Bundesrat billigt 2. Nachtragshaushalt

Grünes Licht für den Nachtrag zum Budget des Bundes für das Jahr 2021: Am 11. Februar 2022 verzichtete der Bundesrat auf ein Vermittlungsverfahren zu dem Gesetz, das der Deutsche Bundestag am 27. Januar 2022 verabschiedet hatte. Es ist dadurch gebilligt und kann nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt rückwirkend zum 1. Januar 2021 in Kraft treten.
60 Milliarden Euro für Klimarücklage
Das Gesetz überträgt nicht genutzte Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro aus dem Kernhaushalt des vergangenen Haushaltsjahrs in eine Rücklage des Energie- und Klimafonds EKF, einem Sondervermögen des Bundes. Mit diesen Mitteln will die Bundesregierung in den kommenden Jahren klima- und transformationspolitische Vorhaben finanzieren und private Investitionen anreizen – und damit einen Beitrag zur Bekämpfung der Corona-Pandemie leisten.
Konkretisierung im Bundestagsverfahren
Im Laufe seiner Beratungen ergänzte der Bundestag den zugrundeliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung um verbindliche Erläuterungen zur Verwendung der an den EKF übertragenen Mittel. Sie stellen klar, dass die Mittel unter anderem für Investitionen zur besseren Energieeffizienz von Gebäuden und Förderung einer klimaneutralen Industrie zu nutzen sind; ebenso zur Stärkung der Nachfrage privater Verbraucher und des gewerblichen Mittelstands durch Abschaffung der EEG-Umlage.
Neue Stellen für Bundesregierung und Bundestag
Eine weitere Ergänzung im Bundestagsverfahren: Der Gesetzesbeschluss schafft 148 neue Stellen für Bundesministerien und Bundestag

Bundesrat will Bußgelder für Mietwucher verdoppeln

Mietwucher soll härter bestraft werden. Dies fordert der Bundesrat. Am 11. Februar 2022 beschloss er auf Initiative von fünf Ländern, einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag einzubringen.
Doppelte Bußgelder
Der Bundesrat schlägt vor, den Bußgeldrahmen für unangemessen hohe Mietforderungen auf 100.000 Euro zu verdoppeln. Das geltende Bußgeld von 50.000 Euro sei angesichts des anhaltend knappen Wohnungsmarktes nicht mehr zeitgemäß.
Nicht mehr erforderlich: das Ausnutzen der Zwangslage
Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sollen außerdem dafür sorgen, dass Mietwucher leichter anerkannt wird. Danach würde es ausreichen, dass die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um 20 Prozent übersteigt und das Angebot an günstigerem Wohnraum gering ist. Bislang müssen Mieter nachweisen, dass sie sich vergeblich um eine günstigere Wohnung bemüht haben und der Vermieter diese Zwangslage ausgenutzt hat. Dieses Ausnutzen lasse sich in der Praxis kaum nachweisen, weshalb die Vorschrift zum Mietwucher faktisch ins Leere laufe, heißt es in der Entwurfsbegründung.
Zweiter Anlauf
Schon 2019 hatte der Bundesrat einen inhaltsgleichen Entwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht – er war dort jedoch nicht abschließend beraten worden. Mit Ende der 19. Legislaturperiode unterfiel er daher der so genannten Diskontinuität. Nun soll sich der 20. Deutsche Bundestag damit befassen.
Über die Bundesregierung in den Bundestag
Zunächst kann die Bundesregierung zum Vorschlag des Bundesrates Stellung nehmen. Anschließend leitet sie beide Dokumente dem Bundestag zu. Feste Fristen für dessen Beratungen gibt es nicht.

