Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) und die vier erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte im Land haben im Jahr 2022 den Verfahrensbestand jeweils deutlich um 20 % verringert. Die Richterinnen und Richter nutzten den im letzten Jahr zu verzeichnenden Rückgang von Neueingängen dazu, unerledigte Verfahren in großer Anzahl abzuschließen. Die Verwaltungsgerichte leisteten diese deutliche Reduzierung des Verfahrensbestandes trotz eines sehr erheblichen Personalabbaus.

Geschäftstätigkeit 2022

Der langjährige Präsident des VGH Volker Ellenberger wird Ende März 2023 in den Ruhestand treten. In seinem Rückblick betont er die große Bedeutung der Verwaltungsgerichtsbarkeit für den Rechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger. „Die Verwaltungsgerichte haben sich in den letzten 15 Jahren erneut hervorragend bewährt. Die Bewältigung der hohen Anzahl von Asylverfahren aufgrund der Flüchtlingswelle nach 2015 sowie die schnelle und effektive Überprüfung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen in der Corona-Pandemie waren gewaltige Herausforderungen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Gerade auch im internationalen Vergleich haben die deutschen und die baden-württembergischen Verwaltungsgerichte ihre Aufgabe, Rechtsschutz gegen staatliche Maßnahmen zu gewährleisten, sehr gut wahrgenommen,“ resümiert VGH-Präsident Ellenberger. „In unseren Verfahren spiegeln sich auch die gesellschaftlich wichtigen Themen der Zeit wider. Besonders Klima- und Umweltschutzfragen rücken immer mehr in den Mittelpunkt. So wurde vor den Verwaltungsgerichten um die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Luftreinhalteplänen für baden-württembergische Städte – Stichwort Dieselfahrverbote – gerungen. Windkraftanlagen, Stromleitungen und sonstige Infrastrukturvorhaben, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Großprojekt ‚Stuttgart 21‘, werden seit Jahren vor den Verwaltungsgerichten verhandelt und sind angesichts der Energiewende aktueller denn je.“

1. Geschäftsentwicklung beim VGH

Allgemeine Verwaltungsrechtssachen

Im Jahr 2022 gingen beim VGH 1.780 allgemeine Verfahren ein, was gegenüber dem Vorjahr (2.280) einen Rückgang von 21,9% darstellt. Die Zahl der Erledigungen betrug 1.885 und verringerte sich gegenüber dem Vorjahr (2.212) um 14,8%. Der Gesamtbestand der offenen Verfahren am Jahresende sank deutlich auf 905 allgemeine Verfahren (Vorjahr 1.010, Reduzierung um 10,4%). Die durchschnittliche Dauer aller erledigten allgemeinen Verfahren bewegt sich in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Bei den erstinstanzlichen Hauptsachen (Klagen, Normenkontrollanträge) incl. technischer Großvorhaben beträgt sie wie im Jahr 2021 14,3 Monate; knapp die Hälfte dieser Verfahren (47,6%) war innerhalb eines Jahres erledigt. Die durchschnittliche Verfahrensdauer der erledigten Anträge auf Zulassung der Berufung stieg von 6,7 Monaten im Vorjahr auf nun 8,0 Monate leicht an, bei den durch Urteil erledigten Berufungen konnte sie auf 17,2 Monate (Vorjahr 17,8) reduziert werden. Von diesen Verfahren waren 35,3% (Vorjahr 34,4%) innerhalb eines Jahres erledigt. Bei den Beschwerden stieg die durchschnittliche Dauer auf 3,8 Monate (Vorjahr 2,8).

Die Erfolgsquoten (Stattgabe oder Teilstattgabe) in allgemeinen Verfahren stellen sich wie folgt dar: Berufungen hatten zu 26,8% (Vorjahr 24,7%) Erfolg, erstinstanzliche Hauptsachen (Klagen, Normenkontrollanträge) incl. technischer Großvorhaben zu 19,6% (Vorjahr 16,2%), Beschwerden zu 9,8% (Vorjahr 8,1%) und Anträge auf Zulassung der Berufung zu 11,9% (Vorjahr 11,7%). Von den neu eingegangenen Berufungen waren 16,9% bereits von den Verwaltungsgerichten zugelassen worden (Vorjahr 10,8%).

Asylverfahren

Die über mehrere Jahre zu verzeichnende starke Zunahme der Asylverfahren am VGH hat sich nicht fortgesetzt. Nachdem die Eingänge von 2016 (195 Verfahren) bis 2020 (2.048 Verfahren) Jahr für Jahr angestiegen waren, sind 2021 nur 1.618 und im letzten Jahr lediglich 918 neue Asylverfahren eingegangen (Rückgang gegenüber dem Vorjahr: 43,3%). Da 1.122 Verfahren (Vorjahr 1.913) erledigt wurden, sank die Zahl unerledigter Verfahren am Jahresende deutlich auf 332 (Vorjahr 536, Reduzierung um 38,1%).

Die durchschnittliche Dauer der durch Urteil erledigten Berufungsverfahren in Asylsachen stieg mit 21,1 Monaten gegenüber 2021 (17,6 Monate) an. Mehr als ein Drittel der Berufungen (36%) wurde binnen eines Jahres erledigt (Vorjahr 30,9%). Auch bei den Anträgen auf Zulassung der Berufung in Asylsachen stieg die Verfahrensdauer leicht auf 5,0 Monate an (Vorjahr 4,2 Monate).

