Nach dem Terrorangriff auf Israel mit hunderten toten Zivilisten, darunter auch Kinder, kommt es in Deutschland zu antiisraelischen Demonstrationen. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Wir stehen solidarisch an der Seite Israels. Hamas ist eine terroristische Organisation, die Israel vernichten will. Wer die Hamas-Angriffe bejubelt, verhöhnt die Opfer der feigen Anschläge auf unerträgliche Weise. Straftaten von Hamas-Anhängern werden in Bayern nicht geduldet und konsequent verfolgt.“
Der Zentrale Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Justiz, Oberstaatsanwalt Andreas Franck, der bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelt ist, verfolgt das Geschehen genau. Er wird bayernweit die Ermittlungsverfahren koordinieren und auf eine einheitliche Linie der Staatsanwaltschaften hinwirken. Eisenreich: „Bei einem Anfangsverdacht etwa von Volksverhetzung (§ 130 Strafgesetzbuch) oder Belohnung und Billigung von Straftaten (§ 140 StGB) wird die Staatsanwaltschaft konsequent einschreiten. Schon allein das öffentliche Zeigen der Hamas-Flagge als Kennzeichen einer terroristischen Organisation kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.“ Darüber hinaus drohen Tätern, die beispielsweise die Flagge Israels öffentlich beschädigen oder verbrennen und dadurch verunglimpfen, empfindliche Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren.
Der Minister: „Aus meiner Sicht muss die ‚Sympathiewerbung‘ für terroristische Vereinigungen wieder unter Strafe gestellt werden. Hierzu ist die Strafvorschrift ‚Bildung terroristischer Vereinigungen‘ in § 129a StGB zu ändern. Der Bundesjustizminister ist aufgefordert, zu handeln. Es ist nicht akzeptabel, dass terroristische Vereinigungen und deren Anhänger auf unseren Straßen und Plätzen ungestraft für ihre Ziele werben können. ‚Sympathiewerbung‘ für solche Vereinigungen muss strafbar sein.“
Bayerns Justizminister: „Es darf in Deutschland und Bayern keinen Platz für Judenhass geben. Judenhass gibt es an den Rändern, in der Mitte der Gesellschaft und unter Zuwanderern. Es ist unsere Aufgabe, diesen zu erkennen, zu benennen und zu bekämpfen. Aus dieser Überzeugung führen wir den Kampf gegen Antisemitismus und Extremismus Tag für Tag entschlossen und konsequent.“
Hintergrund:
Die bayerische Justiz geht mit einem Bündel an Maßnahmen gegen antisemitische Straftaten vor – und hat frühzeitig schlagkräftige Ermittlungsstrukturen geschaffen.
- 2018 wurden drei Antisemitismus-Beauftragte der Bayerischen Justiz bei den drei Generalstaatsanwaltschaften München, Nürnberg und Bamberg eingesetzt. Ende des Jahres 2021 wurden bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften Ansprechpartner Antisemitismus etabliert. Seit Oktober 2021 hat die bayerische Justiz daneben einen Zentralen Antisemitismusbeauftragten. Eisenreich: „Mit Oberstaatsanwalt Andreas Franck geben wir der bayerischen Justiz im Kampf gegen Judenhass ein Gesicht. Er ist hauptamtlich für Verfahren wegen antisemitischer Straftaten mit besonderer Bedeutung bayernweit zuständig.“
- Auf Initiative Bayerns hat sich die Justizministerkonferenz im Frühjahr 2022 dafür eingesetzt, die Strukturen und die Vernetzung der Länderjustiz im Kampf gegen Antisemitismus weiter zu verstärken. Zum Schutz des jüdischen Lebens in Deutschland sollen die Länder prüfen, Antisemitismus-Beauftragte bei den (General-)Staatsanwaltschaften oder vergleichbare Strukturen zu etablieren.
- Im Januar 2020 wurde Deutschlands erster Hate-Speech-Beauftragter vom bayerischen Justizminister bei der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschat München zentral für ganz Bayern bestellt. Parallel dazu wurden Sonderdezernate für die Bekämpfung von Hate Speech bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften eingerichtet.
- Damit antisemitische Motive nicht im Dunkeln bleiben, haben die drei bereits bestehenden Antisemitismus-Beauftragten der bayerischen Generalstaatsanwaltschaften einen Leitfaden für Staatsanwälte entwickelt. Mit dem auch international beachteten Leitfaden können antisemitische Motive leichter entschlüsselt werden (z.B. anhand von Nazi-Jahrestagen oder Codes).
- Bayern hat als erstes Bundesland in Deutschland die Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) angenommen.
- Von Seiten der Justiz wurde gemeinsam mit der Bayerischen Polizei eine Informationskarte für Geschädigte von Hasskriminalität, insbesondere Antisemitismus erstellt, welche bayernweit, insbesondere an jüdische Haushalte verteilt wurde. Durch diese sollen insbesondere Geschädigte von antisemitischen Straftaten zur Anzeigenerstattung ermutigt werden. Zudem sollen Hilfsangebote unterbreitet werden.
- Bayern hat sich auch rechtspolitisch in Berlin eingesetzt: Eine judenfeindliche Motivation wird im Gesetz ausdrücklich als strafschärfendes Tatmerkmal genannt. Die Bundesregierung hat den Vorschlag aus dem Freistaat im Jahr 2020 aufgegriffen (§ 46 Absatz 2 StGB).
Bis zum Jahr 2002 war die Werbung für terroristische Vereinigungen ohne Einschränkungen strafbar. Erst die rot-grüne Bundesregierung hat die bisherige Tatvariante des Werbens – gegen Widerstand aus Bayern – ausdrücklich auf das gezielte „Werben um Mitglieder und Unterstützer“ beschränkt. Anträge Bayerns im Bundesrat auf Wiedereinführung der Strafbarkeit der ‚Sympathiewerbung‘ blieben bislang erfolglos.
(c) StMJ, 13.10.2023