Der Kläger, Mitglied der Stadtverordnetenversammlung Wiesbaden und der Fraktion BLW/ULW/BIG, wendet sich gegen die Wahl von Frau Hinninger zur Beigeordneten im Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden. Die Wahl fand am 29.09.2022 im Bürgerhaus Erbenheim statt. Als Stadtverordnete verließ Frau Hinninger vor dem Hintergrund eines möglichen Interessenskonflikts den dortigen Sitzungssaal (§ 25 Abs. 4 HGO) und hielt sich zunächst in einem Nebenraum, dem dortigen Garderobenraum, auf.

Der Kläger führte aus, dass Frau Hinninger im Anschluss daran über längere Zeit im unmittelbaren Vorraum, einem Windfang, anwesend gewesen sei und über die geöffneten Saaltüren die Debatte verfolgt habe. Sie habe damit Einfluss auf die Wahl genommen bzw. nehmen können. Zudem sei die Debatte auch im Nebenraum aufgrund der dünnen Türen akustisch zu verfolgen gewesen.

Frau Hinninger trug vor, dass sie nur zügig durch den Windfang geschritten sei, da sie sich aus der Garderobe ausgesperrt und den Weg zurück gesucht habe. Sie habe kurz mit einem Stadtverordneten gesprochen und diesen gebeten, ihren Bruder mit in den Sitzungssaal zu nehmen. Eine Wahrnehmung des Diskussionsstandes sei ihr nicht möglich gewesen. Sie habe weder aktiv die Debatte verfolgt, noch sie durch Blickkontakt zu beeinflussen versucht.

Mittlerweile wurde Frau Hinninger zur Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Wiesbaden gewählt.

Mit Urteil vom 15.07.2024 stellte die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden die Unwirksamkeit der Wahl fest und gab damit dem klägerischen Antrag statt. Der Urteilverkündung war eine ausführliche Beweisaufnahme durch die Vernehmung mehrerer Zeugen vorausgegangen. Diese hatte in den Räumlichkeiten des Bürgerhauses Erbenheim stattgefunden, sodass sich die Kammer einen Eindruck von den örtlichen Gegebenheiten verschaffen konnte.

Im Rahmen der mündlichen Urteilsbegründung führte der Kammervorsitzende aus, die Beweisaufnahme habe ergeben, dass sich Frau Hinninger während der Debatte mindestens zwei Mal im Windfang aufgehalten habe, während die Türen zum Sitzungssaal geöffnet gewesen seien. Dadurch sei ein wechselseitiger Sichtkontakt zwischen Frau Hinninger und den Stadtverordneten möglich gewesen. Der längere Aufenthalt von Frau Hinninger im Windfang sei daher wertungsmäßig einem Aufenthalt im Sitzungssaal gleichzustellen. Dabei komme es weder auf dessen genaue Dauer an, noch darauf, ob es tatsächlich zu einer Beeinflussung der Wahl gekommen ist.

Das Urteil (7 K 56/23.WI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beklagte kann einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den der Hessische Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden hätte.

(c) VG Wiesbaden, 16.07.2024

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