Die Erfolgsquoten (Stattgabe oder Teilstattgabe) in Asylverfahren betrugen bei den Anträgen auf Zulassung der Berufung 3,8% (Vorjahr 3,9%) und bei den Berufungen 28,3% (Vorjahr 31,6%).

Durchschnittliche Richterzahl

Die Durchschnittszahl der im Geschäftsjahr 2022 beim VGH beschäftigten Richterinnen und Richter lag – in Arbeitskraftanteilen – mit 39,58 etwa auf dem Niveau des Vorjahres (38,35). Gleichwohl konnte der Bestand der offenen Verfahren am Jahresende um 19,9% auf 1.237 reduziert werden (Vorjahr 1.546).

2. Geschäftsentwicklung bei den Verwaltungsgerichten

Allgemeine Verwaltungsrechtssachen

Bei den vier Verwaltungsgerichten im Land nahm der Eingang allgemeiner Verfahren mit insgesamt 8.428 um 10,1% ab (Vorjahr 9.372). Die Zahl der Erledigungen ging mit 9.069 um 9,2% gegenüber dem Vorjahr (10.020) zurück. Der Gesamtbestand der offenen Verfahren am Jahresende sank gegenüber dem Vorjahr deutlich um 9,3% auf 6.507 (Vorjahr 7.175).

An den Verwaltungsgerichten hat sich die Verfahrensdauer in allgemeinen Verfahren kaum verändert. Die durchschnittliche Dauer der erledigten allgemeinen Verfahren ist bei den Hauptsachen leicht auf 12,3 Monate (Vorjahr 12) gestiegen, in Eilverfahren ist sie auf 2,4 Monate (Vorjahr 2,6 Monate) gesunken. 56% der Hauptsachen wurden binnen 12 Monaten erledigt.

Asylverfahren

Die Eingänge in Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten sind mit 9.747 gegenüber dem Vorjahr (2021: 9.282) etwas angestiegen (+5%). Die Zahl der Erledigungen in Asylverfahren sank auf 12.464 (Vorjahr 17.849; -29,2%). Der Gesamtbestand an offenen Asylverfahren am Jahresende konnte mit 7.144 deutlich reduziert werden (Vorjahr 10.043; -28,9%), da wesentlich mehr Verfahren erledigt wurden als neu eingingen. Die durchschnittliche Dauer der Asylverfahren konnte erheblich verringert werden, in Hauptsacheverfahren auf 17,4 Monate (Vorjahr 23,8 Monate), in Eilverfahren auf 2,2 Monate (Vorjahr 2,8 Monate).

Zahl der Richterinnen und Richter

Die Durchschnittszahl der im Geschäftsjahr 2022 bei den vier Verwaltungsgerichten des Landes beschäftigten Richterinnen und Richter nahm auf 169,83 (in Arbeitskraftanteilen) deutlich ab (Vorjahr 221,45; 2020: 242,53). Gleichwohl konnte der Bestand an offenen Verfahren zum Jahresende um 20,7% auf 13.651 reduziert werden (Vorjahr 17.218).

3. Verfahren von öffentlichem Interesse, in denen voraussichtlich im Jahr 2023 eine Entscheidung des VGH ansteht

1. Senat

Rechtmäßigkeit der Bauträgertätigkeit einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft

Drei private Bauunternehmen wenden sich mit ihrer Klage gegen die Errichtung und den Verkauf von Eigentumswohnungen durch die von der beklagten Stadt Ludwigsburg beherrschte städtische Wohnungsbaugesellschaft. Sie machen geltend, diese Tätigkeit verstoße gegen § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO. Nach dieser Vorschrift darf eine Gemeinde ein wirtschaftliches Unternehmen nur errichten, übernehmen, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen, wenn bei einem Tätigwerden außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Anbieter erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies die Klage mit Urteil vom 8. Juli 2020 ab. Die Errichtung von zum Verkauf bestimmten Eigentumswohnungen in den Geschäftsjahren 2015 und 2019 durch die von der Stadt Ludwigsburg beherrschte städtische Wohnungsbaugesellschaft habe nicht gegen § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO verstoßen (siehe Pressemitteilungen des VG Stuttgart vom 1. Juli 2020, vom 13. Juli 2020 und 17. August 2020).

Die Klägerinnen verfolgen mit ihren vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufungen ihr Begehren weiter und machen unter anderem geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Bauträgertätigkeit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft der kommunalen Daseinsvorsorge diene.

In dem Verfahren (1 S 2793/20) ist Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf Donnerstag, den 23. März 2023, 10.00 Uhr.

2. Senat

Rechtmäßigkeit der Abfallwirtschaftssatzungen des Landkreises Ludwigsburg der Jahre 2021 und 2022

Die Antragsteller wenden sich gegen den Ansatz von Rückstellungen für die Kosten der Stilllegung und der Nachsorge der Deponien „Am Lemberg“ und „Burghof“ in Höhe von insgesamt jeweils 3,5 Mio. EUR jährlich in den Kalkulationen der Abfallgebühren für die Jahre 2021 und 2022. Hinter den Antragstellern steht der Initiativkreis Müllgebühren Ludwigsburg (IMLB), dessen Ziel es ist, die Interessen der Abfallgebührenschuldner im Landkreis Ludwigsburg zu vertreten.

