Treibstoffpipeline Lichtenborn-Stalbach: Kostenbescheide für Sanierungsmaßnahmen rechtmäßig
Die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier hat insgesamt drei Klagen gegen Kostenbescheide des Eifelkreises Bitburg-Prüm abgewiesen.
Im Gebiet des beklagten Eifelkreises befindet sich nördlich der Ortsgemeinde Lichtenborn eine ehemalige militärische Anlage in Form eines Tanklagers, das in den Jahren 1954/1955 von den französischen Streitkräften errichtet worden ist. Die räumlich voneinander getrennten Teilbereiche des Tanklagers sind durch eine Pipeline verbunden, welche über ein im Eigentum der Ortsgemeinde Lichtenborn stehendes Grundstück verläuft. Das Grundstück ist zugunsten der Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzverwaltung) mit einer Dienstbarkeit für das Verlegen, den Betrieb und die Unterhaltung einer Ölfernleitung ausgestattet. 1992 wurde das gesamte Tanklager von den französischen Streitkräften aufgegeben und an die Bundesrepublik Deutschland übergeben. 2018 erfolgten im streitigen Bereich im Rahmen der geplanten Errichtung eines Windparks Erdarbeiten zum Verlegen von Stromkabeln, die von einem Subunternehmer der mit den Erdarbeiten beauftragten Baufirma durchgeführt wurden. Im Verlaufe der Arbeiten kam es durch den hierfür eingesetzten Kabelpflug ca. 300 m nördlich von Lichtenborn-Stalbach zu einer Beschädigung der Pipeline, in deren Folge eine unbekannte Menge eines Treibstoff-Wasser-Gemisches austrat. Das ausgetretene Gemisch lief über eine landwirtschaftliche Fläche und den angrenzenden Wirtschaftsweg in einen Graben sowie einen Bachlauf, der eine nahegelegene Teichanlage speist. Noch am Unfalltag leitete der beklagte Eifelkreis mehrere Sofortmaßnahmen ein (u.a. Ölsperre für die Teichanlage, Anlegung eines Dammes am Kelsbach, Abpumpen von 1000 l des Treibstoffgemisches, Abtrag von Erdreich) und beauftragte einen Entsorgungsbetrieb. Die Kosten der vorgenommenen Arbeiten beliefen sich auf 583.313,73 €, die der Eifelkreis der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, dem Bauunternehmer sowie dem Subunternehmer als Verursacher bzw. Mitverursacher der schädlichen Bodenveränderung jeweils mittels Bescheid auferlegte. Nach erfolglos gebliebenen Widerspruchsverfahren haben die Vorgenannten jeweils Klage erhoben, mit denen sie im Wesentlichen eine Verantwortlichkeit von sich wiesen und im Übrigen geltend machten, die unmittelbare Ausführung der Maßnahme durch den Beklagten sei ebenso wie die Störerauswahl nicht rechtens.
Dieser Sichtweise schlossen die Richter der 9. Kammer sich indes nicht an. Vielmehr seien die Kläger in rechtlich nicht zu beanstandender Weise als Verantwortliche bzw. Mitverantwortliche gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen worden. Der die Bodenarbeiten ausführende Subunternehmer sei Verursacher der schädlichen Bodenveränderung. Das Bauunternehmen müsse sich das Verhalten des Subunternehmers bzw. dessen Mitarbeiter rechtlich gesehen zurechnen lassen und sei deshalb ebenfalls mitverantwortlich. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sei ebenfalls Mitverursacherin der schädlichen Bodenveränderung, da sie die ihr obliegende Pflicht – die Stilllegung der Pipeline – nicht erfüllt habe. Zwar lasse eine Vielzahl von Dokumenten darauf schließen, dass eine ordnungsgemäße Stilllegung im Anschluss an die Übereignung der Fernleitung und des Tanklagers an die Bundesrepublik Deutschland beabsichtigt gewesen sei. Allerdings sei der vom Beklagten im Jahre 1995 geforderte Sachverständigenbericht, durch den bescheinigt werden sollte, dass die Prüfung, ob die Anlagen einschließlich aller Anlagenteile entleert und gereinigt sind und ob Anhaltspunkte für Boden- und Gewässerverunreinigungen vorliegen, nicht vorhanden. Da die beteiligten Behörden den Vorgang um die Stilllegung ausführlich dokumentiert haben, spreche der Umstand, dass bei keiner der beteiligten Behörden ein Prüfbericht mehr auffindbar ist, dafür, dass es einen solchen – mangels durchgeführter Stilllegung – auch nicht gebe. Die Klägerin selbst sei offensichtlich der Auffassung, dass eine entsprechende Stilllegung der ehemaligen Anlage bislang nicht durchgeführt wurde. Anders sei es nicht erklärlich, dass der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) eine gutachterliche Stellungnahme des TÜV Rheinland über die weitere Vorgehensweise zur ordnungsgemäßen Stilllegung des Tanklagers in Auftrag gegeben habe. Es sei insofern fernliegend, dass vor dem streitgegenständlichen Vorfall die Fernleitung stillgelegt worden seien solle, das übrige Tanklager aber nicht. Gegen eine ordnungsgemäße Stilllegung spreche auch, dass in der vorgelegten TÜV-Bescheinigung aus dem Jahr 2022 gefährliche Mängel festgestellt worden seien. Danach seien die Rohrleitungen auf dem Grundstück, auf dem sich das eigentliche Tanklager befindet, ordnungsgemäß gereinigt; außerhalb dieser Grundstücksgrenzen – also auf dem Gebiet der streitgegenständlichen Fernleitung – seien in den Rohrleitungen jedoch immer noch Reste der gefährlichen Stoffe festgestellt worden.
Da zum Zeitpunkt der vom Beklagten durchgeführten Sofortmaßnahmen die Gefahr einer jederzeitigen Verschlechterung der Situation, insbesondere eine akute Gefährdung für die Oberflächengewässer und die nahen Fischteiche sowie eine Gefährdung auf dem Wirkungspfad Boden–Grundwasser, bestanden habe, sei der Beklagte zudem auch zum unmittelbaren Einschreiten berechtigt gewesen, ohne zuvor die Verantwortlichen selbst zur Gefahrenabwehr angehalten zu haben. Schließlich seien Ermessensfehler bei der Störerauswahl nicht erkennbar.
Gegen die Entscheidung können die Beteiligten innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.
(c) VG Trier, 24.01.2024