Zum Besuch des irakischen Ministerpräsidenten Al-Sudani in Berlin erklärt Lamya Kaddor, stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:
Für seinen ersten Besuch in Europa hat der neue irakische Ministerpräsident Mohammed Shia Al-Sudani Berlin als erstes Ziel gewählt. Das spiegelt die enge Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern wider im Bemühen, die politische Stabilisierung im Land voranzutreiben, den IS weiter entschieden zu schwächen, Menschenrechte und Minderheiten zu schützen und demokratische Errungenschaften zu festigen. Der Irak ist zudem eines der weltweit am meisten vom Klimawandel betroffenen Länder und leidet stark unter Dürre. Deshalb muss eine deutsch-irakische Partnerschaft über fossile Brennstoffe hinaus zukunftsweisende Energieformen fördern.
Nach Straßenprotesten im Jahr 2019 und turbulenten Monaten im vergangenen Jahr haben die Irakerinnen und Iraker gezeigt, dass sie neben einer erfolgreichen Parlamentswahl politische Unterschiede am Ende friedlich beilegen und die wirtschaftlichen, sozialen und sicherheitspolitischen Probleme des Landes angehen wollen. Erstmals waren auch ethno-religiös unabhängige Kräfte ins Parlament eingezogen, die aus den Straßenprotesten hervorgegangen sind. Sudani hatte bei seiner Wahl vor allem die Förderung der Jugend und den Kampf gegen Korruption hervorgehoben. Er hat darüber hinaus dieser Tage in deutschen Interviews Menschenrechtsverletzungen, auch im Nachbarland Iran kritisiert. Gleichsam stehen ihm viele Herausforderungen bevor: Neben Korruption sind es auch die immer wiederkehrenden Verletzungen der irakischen Souveränität durch grenzüberschreitende Angriffe der Türkei und des Iran auf verschiedene Gruppen im Land, die völlig inakzeptabel und scharf zu verurteilen sind.
Deutschland ist im Irak stark engagiert im Vorgehen gegen ein Wiedererstarken des IS. Die Bundeswehr genießt in dem Land dabei ein hohes Ansehen. Auch bei der Unterstützung von Binnenvertriebenen leistet Deutschland einen großen Beitrag und beim Schutz von Minderheiten, vor allem der jesidischen Gemeinde, die ganz besonders unter dem IS-Terror gelitten hatte. Erfreulich ist, dass das irakische Kabinett nach fast 50 Jahren Diskriminierung Jesidinnen und Jesiden Anfang Januar das Recht eingeräumt hat, Eigentum im Irak zu besitzen. Sudani hatte unterstrichen, seine Politik wolle allen irakischen Bürgern die vollen Rechte garantieren.
Quelle: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Pressemitteilung vom 12. Januar 2023