Bundesrat begrüßt EU-Antisemitismusstrategie

Der Bundesrat unterstützt die EU-Kommission bei ihrer Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus. Eine entsprechende Stellungnahme hat die Länderkammer in ihrer Plenarsitzung am 11. Februar 2022 beschlossen.
Darin betont sie, dass die Kultur des Judentums ein integraler Bestandteil der europäischen Kultur ist, und dass das jüdische kulturelle Erbe in den Mitgliedstaaten einerseits geschützt, andererseits auch so bekannt gemacht werden muss, dass es von Europäerinnen und Europäern als lebendiger Teil europäischer Kultur und Lebensweise wahrgenommen und geschätzt wird.
Mitteilung der Kommission
Die Europäische Kommission hat am 5. Oktober 2021 eine Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens vorgeschlagen. Diese sieht aktive Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus in all seinen Formen vor. Außerdem will die Kommission sicherstellen, dass jüdisches Leben in der EU weiter gedeihen kann. Die Strategie soll auf drei Säulen basieren: Der Verhütung und Bekämpfung aller Formen von Antisemitismus, dem Schutz und der Förderung jüdischen Lebens in der EU, sowie Bildung, Forschung und das Gedenken an den Holocaust.
Umfangreiches Maßnahmenpaket
Zur Verwirklichung der Strategie will die Kommission zahlreiche Maßnahmen insbesondere zur Unterstützung und Finanzierung von Projekten, Schulungs-und-Bildungsprogrammen und zum Schutz von Gebetsstätten ergreifen.
Förderprogramme
In ihrer Stellungnahme befürworten die Länder insbesondere die von der Kommission angekündigte Einbeziehung solcher Projektvorhaben in die einschlägigen EU-Förderprogramme und den Fonds für innere Sicherheit sowie Instrumente der Kohäsionspolitik und der Auswärtigen Politik.
Strafverfolgung
Für äußerst dringlich hält der Bundesrat die explizite Bekämpfung von antisemitischer Hetze und Hasskriminalität sowie von gegen Jüdinnen und Juden gerichtetem gewaltbereiten Extremismus und Terrorismus im Rahmen des bereits bestehenden strafrechtlichen und sicherheitsrechtlichen Regelwerks der EU.
Instrumente gegen israelbezogenen Antisemitismus
Er teilt die im Strategiepapier aufgezeigte Einschätzung zur Bedeutung des israelbezogenen Antisemitismus für die Lebenswirklichkeit der in Europa lebenden Jüdinnen und Juden und hält speziell darauf ausgerichtete Instrumente für zwingend notwendig.
Erkennung antisemitischer Muster
Die Antisemitismusdefinition der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken sollte nach Auffassung des Bundesrates einheitlich den Landesbehörden der Justiz und Exekutive als Orientierungshilfe zum Erkennen von antisemitischen Mustern und den unterschiedlichen Ausprägungen von Antisemitismus dienen. Das Erkennen jeden antisemitischen Gehalts einer Handlung und deren Benennung dienen schließlich der Schaffung von Vertrauen in die Behörden und Gerichte und tragen zu einer Erhöhung der Anzeigebereitschaft antisemitisch motivierter Straftaten bei, so die Länder.
Länder in der Verantwortung
Deutlich betonen die Länder auch die eigene Verantwortung bei der Bekämpfung von Antisemitismus – insbesondere durch Maßnahmen im Bereich der Bildung.

Bundesrat fordert höhere Strafen für Verkehrsdelikte mit Todesfolge

Mit einem heute auf Initiative von Bayern und Nordrhein-Westfalen beschlossenen Gesetzentwurf fordert der Bundesrat höhere Strafen für Verkehrsdelikte mit Todesfolge: Wer die Sicherheit des Bahn-, Schiffs-, Luft- oder Straßenverkehrs gemäß Paragraf 315 Strafgesetzbuch beeinträchtigt und dadurch den Tod einer Person verursacht, soll mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft werden. Die Tat wäre damit automatisch als Verbrechen einzustufen. Die gleiche Qualifizierung soll für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß Paragraf 315b Strafgesetzbuch gelten.
Wertungswidersprüche beseitigen
Die vorgeschlagene Gesetzesänderung soll Wertungswidersprüche beseitigen, die durch frühere Änderungen des Strafgesetzbuchs entstanden sind, als man zum Beispiel die Strafbarkeit für verbotene Kraftfahrzeugrennen verschärft hat.
Außerdem weist der Bundesrat darauf hin, dass nach geltendem Recht eine fahrlässige Gesundheitsbeschädigung in bestimmten Fällen härter bestraft wird als eine fahrlässige Todesverursachung. Auch diese Ungereimtheit möchten die Länder beseitigen lassen.
Reprise einer früheren Bundesratsinitiative
Der Beschluss vom 11. Februar 2022 entspricht einem Entwurf, den der Bundesrat im Juli 2020 in den Bundestag eingebracht hatte. Dieser hat die Beratungen jedoch nicht abgeschlossen, daher unterfiel die Initiative der so genannten Diskontinuität.
Wie es weitergeht
Zunächst hat die neue Bundesregierung Gelegenheit, zu dem erneuten Vorschlag des Bundesrates Stellung zu nehmen. Danach legt sie beide Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vor. Wann dieser sich damit befasst, ist nicht festgelegt.

