Zu den Ausschreitungen im Westjordanland erklärt Lamya Kaddor, stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:
Die Eskalation der Gewalt in den von Israel besetzten Gebieten muss gestoppt werden. Terroranschläge von Palästinensern einerseits und immer mehr tödliche Razzien durch die israelische Armee in palästinensischen Wohnvierteln, verstärkter Siedlungsbau und Siedlergewalt andererseits schaukeln sich in diesen Tagen im Westjordanland hoch. Diese Gewalteskalation ist Ergebnis der teils rechtsextremen Politik und Rhetorik der israelischen Regierung, durch die sich radikale Siedler zur Lynchjustiz ermutigt fühlen. Straffreiheit darf es in einem Rechtsstaat und einer Demokratie für keine Seite geben. Auch der palästinensische Terror muss mit allen Mitteln des Rechtsstaates bekämpft werden. Selbstjustiz darf keinen Platz haben.
Auch innenpolitisch spitzt sich die Lage immer weiter zu: Während Generalstabschef Herzl Halevi die jüngsten Attacken israelischer Siedler als nationalistischen Terrorismus bezeichnete, der gegen alle moralischen und jüdischen Werte verstoße, verweigert die Regierung gleichzeitig nach innen jede Dialogbereitschaft über den geplanten Justizumbau, gegen den seit Beginn des Jahres hunderttausende Israelis im ganzen Land hartnäckig demonstrieren. Der ehemalige Premierminister Ehud Barak rief sogar zu zivilem Ungehorsam auf.
Als Reaktion auf palästinensische Anschläge plant die Regierung unter Benjamin Netanjahu nun den raschen Bau von über 5000 neuen Wohneinheiten in Siedlungen im Westjordanland sowie die Legalisierung von illegalen Outposts. Diese völkerrechtswidrige Praxis zu beschleunigen, wird die Gewaltspirale weiter anheizen und auch die außenpolitischen Beziehungen Israels weiter beschädigen. Die USA setzen ein deutliches Zeichen und haben angekündigt, die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit mit Israel im Westjordanland, Ostjerusalem und den Golanhöhen einzustellen. Auch das Folgetreffen des aus den Abraham Accords hervorgegangenen Negev-Formats wurde durch Marokko mit Verweis auf die gegenwärtige Lage mehrfach verschoben.
Deutschland ist die Sicherheit Israels aufgrund seiner besonderen historischen Verantwortung als Freund und Partner besonders wichtig. Dazu zählt die Normalisierung der Beziehungen mit den arabischen Nachbarländern. Wir stehen zugleich fest an der Seite der Menschen in Israel, die seit Monaten für den Erhalt der Rechtsstaatlichkeit und demokratischer Werte ihre Stimme erheben und die sich für ein Ende des Siedlungsbaus und eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung einsetzen.