Der Deutsche Bundestag zeichnet Nicole Hövelmeyer und Felix Lücke mit dem Wissenschaftspreis 2025 aus. Die beiden Juristen, die sich den mit 10.000 Euro dotierten Preis teilen, nahmen die Urkunden am 28. Januar 2024 aus den Händen von Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas entgegen. Die Jury hatte die Arbeiten der beiden Rechtswissenschaftler aus 21 Einreichungen ausgewählt.
Mit der Doppelvergabe würdigen die Juroren zwei sich ergänzende Arbeiten, die Fragen des Parlamentsrechts jenseits geschriebener Rechtsregeln untersuchen und so für eine breitere Leserschicht ähnliche Phänomene in zwei ganz grundsätzlich unterschiedlichen Parlamentstraditionen beleuchten: dem ohnehin auf ungeschriebenen Regeln und Konventionen basierende englischen Parlamentarismus und dem vergleichsweise dicht durchnormierten Deutschen Bundestag.
Bei der Verleihung betonte Magwas, gerade in einem politisch gereizten Klima bekomme die Frage, wie im Parlament die ungeschriebenen Regeln zu bewahren, womöglich auch zu stärken sind, besondere Dringlichkeit. Beide Arbeiten erwiesen sich hier als „einen Beitrag zur Weiterentwicklung unserer parlamentarischen Demokratie.“
Nicole Hövelmeyer („Brexit als vermeintliche Rückkehr zur constitutional orthodoxy – Selbstbindung des Westminster Parliament nach dem Austritt aus der Europäischen Union“) geht von der traditionsreichen Figur der Parlamentssouveränität im britischen Parlamentarismus aus und fragt, ob sich diese Veränderungen im Parlamentsverständnis auch nach dem Brexit in der Praxis als dauerhaft erweisen werden. Argumentationstiefe und Darstellung dieser Arbeit wurden von der Jury einhellig als herausragend bewertet, zumal das deutsche Publikum dadurch wichtige aktuelle Informationen für das Funktionieren des Westminster-Parlamentarismus erlangt, die an die gegenwärtige Parlamentsdiskussion im Vereinigten Königreich anschließen.
Felix Lücke („Nicht kodifizierte Regeln im Deutschen Bundestag – Eine empirische und rechtssystematische Studie über das informale Parlament“) wiederum widmet sich den informalen, d.h. weder in Grundgesetz, Gesetzen oder der Geschäftsordnung niedergelegten Regeln und Verhaltensweisen des Deutschen Bundestages, die er erstmals empirisch vollständig ermittelt, systematisiert und juristisch einordnet. Die Jury sieht darin einen wichtigen Beitrag zur parlamentarischen Rechtsquellenlehre und betont, dass die Arbeit die Praxis des Parlamentarismus des Deutschen Bundestages für den Leser ungemein plastisch mache.
Zum Hintergrund: Der Wissenschaftspreis wurde vom Deutschen Bundestag 1989 aus Anlass seines 40-jährigen Bestehens eingeführt und wird seit 1997 alle zwei Jahre verliehen. Er würdigt hervorragende wissenschaftliche Arbeiten, die zur Beschäftigung mit Fragen des Parlamentarismus anregen und zu einem vertieften Verständnis parlamentarischer Praxis beitragen. Die unabhängige Jury, die im Auftrag der Bundestagspräsidentin die Auswahl trifft, besteht aus neun Professorinnen und Professoren des Staatsrechts, der Geschichtswissenschaft sowie der Politikwissenschaft.
Weitere Informationen zum Wissenschaftspreis finden Sie unter www.bundestag.de/wissenschaftspreis.
Deutscher Bundestag, 28.01.2025