17 Gesetzesbeschlüsse aus dem Bundestag hat der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause gebilligt. Sie können daher nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten wie geplant in Kraft treten.
Eine Auswahl der wichtigsten Gesetzesbeschlüsse:
– Zur besseren Arzneimittelversorgung (TOP 6) und Bekämpfung von Produktions- und Lieferengpässen, insbesondere bei patentfreien Medikamenten und Fiebersäften für Kinder, gibt es künftig ein Frühwarnsystem und die Pflicht zur Lagerhaltung. Der Bundestag ergänzte das Gesetz außerdem um die Möglichkeit für Krankschreibungen nach telefonischer Anamnese und um die Befugnis der Länder, Modellversuche zum so genannten Drug-Checking zu genehmigen.
– Die Reform der Fachkräfteeinwanderung (TOP 8a) führt ein neues System mit drei Säulen ein, um ausländischen Fachkräften den Zuzug nach Deutschland zu erleichtern und damit dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Detaillierte Regeln für die Umsetzung in der Praxis enthält eine begleitende Verordnung (TOP 8b).
– Die umfassende Reform des Sanktionenrechts (TOP 9) halbiert den Umrechnungsmaßstab bei Ersatzfreiheitsstrafen: Künftig entsprechen zwei Tagessätze Geldstrafe einem Tag Freiheitsstrafe, um die Haftanstalten zu entlasten. In der Strafzumessung können Gerichte Tatmotive, die sich speziell gegen die sexuelle Orientierung zum Beispiel von LSBTI-Personen richten, als menschenverachtende Beweggründe ausdrücklich strafschärfend berücksichtigen.
– Ein staatliches Label zur Tierhaltungskennzeichnung (TOP2a) für Frischfleisch vom Schwein informiert Verbraucherinnen und Verbraucher künftig darüber, aus welcher der fünf definierten Haltungsformen – von Stall bis Bio – das Tier stammt. Flankierend erleichtert ein Gesetz entsprechende Stallumbauten (TOP 2b).
– Das Öko-Landbaugesetz (TOP 3) regelt die Kontrolle für Öko-Siegel und enthält zusätzlich Änderungen beim seit 2022 geltenden Verbot, männliche Küken zu töten: Ab 1. Januar 2024 sind Eingriffe zur Bestimmung des Geschlechts im Hühnerei ab dem 13. Bebrütungstag verboten – bislang galt dafür eine 7-Tage-Höchstgrenze.
– Das geänderte Tabakerzeugnisgesetz (TOP 5a) dehnt das Verbot von charakteristischen Aromen und Aromastoffen auf Tabakerhitzer aus – bisher galt es nur für Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen. In einer zugehörigen Verordnung (TOP 5b) finden sich ergänzende Detailregelungen.
– Bei Wahlen zum Europäischen Parlament (TOP 11) soll es künftig eine Zwei-Prozent-Hürde geben. Der Bundestagsbeschluss, dem der Bundesrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit zugestimmt hat, sieht die Zustimmung Deutschlands zu einem entsprechenden EU-Beschluss vor.
– Änderungen am LNG-Beschleunigungsgesetz (TOP 49) dienen dazu, den Bau eines schwimmenden Terminals im Hafen von Mukran auf Rügen zu vereinfachen, so dass der Standort schon ab Winter 2023/24 zur Sicherung der Energieversorgung mit Gas beitragen kann – vor allem für Ostdeutschland und Bayern. Die Kommunen erhalten mehr Spielraum, zusätzliche Flächen für die Windenergienutzung auszuweisen.
– Zahlreiche eher technische Anpassungen der im letzten Jahr eingeführten Energiepreisbremsen (TOP 10) sollen die Maßnahmen zur Entlastung von Wirtschaft und Verbrauchern weiterentwickeln und die Praxiserfahrungen mit den seit einigen Monaten geltenden Regeln umsetzen.
Initiativen aus den Ländern
In zwei eigenen Entschließungen erinnert der Bundesrat an das 75. Jubiläum der UN-Erklärung der Menschenrechte (TOP 17) und fordert die Bundesregierung auf, die Kosten für Umweltstatistiken (TOP 18) zu reduzieren.
Neu vorgestellt wurden Landesinitiativen zur Finanzierung von Wissenschaftseinrichtungen (TOP 15) und von Jobcentern (TOP 16) sowie zur steuerlichen Förderung von Klimaschutzmaßnahmen (TOP 47).
Änderungswünsche an Regierungsplänen
Der Bundesrat formulierte Änderungswünsche an Gesetzentwürfen, die ihm die Bundesregierung zur Stellungnahme vorgelegt hatte – unter anderem zum Sozialrecht (TOP 19) zur Stärkung des Pflegestudiums (TOP 20), zum Onlinezugangsgesetz (TOP 21), zur digitalen Dokumentation von Strafprozessen (TOP 22), zu Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit(TOP 23), zu Regulierungsbefugnissen im Energiewirtschaftsrecht (TOP 26) und zur Ausweitung der Lkw-Maut (TOP 25). Mit den teils umfangreichen und detaillierten Stellungnahmen befasst sich nun die Bundesregierung, bevor der Bundestag über die Vorhaben entscheidet.
Stellungnahmen zu EU-Vorschlägen
Ebenfalls umfangreich äußerte sich der Bundesrat zu EU-Vorlagen mit Vorschlägen zu den Themen Wirtschaftspolitik (TOP 28a), Defizitverfahren (TOP 28b), Korruptionsbekämpfung (TOP 29) sowie Verbraucherschutz bei Chemikalien in Reinigungsmitteln (TOP31).
Zustimmung zu Regierungsverordnungen
13 Verordnungen der Bundesregierung fanden die Zustimmung des Bundesrates – zum Teil allerdings nur unter der Maßgabe von Änderungen. Setzt die Bundesregierung diese um, kann sie die Verordnungen in Kraft setzten.
Einige Vorlagen ergänzen die vom Bundestag beschlossenen Gesetze um Detailvorgaben für die Umsetzung in der Praxis, zum Beispiel bei der Fachkräfteeinwanderung (TOP 8b), der Lebensmittelkennzeichnung(TOP 34, TOP 36), beim Aromenverbot für Tabakerhitzer (TOP 5b) und beim Öko-Landbau (TOP 35). Weitere Verordnungen regeln Fahrgastrechte für Bahnkunden (TOP 40), die Anzeige von Versicherungsfällen in der gesetzlichen Unfallversicherung (TOP 33) und das Recycling von Materialien in der Ersatzbaustoffverordnung (TOP 39).
(c) Bundesrat, 07.07.2023