Die Art und Weise wie Menschen in Deutschland zusammenleben und wirtschaften hat sich in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend verändert. Das zeigen die Ergebnisse des Mikrozensus zur Haushaltsgröße: Machten Einpersonenhaushalte 1950 noch knapp ein Fünftel (19 %) aller 16,7 Millionen Haushalte in der Bundesrepublik aus, so hat sich ihr Anteil in gut sieben Jahrzehnten mehr als verdoppelt. 2022 wohnte und wirtschaftete in knapp 41 % der 40,9 Millionen Haushalte nur jeweils eine Person, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Auf die Bevölkerung in den Haushalten bezogen heißt das: Lebten 1950 lediglich gut 6 % der Bundesbürgerinnen und Bürger allein, so waren es im vergangenen Jahr bereits gut 20 %.
Haushalte mit mindestens fünf Personen, die klassische Großfamilie also, waren bereits 1950 nach Vier-Personen-Haushalten die seltenste Form des Zusammenlebens. Mit einem Anteil von 16 % waren sie aber noch vergleichsweise häufig anzutreffen. 2022 betrug dagegen der Anteil der Haushalte mit fünf oder mehr Personen lediglich noch knapp 4 %. Zum Ausdruck kommt die langfristige Entwicklung hin zu kleineren Haushalten auch in der durchschnittlichen Zahl der Haushaltsmitglieder: Gehörten 1950 im Schnitt noch drei Menschen zu einem Haushalt, waren es 72 Jahre später nur noch zwei.
Weniger Drei-Generationen-Haushalte, mehr Ehepaare ohne Kinder
Im tiefgreifenden Wandel der Haushaltsgröße schlagen sich die veränderten Beziehungen der Menschen zueinander nieder, die in diesen Haushalten leben. Ab 1976 werden im Mikrozensus auch Generationen in Haushalten erfasst. Damals lebten noch in gut 3 % aller Mehrpersonen-Haushalte mindestens drei Generationen unter einem Dach. 2022 waren solche Haushalte dann endgültig die große Ausnahme: Haushalte mit drei Generationen und mehr machten einen Anteil von unter 1 % aus. Zugenommen hat dagegen der Anteil der Haushalte mit Ehepaaren ohne Kinder: von knapp 33 % aller Mehrpersonenhaushalte im Jahr 1976 auf 39 % im Jahr 2022. Hierzu zählen sowohl die verheirateten Paare, deren Kinder den Haushalt bereits verlassen haben, als auch jene, die kinderlos sind.
Gestiegen ist auch die Bedeutung der Haushalte, in denen ausschließlich Menschen zusammenleben und wirtschaften, die nicht verheiratet oder verwandt sind – unverheiratete Paare ohne Kinder beispielsweise. Traf dies 1976 lediglich auf knapp 2 % der Mehrpersonenhaushalte zu, so waren es 2022 bereits 12 %.
Aber auch bei der Struktur der Einpersonenhaushalte zeigt sich der gesellschaftliche Wandel, etwa in Bezug auf Geschlechterrollen: Waren 1976 noch die meisten Alleinlebenden verwitwet (52 % aller Einpersonenhaushalte) oder ledig (33 %) und nur eine geringe Zahl geschieden (11 %) oder verheiratet, aber in Trennung lebend (5 %), so änderte sich dies in den folgenden Jahrzehnten. Im Jahr 2022 machten die ledigen Alleinlebenden mit 51 % den größten Anteil an den Einpersonenhaushalten aus, die Verwitweten stellten immer noch die zweitgrößte Gruppe mit 25 %, vor den Geschiedenen mit 19 %.
Monatliches Nettoeinkommen der Haushalte steigt vor allem von den 1960er bis in die 1970er Jahre
Über die Jahrzehnte hat sich nicht nur die Zusammensetzung der Haushalte in Deutschland geändert, vielfach sind auch deren finanzielle Möglichkeiten gewachsen. 1962/63 betrug das monatliche Nettoeinkommen eines Haushalts der ersten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) zufolge durchschnittlich 901 DM (461 Euro). Zehn Jahre später hatte es sich bereits mehr als verdoppelt: auf durchschnittlich 2 078 DM (1 062 Euro). Im Jahr 2021 hatten private Haushalte in Deutschland im Durchschnitt ein monatliches Nettoeinkommen von 3 813 Euro zur Verfügung – gut acht Mal so viel wie knapp 60 Jahre zuvor. Es handelt sich hierbei um die nominalen, nicht inflationsbereinigten Werte.
1962 hatten 27 % der Haushalte ein Auto, heute sind es 78 %
Mit dem wachsenden Wohlstand nahm auch der Anteil der Haushalte zu, die eine Waschmaschine oder ein Auto, einen Fernseher oder ein Fahrrad ihr Eigen nennen konnten – und das obwohl angesichts schrumpfender Haushaltsgrößen jeweils immer weniger Menschen in einem Haushalt diese Güter nutzten. Hatte 1962 nur gut jeder vierte Haushalt (27 %) mindestens ein Auto, so sind es heute gut drei von vier Haushalten (78 % im Jahr 2022). Gut 3 % waren mit Elektroautos oder einem Plug-in-Hybriden ausgestattet. Waren Telefone 1962 nur in knapp 14 % aller Haushalte vorhanden und damit fast noch eine Seltenheit, so gibt es sie heute in jedem Haushalt (100 %) – 88 % der Haushalte hatten 2022 sogar mindestens ein Smartphone. Wurde 1962 der Kaffee – wenn überhaupt – noch überwiegend mit der Hand aufgebrüht und lediglich in 4 % aller Haushalte mit einer Maschine, so ist 2022 allenfalls noch die Art der maschinellen Zubereitung unterschiedlich. 82 % der Haushalte haben Kaffeemaschinen – 51 % setzen auf Filterkaffee, 29 % auf Pads oder Kapseln und 24 % auf den Kaffeevollautomaten.
Haushalte geben heute anteilig weniger für Ernährung aus als früher, mehr für Mobilität und Wohnen
Für mehr Mobilität waren die privaten Haushalte seit den 1960er Jahren zunehmend bereit, mehr Geld auszugeben. Sie schafften sich seit den 1960er Jahren bis zur Jahrtausendwende nicht nur zunehmend eigene Autos an. Auch die Ausgaben für Verkehr nahmen anteilig zu: Machten diese 1962/63 laut Einkommens- und Verbrauchsstichprobe durchschnittlich gut 7 % der privaten Konsumausgaben der Haushalte aus, so war der Anteil 2021 mit 12 % fast doppelt so hoch. Für Nahrungsmittel dagegen geben die Haushalte inzwischen anteilig deutlich weniger aus als früher: Floss 1962/63 noch gut ein Drittel (37 %) der privaten Konsumausgaben in Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren, so war es knapp 70 Jahre später nur noch rund ein Siebtel (15 %). Dafür stecken die Haushalte inzwischen deutlich mehr Geld ins Wohnen: Der Anteil an den Konsumausgaben hat sich binnen 70 Jahren mehr als verdoppelt, von knapp 16 % in den Jahren 1962/63 auf knapp 37 % im Jahr 2021.
(c) Statistisches Bundesamt, 22.06.23