Zur Vorlage des neuen EU-Rohstoffgesetzes in Brüssel erklärt Dr. Sandra Detzer, Sprecherin für Wirtschaftspolitik:
Das neue EU-Rohstoffgesetz ist ein wichtiger Schritt für mehr europäische Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit. Es schafft die Grundlage für eine Rohstoffversorgung, die wir für Digitalisierung und Klimaschutz brauchen. Nur wenn wir über ausreichend kritische metallische Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Seltene Erden verfügen, können wir genügend Energie aus Wind und Sonne schöpfen, um unsere Verpflichtungen nach dem Pariser Klimaabkommen zu erfüllen. Nur dann können wir unsere Volkswirtschaft ins digitale Zeitalter überführen.
Das neue EU-Gesetz setzt klare und ehrgeizige Ziele. Bis 2030 sollen von keinem Land mehr als 65 Prozent eines kritischen Rohstoffs bezogen werden. Heute stammen fast 100 Prozent unserer Seltenen Erden aus China. Japan hat unter großen Anstrengungen über zehn Jahre gebraucht, um seine Abhängigkeit von China bei den Seltenen Erden von 90 auf 60 Prozent zu reduzieren – dies verdeutlicht die Größe der Aufgabe. Der Weg der Diversifizierung der Lieferketten und ihres sorgsamen Monitorings ist richtig. Es mangelt nicht an kritischen Rohstoffen auf der Welt. Für Souveränität und Klimaschutz müssen wir nur selbst weitsichtig genug planen und handeln. Und genau hier setzt das neue EU-Gesetz an.
Das Gesetz setzt drei weitere wichtige, konkrete Ziele. So sollen 15 Prozent aller benötigten kritischen Rohstoffe bis 2030 aus dem Recycling stammen. Der Abbau heimischer Rohstoffvorkommen soll an Bedeutung gewinnen, rund 10 Prozent des Bedarfs sollen bis 2030 in der EU abgebaut werden. Außerdem soll die für die Wertschöpfung wichtige Weiterverarbeitung der Rohstoffe nach dem Abbau zu rund 40 Prozent in der EU stattfinden.
Das Recycling kann auf lange Sicht zur Hauptquelle unserer kritischen Rohstoffe werden. Der Aufbau einer Recyclings-Industrie birgt enorme Chancen für den Wirtschaftsstandort Europa, nicht umsonst unterstützt auch der Inflation Reduction Act in den USA Recyclingvorhaben in großem Maße. In der Zwischenzeit muss der Bergbau zu hohen ökologischen und sozialen Standards stattfinden. Hier bleibt der Gesetzentwurf hinter den Erwartungen zurück, da die Zertifizierungsverfahren unklar und unverbindlich scheinen. Sowohl in Europa als auch international muss die EU Vorreiterin für einen Bergbau sein, der gute Arbeitsbedingungen schafft und dem Natur- und Klimaschutz Sorge trägt.
Rohstoffpartnerschaften auf Augenhöhe mit den rohstoffreichen Ländern des globalen Südens sind das Gebot der Stunde. Das bedingt, die Weiterverarbeitung der Rohstoffe vor Ort zu organisieren und die Wertschöpfungskette vor Ort zu stärken. Auch das fördert das neue EU-Gesetz. Diese Ziele zusammen mit den Mitgliedstaaten mit Leben zu füllen, ist eine Chance für den Wirtschaftsstandort Europa und eine gerechte Globalisierung.