Zum internationalen Tag der Pressefreiheit am 3.Mai erklären Boris Mijatović, Sprecher für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, und Max Lucks, Obmann im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:
Lourdes Maldonado López, Oleksandra Kuvshynova, Pu Tui Dim – das sind nur drei Namen, die stellvertretend für die im Jahr 2022 86 getöteten Journalist*innen stehen: diese Bilanz ist erschütternd. Journalist*innen werden besonders dann für ihre Arbeit verfolgt, wenn sie investigativ über Themen wie Wahlfälschung und Korruption, staatlich verwobene Organisierte Kriminalität und Gewalt gegen Frauen berichten. Dafür bezahlen sie und ihre Familien mit ihrer Freiheit oder sogar mit ihrem Leben. Die Hälfte der Journalist*innen wurde – vom Staat völlig ungeschützt – in ihrem Zuhause oder auf Reisen ermordet. Das macht deutlich: Es gibt in vielen Ländern keinen sicheren Ort für jene Menschen, die sich der Aufdeckung und Benennung von Kriminalität und Menschrechtsverletzungen verschrieben haben.
In Mexiko gehen etwa 99 Prozent der Täter*innen straffrei aus, weltweit sind es 86 Prozent. Das System der Straflosigkeit muss enden, weil es Angriffe gegenüber der kritischen Presse indirekt legitimiert. Es ist dringend geboten, dass verantwortliche Behörden deutliche Anstrengungen zur Aufklärung dieser Mordfälle unternehmen. Auch die Bedrohung und Einschüchterung von Journalist*innen sind keine Kavaliersdelikte, sondern müssen konsequent strafrechtlich verfolgt werden.
Neben der besonderen Sicherheitsrisiken bedrohen auch die weltweit prekären Arbeitsbedingungen, sexistische Arbeitsumfelder, und seit der Pandemie zunehmend digitale Angriffe, die Presse- und Meinungsfreiheit. Investigativjournalist*innen, die trotz der Widerstände weiter gegen strukturelle Gewaltphänomene anschreiben, von denen sie selbst als Erste betroffen sein könnten, müssen deshalb unbedingt geschützt und gefördert werden.
Aber nicht nur in Mexiko, Russland oder Myanmar ist die Pressefreiheit unter enormen Druck geraten. Seit vier Jahren sitzt Julian Assange in einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis, weil er US-Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan aufdeckte. Der Fall der 2017 ermordeten maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia, der Kreise bis in die maltesische Regierungsspitze zog, zeigt bis heute, dass auch in der Europäischen Union mehr für den Schutz von Journalist*innen, die Presse- und Meinungsfreiheit zu tun ist. Denn Pressefreiheit ist ein Gradmesser für Demokratie. Die Türkei setzt das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht um und lässt Osman Kavala nicht frei, weil Präsident Erdogan das Recht auf Meinungsfreiheit als eine Bedrohung für seine autoritäre Macht betrachtet. Die immer wiederkehrenden Wellen der Festnahmen unter dem Vorwand der „Terrorbekämpfung“ wie in der letzten Woche in der kurdischen Provinz Diyarbakir verurteilen wir.
Zum besseren Schutz von Hinweisgeber*innen und Journalist*innen hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr einen Regierungsentwurf vorgelegt, dem der Bundesrat aber nicht zustimmte. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, einen besseren Hinweisgeberschutz zu realisieren. Denn beim Hinweisgeberschutz müssen allerhöchste Standards gelten.