Die Antragsteller machen mit ihrem Normenkontrollantrag geltend, der Ansatz der Rückstellungen für die Kosten der Stilllegung und der Nachsorge der Deponien in den Gebührenkalkulationen verletze das Kostenüberschreitungsverbot, da es für die Berücksichtigung dieser Kosten keine Rechtsgrundlage gebe. Insbesondere die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Nr. 4 b KAG seien nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sollen bei der Bemessung von Abfallgebühren auch die Zuführung zu Rücklagen oder Rückstellungen für die vorhersehbaren späteren Kosten der Stilllegung und der Nachsorge berücksichtigt werden. Diese Vorschrift sei bei sachgerechter Auslegung nur anwendbar, wenn die Rückstellungen während der Betriebsdauer der Deponie erfolgten. Das sei hier nicht der Fall gewesen, da die Deponien „Am Lemberg“ und „Burghof“ bereits 1989 bzw. 2005 stillgelegt worden seien. 

Selbst wenn eine Rückstellung für spätere Kosten der Stilllegung und der Nachsorge nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 b KAG auch bei bereits stillgelegten Deponien in Betracht käme, so seien im vorliegenden Fall jedenfalls die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage nicht erfüllt. Insbesondere sei auch in den vom Antragsgegner eingeholten Fachgutachten nicht ausreichend dargelegt worden, dass es sich bei den Beträgen, die den Rückstellungen zugeführt worden seien, um bisher nicht vorhersehbare spätere Kosten der Stilllegung und der Nachsorge handele, was aber Voraussetzung für den Ansatz in den Gebührenkalkulationen sei. Vor allem das Erfordernis einer wasserdichten Oberflächenabdeckung im gesamten Bereich der Deponie „Am Lemberg“ sei bereits bei Stilllegung der Deponie bekannt gewesen.

Eine Terminierung der Sache ist in der ersten Jahreshälfte 2023 beabsichtigt (2 S 1/22).

3. Senat

Hochwasserückhaltebecken Bellenkopf/Rappenwörth

Die Stadt Rheinstetten und eine Bürgerinitiative wenden sich gegen den wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts Karlsruhe vom 23. Oktober 2020 über den Retentionsraum Bellenkopf/Rappenwörth. Der geplante Retentionsraum ist Teil des sog. Integrierten Rheinprogramms. Er erstreckt sich entlang des Rheins von Rheinstetten-Neuburgweier im Süden bis zum Rheinhafendampfkraftwerk Karlsruhe im Norden. Das Gelände weist heute wasser- sowie land- und forstwirtschaftliche Flächen auf und wird unterschiedlich genutzt. Auf einer Fläche von 510 ha soll ein Rückhaltevolumen von ca. 14 Mio. m³ geschaffen werden. Der Planfeststellungsbeschluss sieht umfangreiche Dammbauten sowie -erneuerungen sowie gesteuerte ökologische Flutungen des Retentionsraums vor. Die Kläger wenden sich gegen das Gesamtkonzept unter anderem mit dem Argument, anstelle der geplanten Dammbauten und -erneuerungen wäre eine Spundwandlösung mit weniger ökologischen Eingriffen verbunden gewesen.

Für das sehr komplexe Klageverfahren steht ein Termin zur Verhandlung noch nicht fest (3 S 821/21 und 3 S 846/21).

5. Senat

Enzweihingen: Neubau der B 10 – nördliche Umfahrung

In vier Klageverfahren ist der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau einer nördlichen Umfahrung des Stadtteils Enzweihingen der Stadt Vaihingen/Enz im Zuge der B10 vom 20. Mai 2021 streitig. Die zweibahnige Neubaustrecke soll mit einem Fahrstreifen je Fahrtrichtung mit einer 170 Meter langen Brücke über die Enz und einer weiteren 180 Meter langen Brücke über den Strudelbach geführt werden und der verkehrlichen Entlastung des Ortskerns von Enzweihingen dienen. Vorhabenträgerin ist die Bundestraßenbauverwaltung, die durch das Regierungspräsidium Stuttgart vertreten wird.

Angefochten wird der Planfeststellungsbeschluss unter anderem von einer anerkannten Umweltvereinigung. Diese macht insbesondere geltend, dass das Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Zugriffsverbote und das Verbot des Eingriffs in ein geschütztes Natura 2000-Gebiet verstoße. Insbesondere stünde nach Ansicht der Umweltvereinigung mit einem Tunnelbauwerk unter der bisherigen B10 im Ortszentrum von Enzweihingen eine naturschutzfachlich vorzugswürdige und dem Vorhabenträger zumutbare Alternative zur Verfügung. Daneben wenden sich auch die Eigentümer von gewerblich genutzten Grundstücken, die für das Vorhaben in Anspruch genommen werden sollen, sowie ein Gewerbebetrieb gegen den Planfeststellungsbeschluss. Sie wenden insbesondere ein, dass die betrieblichen Interessen bei der vorzunehmenden Abwägung nicht hinreichend berücksichtigt worden seien und dass durch das Vorhaben die Existenz der Gewerbebetriebe gefährdet werde.

