debatten im Plenum, eine Stärkung und Sichtbarmachung der Ausschüsse und eine klarere und verständlichere Geschäftsordnung genannt.
Die Unionsfraktion plädiert unter anderem dafür, die regelmäßige Dauer der Regierungsbefragung von 60 auf 120 Minuten zu verdoppeln und auf die bisherige 90-minütige Fragestunde zu verzichten. Stattdessen sollten im Plenum künftig dezentrale Ausschussfragestunden stattfinden, die im Internet übertragen werden. Statt wie bisher dreimal jährlich solle der Bundeskanzler künftig mindestens einmal im Quartal befragt werden. An jeder Regierungsbefragung sollen dem Antrag zufolge mindestens zwei Regierungsmitglieder teilnehmen. Jedes Regierungsmitglied müsse mindestens einmal jährlich an der Befragung teilnehmen, die bisher üblichen einleitenden Ausführungen sollen entfallen. Damit die Regierungsanworten parlamentarisch debattiert werden können, solle im Anschluss auf Antrag eine Aktuelle Stunde stattfinden können. Kleine Anfragen will die Unionsfraktion im Plenum beraten lassen, wenn sie von der Regierung nicht fristgerecht beantwortet wurden und fünf Prozent der Abgeordneten oder eine Fraktion dies verlangen.
Darüber hinaus will die Fraktion die Tagesordnung des Plenums verschlanken, um „Raum für aktuelle und wichtige Debatten zu schaffen“. Daher sollten die Ausschüsse künftig mehr Fachvorlagen abschließend öffentlich mit Live-Übertragung im Internet beraten, sodass das Plenum ohne Debatte darüber abstimmen kann. Herausragende Debatten müssten so platziert werden, dass möglichst viele sie live verfolgen können. Auch ein verstärkter Einsatz von Gebärdendolmetschern wird angemahnt. Zusätzlich zur jährlichen Debatte über den Petitionsbericht werden halbjährliche Debatten über Petitionen angeregt. Abstimmungen will die Fraktion bündeln, um Verzögerungen im Plenarablauf zu vermeiden. Die Möglichkeiten elektronischer Stimmabgaben seien zu prüfen.
Aktuelle Stunden will die Unionsfraktion auch in der Kernzeit und mit der Möglichkeit der Zwischenfrage oder -bemerkung zulassen. Regierungsmitglieder sollten ihre Abwesenheit bei Kernzeitthemen schriftlich begründen müssen. Auch sei nicht hinnehmbar, dass wichtige Regierungsentscheidungen und -vorhaben in Pressekonferenzen oder Talkshows anstatt im Parlament verkündet werden.
Am Grundsatz nichtöffentlicher Ausschusssitzungen will die Fraktion festhalten. Vorbereitende Beratungen und Verhandlungen benötigten geschützte Räume, um Lösungsvorschläge ergebnisoffen diskutieren und interfraktionell Kompromisse ausloten zu können, heißt es zur Begründung. Die öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse wollen die Abgeordneten auf eine breitere fachliche Basis stellen. So solle der Sachverstand in den obersten Bundesbehörden dafür genutzt werden. Dauerhaftes Vertagen von Oppositionsvorlagen muss für die CDU/CSU der Vergangenheit angehören. Schließlich empfiehlt die Fraktion, die Geschäftsordnung einer Generalrevision zu unterziehen.
Quelle: Deutscher Bundestag, HiB Nr. 682 vom 23. November 2022