Die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat mit Beschluss vom 16. April 2025 die vorläufige Dienstenthebung eines Polizeibeamten des 1. Polizeireviers Frankfurt am Main ausgesetzt. Dieser war an mehreren WhatsApp-Chats beteiligt, u.a. an einer Chatgruppe mit dem Namen „Itiotentreff“, die im Verdacht steht, dem Austausch von rassistischen, menschenverachtenden und gewaltverherrlichenden Inhalten gedient zu haben.

Gegen den Beamten war Ende 2018 durch das Polizeipräsidium Frankfurt am Main ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden, nachdem die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main strafrechtliche Ermittlungen aufgenommen hatte. Im Zuge des Disziplinarverfahrens war der Beamte ab Mai 2022, zuletzt mit Verfügung vom 8. November 2023, suspendiert worden. Die Maßnahme war darauf gestützt worden, dass das Disziplinarverfahren mutmaßlich zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen werde. Dem Beamten wurde dabei vorgeworfen, über 150 Bild- und Videodateien mit ausländerfeindlichem, rassistischem, antisemitischem und gegenüber Behinderten und Andersgläubigen abfälligem Inhalt versendet, kommentiert und gespeichert zu haben.

Gegen die Verfügung vom 8. November 2023 richtete sich der Antrag des Polizeibeamten, dem die Disziplinarkammer nun stattgegeben hat. Einen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Kernpflicht, für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzustehen, bejahte die Disziplinarkammer nur in Bezug auf 13 Bild- und Videodateien, die der Beamte versendet hat. Diese Dateien erweckten den Anschein, der Beamte sympathisiere mit dem Nationalsozialismus bzw. wolle diesen zumindest massiv verharmlosen und weise eine rassistische Gesinnung auf.

Teilen der übrigen Vorwürfe stehe die Meinungsfreiheit entgegen, die in einem demokratischen Rechtsstaat grundsätzlich auch offensichtlich anstößige, abstoßende und bewusst provozierende Äußerungen schütze.

Soweit dem Beamten darüber hinaus der Besitz von über 100 Dateien, die auf seinen Rechnern gefunden worden waren, vorgeworfen werde, begründe allein der bloße Besitz im vorliegenden Fall kein vorwerfbares Fehlverhalten. Es sei nicht erkennbar, dass diese von dem Beamten gezielt und bewusst vorrätig gehalten worden seien.

Insgesamt lasse sich eine verfassungsfeindliche Gesinnung des Beamten auf dieser Grundlage zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen. Die Polizeibehörde habe hierfür den Kontext der fragwürdigen Chatinhalte im Gesamtchatverlauf, das sonstige Kommunikationsverhalten des Beamten und eventuelle Auswirkungen auf seine Dienstausübung nicht ausreichend ermittelt.

Insofern komme zwar eine Disziplinarmaßnahme in Betracht, die für die Suspendierung erforderliche Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sei jedoch nicht hinreichend wahrscheinlich.

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Der Antragsgegner kann binnen zwei Wochen Beschwerde einlegen, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden hätte.

Über die gegen den Beamten anhängige Disziplinarklage auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis hat die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden gesondert zu entscheiden.

Aktenzeichen: 28 L 149/24.WI.D

VG Wiesbaden, 28.04.2025

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