Zwei Eilverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss hatten im August 2022 Erfolg (siehe Pressemitteilung vom 26. August 2022). Es ist beabsichtigt, in den Hauptsacheverfahren im 2. Quartal 2023 zu verhandeln (5 S 2371/21, 5 S 2516/21, 5 S 2547/21 und 5 S 2578/21).

6. Senat

Untersagung einer Putenhaltung im Landkreis Schwäbisch Hall

Der Kläger ist ein nach dem Gesetz über Mitwirkungsrechte und das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen (TierSchMVG) anerkannter Tierschutzverein. Er begehrt die Verpflichtung des beklagten Landes, dem beigeladenen Geflügelhof auf der Grundlage des Tierschutzgesetzes seine Putenhaltung zu untersagen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies die Klage als unzulässig zurück. Der VGH hat nach Zulassung der Berufung mit – rechtskräftig gewordenem – Zwischenurteil vom 3. November 2021 die Zulässigkeit der Klage bejaht (siehe Pressemitteilung vom 23. November 2021).

Das vom VGH beauftragte Sachverständigengutachten zu den aktuellen Haltungsbedingungen in der Putenhaltung der Beigeladenen wird voraussichtlich Ende März 2023 vorliegen. Im Anschluss daran wird der 6. Senat einen Termin zur mündlichen Verhandlung über das Ergebnis der Beweisaufnahme und die Begründetheit der Klage bestimmen (6 S 3018/19).

Planfeststellung der Stromleitung Rheinau – Östringen

Die Stadt Heidelberg wendet sich gegen den auf Antrag der Netze BW GmbH erlassenen Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29. Juni 2022 zum „Mast- und Seiltausch mit Erhöhung der Übertragungskapazität auf der 110-kV Freileitung Rheinau-Östringen, Abschnitt 1 – Rheinau-Leimen“.

Die im Verfahren beigeladene Netzte BW GmbH plant einen altersbedingten Mast- und Seiltausch mit Erhöhung der Übertragungskapazität der teilweise seit 1936 bestehenden 110-kV-Freileitung Rheinau – Östringen. Diese erstreckt sich insgesamt über eine Länge von ca. 35 km in mehreren Abschnitten durch Mannheim, den Rhein-Neckar-Kreis und Heidelberg sowie den Landkreis Karlsruhe. Gegenstand der hier planfestgestellten Maßnahme ist der erste Abschnitt zwischen den Umspannwerken Rheinau und Leimen von ca. 14,5 km Länge mit insgesamt 61 Masten. Anlässlich der Sanierung der Bestandstrasse soll eine Optimierung der Trassenführung durch Versetzung einiger betroffener Maste zur Entlastung bestehender Siedlungsbereiche sowie sensibler ökologischer Bereiche erfolgen. Zudem ist eine Verstärkung der Leitungskapazität durch Seiltausch vorgesehen.

Die Stadt Heidelberg wendet sich unter anderem gegen den Mast- und Seiltausch zwischen den Masten 2273 und 304A. Sie macht geltend, das Vorhaben beeinträchtige ihre städtebaulichen Planungsabsichten im Bereich des sogenannten Patrick-Henry-Village (PHV), wo ein neuer Stadtteil entstehen solle. Dem Planfeststellungsbeschluss fehle die notwendige Planrechtfertigung. Der Planungshoheit der Stadt sei kein ausreichendes Gewicht beigemessen worden. Ihre Planungsabsichten seien bereits hinreichend verfestigt. Die Alternative der Erdverkabelung im genannten Bereich sei nicht ausreichend erwogen worden, zumal sie für den in Rede stehenden Bereich eine Kostenübernahme in Aussicht gestellt habe. Auch die naheliegende Alternative einer Zusammenführung mit der örtlich nahe gelegenen 380-kV-Höchstspannungsleitung sei nicht geprüft worden. Zudem sei die Vorprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) fehlerhaft erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss verletze ihr Recht auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe tritt der Klage für das beklagte Land entgegen. Dem planfestgestellten Vorhaben fehle es nicht an der erforderlichen Planrechtfertigung und auch die Abwägung sei nicht fehlerhaft erfolgt. Insbesondere bestehe kein Anspruch auf Erdverkabelung oder eine andere Trassenführung. Auch die Vorprüfung nach dem UVPG sei nicht zu beanstanden.

Es ist beabsichtigt, in diesem Jahr einen Verhandlungstermin zu bestimmen (6 S 1667/22).

Rechtmäßigkeit des Rettungsdienstplans des Landes Baden-Württemberg

Die insgesamt 16 Antragsteller, darunter fünf Notärzte und ein Rettungsassistent, wenden sich im Wege der Normenkontrolle (6 S 2249/22) und mit einem Eilantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO (6 S 2250/22) gegen den Rettungsdienstplan des Landes Baden-Württemberg vom 31. August 2022 sowie gegen zwei Beschlüsse des Landesausschusses für den Rettungsdienst und einen Erlass des Innenministeriums.

