Zum heute beginnenden G77-Gipfel in Havanna erklären Deborah Düring, entwicklungspolitische Sprecherin, und Jürgen Trittin, außenpolitischer Sprecher:
 

Der Gipfel der 134 Länder des Globalen Südens und China auf Kuba stellt den größten Länderzusammenschluss innerhalb der Vereinten Nationen dar. Gemeinsam vertreten die G77 und China nach eigenen Angaben fast 80 Prozent der Weltbevölkerung. Europa muss diese Stimme ernst nehmen. Wir begrüßen auch die aktive Teilnahme von UN-Generalsekretär António Guterres am Gipfel.
 

Globale, sich gegenseitig verstärkende Krisen – von der Klimakatastrophe über bewaffnete Konflikte und Kriege sowie Pandemien bis hin zur massiven Überschuldung vieler Staaten vor allem des Globalen Südens – treffen die Staaten der G77 am härtesten. Deutschland und die anderen Länder des Globalen Norden tragen eine besondere Verantwortung: Sie müssen den Ländern, die sich für eine regelbasierte internationale Ordnung auf Basis der UN-Charta einsetzen, attraktive Angebote machen.
 

Der Afrikanische Klimagipfel in der vergangenen Woche hat zu Recht auf diese Verantwortung hingewiesen. Deshalb müssen die Länder des Globalen Nordens ihre Finanzzusagen für den Ausgleich von unabwendbaren Klimaschäden endlich umsetzen. Die Hauptverursacher der Klimakrise müssen für Schäden und Verluste in den Ländern des Globalen Südens aufkommen. Die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe gerade jetzt zu kürzen, ist der falsche Weg. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass mit China der heute größte Emittent von klimaschädlichen Treibhausgasen ebenfalls beim G77-Gipfel mit am Tisch sitzt.
 

Die Bundesregierung hat in der Nationalen Sicherheitsstrategie bekräftigt, dass sie ihre globalen Partnerschaften stärken und den Anliegen und Interessen dieser Partner Rechnung tragen will. Die EU-Initiative Global Gateway zur Finanzierung von Infrastruktur- und Investitionsprojekten ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Dazu gehören auch die verstärkten Energiepartnerschaften. Wer Entwicklung dekarbonisieren will, muss ein globales Ziel für erneuerbare Energien auf der nächsten Klimakonferenz verabschieden. Die Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung von den G77 zu Recht eingefordert. Die Welt hinkt auf dem Weg dorthin hinterher.
 

Deutschland muss sich außerdem entschieden für die Reform sowohl der Weltbank als auch des internationalen Steuersystems einsetzen, um globale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit zu fördern. Mit der Reform der Weltbank haben wir die einmalige Chance, sie in eine finanzkräftige Institution zum Schutz der globalen öffentlichen Güter umzubauen. Die von den Vereinten Nationen beschlossene Resolution zur internationalen Steuerkooperation ist historisch. Deutschland sollte die Dynamik nutzen und sich für einen ambitionierten, zwischenstaatlichen Verhandlungsprozess stark machen. Insbesondere sollte es die Forderungen der Länder des Globalen Südens unterstützen und sich für die Schaffung einer umfassenden UN-Steuerkonvention einsetzen. Damit kann Deutschland zur Schließung der Regulierungslücken beitragen und für mehr Gerechtigkeit in der internationalen Finanzordnung sorgen.
 

Um der Schuldenkrise des Globalen Südens nachhaltig zu begegnen, benötigen wir mehr Transparenz in Bezug auf Schulden und faire Schuldenrestrukturierungen. Eine Nachbesserung des Common Framework on Debt ist dafür ein Weg. Langfristig brauchen wir ein kodifiziertes Staateninsolvenzverfahren.
 

Schließlich sind auch die Warnungen Indonesiens, dass die G77 Gefahr laufen, sich in Stellvertreterkonflikten von Akteuren wie Russland, China, der EU oder den USA zu schwächen, berechtigt. Aber auch der Kampf gegen Korruption und für die Achtung der Menschenrechte muss innerhalb der G77 einen höheren Stellenwert erhalten.

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