Falsche Polizisten, falsche Enkel und falsche Freunde: Kriminelle nehmen verstärkt das Vermögen von Senioren ins Visier. Im vergangenen Jahr hat es mehr als 21.000 Fälle von betrügerischen Telefonanrufen in Bayern gegeben. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Die Täter nutzen die Sorgen, Ängste und Gutgläubigkeit ihrer Opfer schamlos aus. Die Hintermänner operieren aus Callcentern im Ausland, oftmals der Türkei oder Osteuropa – eine perfekt durchorganisierte Betrugsmasche. Die bayerische Justiz geht mit aller Härte gegen Callcenter-Betrüger vor. Aber auch das Strafrecht muss Senioren besser vor Vermögenskriminalität schützen.“
Bayern bringt deshalb bei der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister (11./12. November) in Berlin einen Antrag zum besseren strafrechtlichen Schutz älterer Menschen vor Vermögenskriminalität ein.
„Wer sich gezielt ältere Opfer auswählt und deren Schwäche bewusst ausnutzt, muss mit härteren Strafen rechnen.“
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich
Das Strafgesetzbuch (StGB) dient mit seinen allgemeinen Regelungen zum Diebstahl und Betrug zwar auch dem Schutz älterer Menschen. Allerdings wird die altersbedingt besondere Verletzbarkeit von Senioren im geltenden Recht bislang nicht ausreichend berücksichtigt. Es fehlen strafschärfende Regeln. Minister Eisenreich: „Unter den Kriminellen hat sich eine ganze Branche entwickelt, die es verstärkt auf das Vermögen älterer Menschen abgesehen hat. Dem muss das Strafrecht entgegentreten. Wer sich gezielt ältere Menschen als Opfer auswählt und deren Schwäche bewusst ausnutzt, muss mit härteren Strafen rechnen. Für Fälle von organsiertem Callcenter-Betrug schlagen wir eine erhöhte Mindesstrafe von zwei Jahren statt wie bisher einem Jahr vor.“ Weitere strafschärfenden Regelungen könnten im Vermögensstrafrecht (§§ 243 Abs. 1 S. 2 und 263 Abs. 3 S. 2 StGB) normiert werden.
Doch nicht nur Banden- und Trickbetrüger haben es auf Geld, Gold und Schmuck von Senioren abgesehen. Manchmal ist der Täter auch ein Bekannter mit Vorsorgevollmacht, ein Familienmitglied oder ein gesetzlicher Betreuer. Die Mehrheit der Helfer leistet wertvolle Arbeit. Allerdings gibt es auch schwarze Schafe. Gerade bei Vorsorge- und Betreuungsverhältnissen ist der Zugriff auf das Vermögen besonders leicht, da die Person meist dauerhaft Hilfe benötigt und sich nicht mehr selbst versorgen kann. Eisenreich: „Wer sich hier rechtswidrig bereichert, begeht eine strafbare Untreue. Fälle der Haus- und Familienuntreue können nach geltendem Recht aber nur verfolgt werden, wenn der Geschädigte einen Strafantrag stellt. Die Strafverfolgung darf jedoch nicht daran scheitern, dass das Opfer bereits verstorben oder schlicht nicht in der Lage ist, einen Antrag zu stellen. Deshalb sollte die Staatsanwaltschaft in diesen Fällen selbstständig ermitteln können.“
Eisenreich weiter: „Die Folgen dieser Taten können für die Opfer erheblich sein. Materiell und auch gesundheitlich. Es drohen in der Folge Angstzustände und Depressionen. Viele Betroffene bringen die Taten auch aus Scham oder anhaltender Gutgläubigkeit nicht zur Anzeige. Das Strafrecht muss ältere Bürgerinnen und Bürger vor diesen besonders verwerflichen Verbrechen besser schützen.“