Die Antragsteller machen geltend, als potenzielle Notfallpatienten in ihren Grundrechten, insbesondere ihrem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, betroffen zu sein. Die Notärzte unter den Antragstellern seien darüber hinaus in ihrer Berufsfreiheit betroffen. Da jeder der Antragsteller jederzeit zu einem Notfallpatienten werden könne, bestehe jederzeit die Gefahr, von den Regelungen des Rettungsdienstplans und des Beschlusses des Landesausschusses zur Vorabdelegation heilkundlicher Maßnahmen an Notfallsanitäter betroffen zu werden.

Der Rettungsdienstplan treffe – so die Antragsteller – teilweise Regelungen, die von den gesetzlichen Vorgaben im Rettungsdienstgesetz abwichen. Insbesondere genügten die Regelungen zur Hilfsfrist in § 6 des Rettungsdienstplans in mehrfacher Hinsicht nicht den gesetzlichen Vorgaben in § 3 Abs. 2 Satz 5 und 6 des Rettungsdienstgesetzes. Den Antragstellern werde damit ihr gesetzlicher Anspruch auf eine Planung des Rettungsdienstes unter Einhaltung einer Hilfsfrist von „möglichst 10 Minuten“ vorenthalten, da diese Frist durch den Rettungsdienstplan, der eine Frist von möglichst 12 Minuten vorsehe, faktisch abgeschafft worden sei. Die gesetzlich normierte notärztliche Hilfsfrist sei durch den Rettungsdienstplan vollständig aufgehoben worden. Gesetzlich vorgesehene Begutachtungen der Leistungsfähigkeit des Rettungsdienstes auf Bereichsebene und etwa erforderliche Vorhalteerweiterungen würden für den Zeitraum der Einholung eines landesweiten Strukturgutachtens, für welches es keine Rechtsgrundlage gebe, suspendiert. Entgegen dem Gesetz sei nach § 37 Abs. 1 des Rettungsdienstplans nur bei solchen Einsätzen der Notfallrettung das den Notfallort am schnellsten erreichende, geeignete Rettungsmittel zu disponieren, bei denen Sonderrechte nach der StVO (Blaulicht, Einsatzhorn) in Anspruch genommen würden.

Die Antragsgegner sind den Anträgen entgegengetreten. Sie machen im Wesentlichen geltend, mangels Außenwirkung seien weder der Rettungsdienstplan noch die Beschlüsse des Landesausschusses für den Rettungsdienst tauglicher Gegenstand der Normenkontrolle. Die Betroffenheit als potentielle Notfallpatienten vermittle den Antragstellern nicht die erforderliche Antragsbefugnis. Sie seien keine Normadressaten und ihre Belange seien nicht in einer von den Interessen der Allgemeinheit abgehobenen Weise in den Schutzbereich der angegriffenen Normen einbezogen. Eine Betroffenheit der als Notärzte tätigen Antragsteller sei ebenfalls nicht dargetan. Jedenfalls seien die Anträge unbegründet. Die Hilfsfrist werde im Rettungsdienstplan gesetzeskonform konkretisiert. Eine notärztliche Hilfsfrist sei im Rettungsdienstgesetz nicht normiert. Es sei nicht ersichtlich, dass der Sicherstellungsauftrag durch die einmalige landesweite Begutachtung der bodengebundenen Notfallrettung beeinträchtigt werde oder wegen Verstoßes gegen das Rettungsdienstgesetz rechtswidrig sei. Das Rettungsdienstgesetz räume zwar den Bereichsausschüssen die Befugnis ein, für den jeweiligen Rettungsdienstbereich Gutachten einholen zu können. Landesweite Gutachten mit dem Ziel einer landesweiten Verbesserung des Rettungsdienstes seien jedoch dadurch nicht ausgeschlossen.

Der 6. Senat wird nicht vorab über den Eilantrag entscheiden, sondern hat zeitnah die mündliche Verhandlung über die Hauptsache (6 S 2249/22) auf Freitag, den 5. Mai 2023, 10.00 Uhr terminiert.

8. Senat

Sanierungssatzung „Heidelberg-Wieblingen“

In zwei Normenkontrollverfahren wenden sich Grundstückseigentümer im Sanierungsgebiet gegen die Sanierungssatzung „Heidelberg-Wieblingen“ der Stadt Heidelberg vom 23. Juli 2020.

Ziel der Sanierungssatzung nach § 142 BauGB ist die Beseitigung der nach Ansicht der Stadt Heidelberg bestehenden städtebaulichen Missstände im Sanierungsgebiet. Diese sieht die Stadt insbesondere darin, dass viele Gebäude nicht den gegenwärtigen energetischen und baulichen Standards entsprechen, an einzelnen Gebäuden ortsbilduntypische Maßnahmen durchgeführt wurden und die Belichtung, Besonnung und Belüftung von Wohnungen und Arbeitsstätten unzureichend ist. Das Sanierungsgebiet umfasst im Wesentlichen den historischen Ortskern Wieblingens. Umgesetzt werden die Maßnahmen beispielsweise im Zusammenhang mit neu zu erteilenden Baugenehmigungen.

In den Verfahren wird zu klären sein, ob die Stadt überhaupt von städtebaulichen Missständen i.S.v. § 136 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 BauGB ausgehen durfte und die Maßnahmen überhaupt geeignet und erforderlich sind, die Sanierungsziele zu erreichen.

