Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit einem heute den Beteiligten bekannt gegebenen Beschluss vom 19. Dezember 2023 einen Antrag auf Außervollzugsetzung der Parkanlagensatzung der Stadt Freiburg vom 16. Mai 2023 abgelehnt.
Die Parkanlagensatzung regelt die Benutzung der öffentlichen Parkanlagen Stadtgarten, Colombipark, Seepark, Dietzenbachpark, Grünanlage Moosweiher und Park am Sandfang (Sandfangweg). § 7 Abs. 2 der Parkanlagensatzung bestimmt: „Der Betrieb von jeglichen Tonwiedergabegeräten (insbesondere Bluetooth- und Handyboxen sowie Musikboxen) und Musikinstrumenten in der Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr ist in den öffentlichen Park-, Spiel- und Sportanlagen verboten.“ Gegen diese Vorschrift haben sich drei in Freiburg wohnende Antragsteller – zwei Studierende und ein Referendar – mit einem Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO gewandt. Mit diesem Normenkontroll-Eilantrag haben sie die vorläufige Außervollzugsetzung von § 7 Abs. 2 der Parkanlagensatzung beantragt und geltend gemacht, die angegriffene Vorschrift sei rechtswidrig; ihre Außervollzugsetzung sei daher im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten.
Der 1. Senat des VGH hat den Antrag abgelehnt. Zur Begründung führt er u.a. aus: Ohne Erfolg beriefen sich die Antragsteller auf eine Verletzung von § 41a Abs. 1 GemO über die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei gemeindlichen Planungen und Vorhaben. Die Antragsteller seien weder Kinder noch Jugendliche im Sinne dieser Vorschrift. Die Frage eines etwaigen Verstoßes gegen § 41a Abs. 1 GemO bedürfe daher keiner Entscheidung. Die von § 41a Abs. 1 GemO geschützten Interessen von Kindern und Jugendlichen seien keine Belange, die in der Abwägung nach § 47 Abs. 6 VwGO auf Seiten der Interessen der Antragsteller einzustellen wären.
Die von der Parkanlagensatzung erfassten Parkanlagen der Stadt Freiburg seien öffentliche Einrichtungen im Sinne von § 10 Abs. 2 GemO. Auch Gegenstände der Gemeinde, die jedermann ohne besondere Zulassung zur Nutzung offen stünden, könnten öffentliche Einrichtungen im Sinne von § 10 Abs. 2 GemO sein. Die Stadt Freiburg habe die Parkanlagensatzung daher entgegen der Ansicht der Antragsteller auf § 4 i.V.m. § 10 Abs. 2 GemO stützen dürfen.
Die Stadt Freiburg habe von ihrem Satzungsermessen nicht fehlerhaft Gebrauch gemacht. Die Regelung in § 7 Abs. 2 der Satzung sei nicht durch speziellere Regelungen des Polizeirechts ausgeschlossen gewesen. Durch eine Polizeiverordnung nach § 17 PolG könne eine Gemeinde als Ortspolizeibehörde die Nutzung einer öffentlichen Einrichtung zu bestimmten Zeiten verbieten, wenn die Gefahr bestehe, dass eine Nutzung zu diesen Zeiten Rechtsgüter, z.B. die Gesundheit von Anwohnern verletze. Unabhängig hiervon könne eine Gemeinde den zulässigen Nutzungsumfang durch eine Benutzungssatzung regeln. Es sei entgegen dem Vorbringen der Antragsteller nicht zu erkennen, dass die Stadt Freiburg von ihrer Befugnis, durch Satzung für eine öffentliche Einrichtung umfassend die Zulässigkeit der Nutzung zu regeln, hier rechtsmissbräuchlich Gebrauch gemacht habe, um Voraussetzungen des Polizeirechts zu umgehen. Die angegriffene Regelung in § 7 Abs. 2 der Satzung stehe mit dem Zweck der Ermächtigung in § 4 Abs. 1 Satz 1 GemO in Einklang. Die Bestimmung von Nutzungszeiten entspreche der Regelungsbefugnis der Gemeinden, durch Satzung die Nutzungsmodalitäten einer öffentlichen Einrichtung festzulegen. § 7 Abs. 2 der Satzung sei Teil einer Gesamtregelung, die zahlreiche Modalitäten der Nutzung der Parkanlagen normiere und damit den Nutzungszweck umfassend bestimme.
Das Verbot des nächtlichen Spielens und Abspielens von Musik in § 7 Abs. 2 der Satzung verletze nicht den Gemeingebrauch an den Rad- und Fußwegen, die durch den Dietenbachpark und den Seepark führten. Diese Wege seien zwar öffentliche Straßen im Sinne von § 2 Abs. 1 StrG. Auch sei die Befugnis der Gemeinde, den Nutzungszweck einer öffentlichen Einrichtung nach ihrem eigenen Ermessen zu bestimmen, bei öffentlichen Straßen und Wegen beschränkt. Denn für diese sei spezialgesetzlich im Straßengesetz Baden-Württemberg festgelegt, welcher Personenkreis unter welchen Voraussetzungen öffentliche Straßen und Wege benutzen dürfe. Der Gemeingebrauch an den Rad- und Fußwegen durch den Dietenbachpark und den Seepark werde durch § 7 Abs. 2 der Satzung jedoch nicht verletzt. Die Benutzung dieser Wege zu verkehrlichen Zwecken werde nicht beeinträchtigt.
§ 7 Abs. 2 der Satzung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Für Freizeiteinrichtungen stehe der Gemeinde ein weitgehender Gestaltungsspielraum zu. Je weniger die Nutzer auf die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung angewiesen seien, umso größer sei der Gestaltungsspielraum der Gemeinde. Wenn die Festlegung des Nutzungszwecks für solche Freizeiteinrichtungen bei Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes bestimmte Nutzungen von vornherein nicht ermögliche, liege daher in dieser Festlegung des Nutzungszwecks per se kein unzulässiger Eingriff in Grundrechte. Unbeschadet dessen führe die angefochtene Vorschrift allenfalls zu ganz geringfügigen Eingriffen in die von den Antragstellern geltend gemachten Rechte der Informationsfreiheit und der Kunstfreiheit nach Art. 5 GG. Solche Eingriffe seien durch die mit der Vorschrift verfolgten Zwecke, die unterschiedlichen Nutzungsinteressen verschiedener Nutzergruppen und die berechtigten Interessen von Anwohnern am Schutz der Nachtruhe in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, gerechtfertigt.
Der Beschluss des VGH ist unanfechtbar (Az. 1 S 1365/23).
(c) VGH Mannheim, 20.12.2023