Bundesrat fordert Ausweiskontrollen beim Boarding

Der Bundesrat setzt sich dafür ein, dass Fluggesellschaften die Identität ihrer Passagiere beim Boarding kontrollieren und mit den Buchungsdaten der Tickets abgleichen müssen. Dies ist bisher gesetzlich nicht vorgeschrieben. Auf Initiative von Niedersachsen hat der Bundesrat am 11. Februar 2022 beschlossen, eine entsprechende Ergänzung im Luftsicherheitsgesetz beim Bundestag einzubringen.
Identität der Passagiere nicht gesichert
Der Bundesrat warnt vor Gefahren für die Luftverkehrssicherheit, wenn unklar bleibt, wer eigentlich an Bord eines Flugzeuges geht: Gibt jemand bei der Buchung eine falsche Identität an und wird vor dem Einsteigen nicht kontrolliert, bleibt die falsche Identität unerkannt. Diese Informationslücke könnten Kriminelle und Terroristen zur Verschleierung ihrer Reiserouten ausnutzen. Die Arbeit von Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität werde erschwert, heißt es in der Entwurfsbegründung.
Vorbild Frankreich
In anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Belgien oder Spanien sind Fluggesellschaften bereits verpflichtet, die Identität eines Fluggastes durch Abgleich von Ausweis und Buchungsdaten sicherzustellen.
Erneuter Versuch
Mit dem aktuellen Beschluss bekräftigt der Bundesrat eine frühere Forderung: Schon am 21. September 2018 hatte er – ebenfalls auf Initiative von Niedersachsen – einen gleichlautenden Entwurf (BR-Drs.321/18) beim Bundestag eingebracht. Dieser hat ihn vor Ablauf der 19. Legislaturperiode nicht abschließend beraten, so dass er der Diskontinuität unterfiel.
Wie es weitergeht
Der aktuelle Gesetzentwurf wird zunächst der neuen Bundesregierung zugeleitet, die dazu innerhalb von sechs Wochen Stellung nehmen kann. Anschließend legt sie beide Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vor. Feste Fristen für dessen Beratungszeit gibt es nicht.

Fristverlängerung für Umtausch alter Führerschein-Dokumente

Führerscheininhaber und -inhaberinnen der Jahrgänge 1953 bis 1958 sollen mehr Zeit zum Umtausch ihrer alten Papier-Dokumente erhalten: Nur unter dieser sowie weiteren Bedingungen stimmte der Bundesrat am 11. Februar 2022 einer Regierungsverordnung zu, die diverse Regelungen zu Erwerb, Geltung und Umschreibung von Führerscheinen enthält. Setzt die Bundesregierung die so genannten Maßgaben der Länder um, kann sie die Verordnung in Kraft setzen.
Gestaffelte Umtauschfristen
Hintergrund ist eine EU-Vorgabe, die spätestens zum Jahr 2033 den Umtausch sämtlicher Führerscheindokumente in europaweit einheitlich lesbare und fälschungssichere Kartenformate bestimmt. Dies betrifft ca. 43 Millionen Dokumente – die Fahrerlaubnis selbst ist davon unberührt. Damit nicht alle Führerscheine zum Ende der Frist gleichzeitig umzutauschen sind und lange Wartezeiten entstehen, gelten in Deutschland gestaffelte Umtauschfristen. In der ersten Stufe müssen Führerscheinbesitzer der Jahrgänge 1953 bis 1958 ihre alten Papierführerscheine, die bis zum 31. Dezember 1998 ausgestellt wurden, umtauschen. Diese Frist möchte der Bundesrat aufgrund der aktuellen Belastungen der Corona-Pandemie um ein halbes Jahr auf den 19. Juli 2022 verschieben. Betroffene sollen keine Sanktionen fürchten müssen, wenn sie ihren alten Führerschein angesichts der aktuellen Corona-Situation noch nicht rechtzeitig umtauschen konnten.
Vorgaben zum Online-Unterricht und Umschreibung ausländischer Führerscheine
Die Verordnung enthält zahlreiche Vorgaben zum Verfahren bei der Führerscheinprüfung, der Fahrlehrerausbildung, zum Online-Unterricht für die theoretische Fahrschulausbildung sowie zur Umschreibung ausländischer Führerscheine – unter anderem für die Länder Albanien, Moldau, Kosovo, das Vereinigte Königreich und Nordirland. Sie können ebenfalls nur in Kraft treten, wenn die Bundesregierung die Änderungswünsche der Länder einpflegt.
Mehr Online-Unterricht
So möchte der Bundesrat den Online-Unterricht bereits dann erlauben, wenn Präsenzunterricht zwar möglich ist, aber Einschränkungen unterliegt. Nach den Plänen der Bundesregierung im zugrundeliegenden Verordnungsentwurf ist Voraussetzung, dass Präsenzunterricht nicht durchgeführt werden kann bzw. darf.
Nächste Schritte
Die Bundesregierung entscheidet, ob und wie schnell sie die vom Bundesrat beschlossenen Maßgaben umsetzt und die geänderte Verordnung im Bundesgesetzblatt verkündet, damit sie im dritten Folgemonat in Kraft treten kann.
Appell für Digitales Lernen
In einer begleitenden Entschließung kritisiert der Bundesrat die von der Bundesregierung geplanten Regeln zum digitalen Fahrschulunterricht als unzureichend. Er spricht sich dafür aus, die guten Erfahrungen der Fahrschulen mit digitalen Formaten rasch dauerhaft rechtlich zu verankern. Er fordert den Bund auf, Rahmenbedingungen für verstärktes E-Learning in der theoretischen Fahrschulausbildung zu schaffen und hierbei die fachliche Expertise der Länder einzubeziehen.

Quelle: Bundesrat Kompakt, Ausgabe zur 1016. Sitzung am 11. Februar 2022

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