In den Verfahren (8 S 2564/21 und 8 S 2582/21) ist ein gemeinsamer Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf Donnerstag, den 20. April 2023, 10.30 Uhr.

Bau der 2. Gauchachtalbrücke

Der Kläger – ein anerkannter Umweltverband – wendet sich gegen die den bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss vom 10. Juli 1991 ergänzende Plangenehmigung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 11. Februar 2022 für den Bau der – bislang nicht erstellten – 2. Gauchachtalbrücke im Rahmen der Fertigstellung der Ortsumfahrung der B 31.

Wesentlicher Anlass für die Planergänzung war die bei der Bauausführung erforderlich werdende vorübergehende Flächeninanspruchnahme und deren Auswirkungen, die bislang nicht in den Blick genommen worden waren.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass die durchgeführte Vorprüfung nicht den gesetzlichen Vorgaben des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (§ 5 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 7 UVPG) entsprochen habe. Darüber hinaus komme es zu erheblichen Beeinträchtigungen von Natura 2000-Gebieten (§ 34 Abs. 1 BNatSchG) und gesetzlichen Biotopen (§ 30 BNatSchG) sowie zu Verstößen gegen artenschutzrechtliche Verbote (§ 44 Abs. 1 BNatSchG). Betroffen seien insbesondere das Große Mausohr, der Biber, die Schlingnatter und die Zaun­eidechse.

Im Rahmen der planerischen Abwägung hätte schließlich Berücksichtigung finden müssen, dass der bisherige Ausbauzustand der B 31 im Bereich des Brückenbauwerks völlig ausreiche und das Vorhaben nicht mehr mit den aktuellen Zielen einer Reduzierung des Kraftfahrzeugverkehrs und der damit verbundenen Emissionen vereinbar sei.  

Der Senat beabsichtigt die Durchführung der mündlichen Verhandlung im 4. Quartal (8 S 1738/22); vorab wird noch eine Entscheidung im zugehörigen Eilverfahren ergehen (8 S 117/23).

10. Senat

Zugang zu Informationen über Tierversuche an den Universitäten Tübingen und Ulm

Die Tierschutzorganisation PETA begehrt vom Land Baden-Württemberg nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) den Zugang zu Informationen darüber, ob und in welchem Umfang bei den beigeladenen Universitäten Tübingen und Ulm im Zeitraum zwischen 1. Januar 2014 und 1. Oktober 2019 hinsichtlich der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich Humanmedizin Tierversuche stattgefunden haben. Die Verpflichtungsklage gegen den auf den Ausschlussgrund des § 2 Abs. 3 Nr. 2 LIFG (Schutz von Forschung und Lehre) gestützten Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen mit Urteil vom 17. November 2021 – 8 K 5171/19 – abgewiesen. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Informationszugang gemäß § 1 Abs. 2 LIFG seien zwar grundsätzlich erfüllt. Das LIFG sei vorliegend aber schon nicht anwendbar, da es gegenüber den beigeladenen Hochschulen nicht gelte und die in § 2 Abs. 3 Nr. 2 LIFG geregelte Bereichsausnahme nach ihrem Sinn und Zweck auch gegenüber dem Regierungspräsidium Anwendung finde. Dieser Gesetzesauslegung tritt PETA mit der vom Verwaltungsgericht wegen Grundsatzbedeutung zugelassenen Berufung entgegen.

Ein Termin zur mündlichen Verhandlung steht noch nicht fest (10 S 125/22).

Zugang zu amtlichen Informationen vor dem Hintergrund des Selbstbestimmungsrechts einer Religionsgemeinschaft

Der Kläger war Erster Vorsitzender einer Gemeinde der israelitischen Religionsgemeinschaft in Baden K.d.ö.R. und wurde nach Untreuevorwürfen abberufen. In deren Folge fanden umfangreiche Wirtschaftsprüfungen statt, die unter anderem die ordnungsgemäße Verwendung finanzieller Zuwendungen des Landes untersuchten. Auf seinen Antrag hat das Kultusministerium dem Kläger nur eingeschränkt Zugang zu den bei ihm in dieser Angelegenheit vorliegenden Informationen gewährt.

Die auf vollständigen Informationszugang gerichtete Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe weitgehend abgewiesen und nur die vom Kultusministerium festgesetzte Verwaltungsgebühr beanstandet (Urteil vom 24. November 2021 – 6 K 192/19 -). Einem weitergehenden Informationsanspruch nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) stünden Persönlichkeitsrechte Dritter sowie das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht der beigeladenen Religionsgemeinschaft bzw. der betreffenden Gemeinde nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung (WRV) entgegen. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, wie die nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV verfassungsrechtlich geschützten Rechte von Religionsgesellschaften im Rahmen eines Informationszugangsanspruchs nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz zu berücksichtigen sind, insbesondere, ob individuelle Interessen und Motive desjenigen, der Informationszugang begehrt, das öffentliche Interesse, das durch das Landesinformationsfreiheitsgesetz geschützt und gefördert wird, verstärken können.

Ein Termin zur mündlichen Verhandlung der vom Kläger eingelegten Berufung steht noch nicht fest (10 S 916/22).

