Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat in einer Stellungnahme den Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern und für Heimat eines Gesetzes zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren scharf kritisiert, da sie ihn für wenig zielführend hält.

Rechtsanwalt und Notar Dr. Thomas Remmers, Vizepräsident Bundesrechtsanwaltskammer und zuständig für Migrationsrecht, hält den Entwurf für tendenziös. „Der Gesetzentwurf ist hinsichtlich einiger angedachter Regelungen geradezu von einer Misstrauenspolitik gegenüber Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten durchdrungen. Aus Beschleunigungsgründen sollen Verfahrensrechte weitgehend beschnitten werden. Dies ohne jeden sachlichen Grund.“

So soll beispielsweise der bedingte Beweisantrag zum gesetzlichen Regelfall erklärt werden, wodurch eine Stellungnahme und gegebenenfalls sich an eine Ablehnung anschließende weitere Beweisanträge unmöglich werden. Im Gegenzug dazu werden die Berufungszulassungsgründe – entgegen langjähriger Forderung von Migrationsrechtlern – nicht erweitert. Ein Urteil, bei welchem ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit bestehen, bleibt somit unangreifbar. „Das ist nicht nur in der Sache selbst abzulehnen, sondern öffnet Tür und Tor hinsichtlich der Ablehnungsmöglichkeit als „offensichtlich unbegründet“, so Remmers.

Sollte die Umsetzung der beabsichtigten Neuregelungen, wie im Entwurf vorgesehen, erfolgen, ist mit einer massiv ansteigenden Zahl der Eilantragsverfahren zu rechnen, was durch die ohnehin belasteten Gerichte kaum zu bewältigen sein dürfte. „Diese Folge läuft dem klar erklärten Ziel der Beschleunigung von Verfahren ganz offensichtlich zuwider“, meint Remmers. Auch im Übrigen findet er deutliche Worte zu der geplanten Gesetzesänderung: „Das Abschreiben aus der Asylverfahrensrichtlinie ist doch keine – auch keine erneute – Umsetzung! Deutschland verfügt im Asylverfahren bereits über ausreichende und unserem Rechtsstaatsverständnis Rechnung tragende Regelungen und vor allem ausdifferenzierte Rechtsprechung.“ Weitergehende Änderungen hält er daher für obsolet. Dies umso mehr, da im Zuge der GEAS-Reform (GEAS-Gemeinsames Europäisches Asylsystem) ohnehin geplant ist, die Asylverfahrensrichtlinien durch eine EU-Verordnung zu ersetzen. „Es ist daher wenig sinnvoll, die bestehenden gesetzlichen Regelungen jetzt noch übereilt und nicht in Gänze durchdacht zu ändern und durch vage, unscharfe und auch mit geltendem deutschem Recht nicht zu vereinbarende Bestimmungen zu ersetzen, die nicht lange Bestand haben werden.“ Auch sieht die BRAK ganz grundsätzlich keinen Bedarf für eine Beschleunigung: „Die neuen Verfahren – Altlasten ausgenommen – werden sehr schnell, durchschnittlich in ca. drei Monaten, abgewickelt. Eine schnellere Abarbeitung ist kaum denkbar, bzw. ginge auf Kosten der Qualität“, betont Remmers.

Mithin besteht nach Auffassung der BRAK kein Bedarf (mehr) für schnellere, sondern vielmehr für vom Bundesamt sorgfältig geführte Verfahren mit rechtmäßigen Bescheiden. Gleiches gilt für die Gerichtsverfahren. Weitere Spezialgesetze, die Verfahrensrechte einschränken, sind nicht zielführend.

Remmers äußert zudem Unverständnis hinsichtlich der den Verbänden gesetzten Stellungnahmefristen: „Wir haben in der Vergangenheit immer wieder darum gebeten, im Rahmen der Verbändeanhörung mit angemessenen Fristen eingebunden zu werden. Und doch wurde erneut bei einer geplanten Gesetzesänderung, bei der es gerade um besonders vulnerable, verfassungsrechtlich und menschenrechtlich geschützte Bereiche geht – hier das Asyl- und Flüchtlingsrecht – eine derart kurze Stellungnahmefrist gesetzt, dass man auch von einer Verkürzung der Verbändebeteiligung sprechen könnte. Das ist inakzeptabel und muss sich dringend ändern.“

Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer, Pressemitteilung vom 25. Oktober 2022

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