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Tierkrematoriums Korb

Die Kläger, Eigentümer von Grundstücken in der Umgebung des Vorhabengrundstücks, wenden sich gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Beseitigung von Tierkörpern und zum Sammeln und Lagern von Tierkörpern vor der Verbrennung. Ihre Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart Erfolg (Urteil vom 11. Oktober 2022 – 11 K 4182/21 -, siehe hierzu Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 12. Oktober 2022). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die erteilte Genehmigung nicht bestimmt genug, da ihr keine Angaben zu den maximalen Abgasvolumenströmen der Verbrennungskammern zu entnehmen sei. Diese Unbestimmtheit wirke sich auf drittschützende Rechte der Kläger aus. Durch die Unklarheit der tatsächlichen Kapazität der Nachbrennkammer sei nicht sichergestellt, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden könnten. Abgesehen von der fehlenden Bestimmtheit des Bescheids sieht das Verwaltungsgericht aber keine Verletzung drittschützender Rechte. Hiergegen richten sich die Berufungen des Landes und der Betreibergesellschaft.

Ein Termin zur mündlichen Verhandlung steht noch nicht fest (10 S 2526/22).

Das Verwaltungsgericht hat den Klägern außerdem einstweiligen Rechtsschutz gewährt (Beschluss vom 16. Dezember 2020 – 11 K 2639/20 -). In diesem Zusammenhang ist beim 10. Senat ein Abänderungsantrag anhängig, mit dem die Betreibergesellschaft das Ziel verfolgt, von der ihr erteilten Genehmigung vorläufig wieder Gebrauch machen zu können (10 S 2610/22).   

13. Senat

Straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung für sog. „Blaulicht“-Journalisten

Der Kläger begehrt die Erteilung einer straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung. Er betreibt Mediendienste im Rhein-Neckar-Raum und berichtet über Verkehrsunfälle auf den Bundesautobahnen A 5 und A 6. Im Juni 2020 beantragte er die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, um ihm zur Berichterstattung über Unfälle das Halten, Parken und Betreten, das Befahren von Standstreifen sowie die Nutzung von Betriebsausfahrten auf den Autobahnen zu ermöglichen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe lehnte diesen Antrag unter Hinweis auf den Vorrang der Verkehrssicherheit ab. Seitenstreifen und Betriebsausfahrten seien nicht für den Verkehr vorgesehen, ihre Benutzung sei mit erhöhten Gefahren verbunden und könne in Stausituationen Nachahmer animieren. Zudem sei die Polizei mit der Sicherung der Unfallstelle beschäftigt und könne nicht auch die Einhaltung von Ausnahmegenehmigungen überwachen.

Die dagegen vom Kläger erhobene Klage, die nach der Reform der Autobahnverwaltung gegen das Land Baden-Württemberg und gegen die Autobahngesellschaft des Bundes gerichtet ist, wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 9. Dezember 2021 ab. Die grundgesetzlich garantierte Presse- und Rundfunkfreiheit sei hier nicht betroffen, da sich der Kläger nicht gegen medienspezifische Beschränkungen wehre. Er wolle vielmehr einen bevorzugten Zugang zu der Informationsquelle „Unfallereignis auf Bundesautobahnen“. Ein solcher Zugang werde auch nicht durch das Grundrecht auf Informationsfreiheit geschützt. Es sei ebenfalls nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber eine vereinfachte Anfahrt für Medien nicht vorgesehen habe, da die Presse- und Rundfunkfreiheit hier mit der Verkehrssicherheit kollidiere und ihr die hochrangigen Rechtsgüter Leib und Leben der anderen Verkehrsteilnehmer gegenüberstünden (vgl. Pressemitteilung des VG Karlsruhe vom 01.04.2022). Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen und vom Kläger eingelegten Berufung verfolgt dieser sein Klagebegehren vor allem unter Hinweis auf die von ihm geltend gemachten Grundrechte weiter.

Ein Termin zur mündlichen Verhandlung (13 S 1059/22) ist im zweiten Halbjahr 2023 vorgesehen.

14. Senat

Windenergie: Normenkontrolle gegen die Konzentrationsflächenplanung des Gemeindeverwaltungsverbands Hohenloher Ebene

Drei Windkraftunternehmen und eine Grundstückeigentümerin wenden sich gegen die Konzentrationsflächenplanung des Gemeindeverwaltungsverbands Hohenloher Ebene, die die Errichtung der von den Antragstellerinnen geplanten Windparks weitgehend ausschließt. Die Antragstellerinnen rügen verschiedene Mängel der 2011 begonnenen und nach einem ergänzenden Verfahren im Mai 2022 abgeschlossenen Flächennutzungsplanung. Sie machen unter anderem geltend, dass der angefochtene Flächennutzungsplan, der in dem knapp 13.370 ha großen Verbandsgebiet eine rund 89 ha große Fläche als Konzentrationszone für Windkraft ausweist, der Windenergie keinen substanziellen Raum verschaffe.

Termin für die mündliche Verhandlung (14 S 1297/19) ist bestimmt auf Donnerstag, den 11. Mai 2023, 10.00 Uhr.

Windenergie: Normenkontrolle gegen die Konzentrationsflächenplanung der Verwaltungsgemeinschaft Stadt Neuenbürg/Gemeinde Engelsbrand

Ein Windkraftunternehmen wendet sich gegen die Konzentrationsflächenplanung der Stadt Neuenbürg als ausführende Gemeinde der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft Stadt Neuenbürg/Gemeinde Engelsbrand, die die Errichtung der von ihm geplanten Windenergieanlage ausschließt. Es werden verschiedene Mängel der Flächennutzungsplanung gerügt. Insbesondere seien verschiedene Vorgaben an die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts für die Konzentration von Windenergieanlagen unbeachtet geblieben. Etwa stünden der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen innerhalb der Konzentrationszonen dort gelegene Straßen und Biotope entgegen; auch naturschutzrechtliche Grenzen seien nicht hinreichend geprüft worden.

Termin für die mündliche Verhandlung (14 S 396/22) ist bestimmt auf Mittwoch, den 10. Mai 2023, 10.00 Uhr.

Windenergie: Errichtung einer Windenergieanlage im weiteren Umfeld des Militärflugplatzes Laupheim

Eine Windenergieanlagenbetreiberin klagt gegen das Land (Landratsamt Alb-Donau-Kreis) auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids. Die geplante Windenergieanlage mit einer Gesamthöhe von 229,50 m soll im Ortsteil Ringingen der Stadt Erbach in einer Entfernung von etwa 18 km vom Militärflugplatz Laupheim errichtet werden. Im Streit steht die Vereinbarkeit der geplanten Windkraftanlage mit den von der Bundeswehr festgesetzten Mindestflughöhen für den Instrumentenflug im Umfeld des Flugplatzes. Seitens der am Verfahren beteiligten Bundeswehr wird geltend gemacht, dass die geplante Windenergieanlage nur zulässig wäre, wenn die Mindestflughöhe um etwa 100 Meter erhöht würde. Eine solche Erhöhung komme jedoch wegen der Anforderungen des militärischen Übungs- und Einsatzflugbetriebs nicht in Betracht. Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Mindestflughöhen ihr gegenüber mangels hinreichender Rechtsgrundlage und fehlender ausreichender Genehmigung des Flugplatzes nicht verbindlich seien, jedenfalls aber an die geänderten Verhältnisse angepasst werden könnten und auch müssten.

Termin für die mündliche Verhandlung (14 S 1705/22) ist bestimmt auf Mittwoch, den 24. Mai 2023, 14.00 Uhr.

Windenergie: Klage gegen Genehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage auf der „Holzschlägermatte“ bei Freiburg

Ein als Umweltvereinigung anerkannter Verein wendet sich gegen die von der beklagten Stadt Freiburg erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung einer Windenergieanlage auf der „Holzschlägermatte“ als Ersatz für die dort seit mehreren Jahrzehnten befindlichen und im Zuge der Neuerrichtung zu beseitigenden und im Vergleich mit der geplanten Anlage kleineren Bestandsanlagen. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die geplante Windenergieanlage gefährde die Schutzziele des in der Nähe des Standortes befindlichen EU-Vogelschutzgebietes, sodass es einer sog. FFH-Verträglichkeitsprüfung nach dem Bundesnaturschutzgesetz bedurft hätte, die jedoch rechtswidrig unterblieben sei. Auch würden im Hinblick auf verschiedene besonders geschützte Fledermaus- und Vogelarten die Tötungsrisiken wegen drohender Kollisionen mit den Rotorblättern der Windenergieanlage signifikant erhöht und deshalb artenschutzrechtliche Zugriffsverbote verletzt. Die in der Genehmigung vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen seien nicht ausreichend.

Ein Termin zur mündlichen Verhandlung (14 S 2140/22) ist für das dritte Quartal 2023 vorgesehen.

Corona-Überbrückungshilfe für Freizeitbad GmbH in städtischer Hand

In zwei Berufungsverfahren streiten die Beteiligten um die Bewilligung von Billigkeitsleistungen des Bundes in Form einer außerordentlichen Wirtschaftshilfe für November und Dezember 2020 (sog. November- bzw. Dezemberhilfe bzw. Corona-Überbrückungshilfe). Die Klägerin, eine GmbH, die unter anderem ein Freizeitbad betreibt und sich überwiegend in städtischer Hand befindet, hatte entsprechende Leistungen beantragt. Diese wurden mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin habe sich bereits im Dezember 2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Sinne von Art. 2 Abs. 18 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) befunden und diesen Status danach nicht wieder überwunden. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat den Klagen stattgegeben und die beklagte Landeskreditbank Baden-Württemberg verpflichtet, die beantragten Wirtschaftshilfen zu bewilligen. Der Ausschluss der Klägerin von der Förderung sei rechtswidrig, weil die Vergaberichtlinien der Beklagten zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung zwischen Bädern führten, die als kommunaler Eigenbetrieb betrieben würden und nach den Förderrichtlinien von vornherein keine von der Förderung ausgeschlossene „Unternehmen in Schwierigkeiten“ darstellen können sollen, und solchen, die in der Form einer GmbH betrieben würden und als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ von der Förderung ausgeschlossen werden könnten. Die Beklagte hat gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts jeweils Berufung eingelegt.

Es ist vorgesehen, diese Berufungen im dritten Quartal 2023 mündlich zu verhandeln (14 S 2699/22 und 14 S 2700/22).

Quelle: VGH Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 2. März 2023

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