Das Jahr 2023 ist für das Verwaltungsgericht Potsdam im Vergleich zum Vorjahr durch einen erheblichen Anstieg der Neueingänge, hohe Erledigungsleistungen, einen starken Abbau der Gesamtbestände und durch eine deutlich verbesserte Altersstruktur der noch offenen, aus den Vorjahren stammenden Streitsachen geprägt. Im Einzelnen:
Eingänge: Im Jahr 2023 sind insgesamt 4.464 Verfahren* (davon Asyl: 1.587) neu eingegangen. Im Vorjahr waren 3.953 Verfahren (davon Asyl: 1.478) eingegangen. Damit ist ein Anstieg der Neueingänge um knapp 13 % zu verzeichnen.
Erledigungen: Erledigt werden konnten 2023 insgesamt 5.317 Verfahren, davon 2.607 Asylsachen. Das liegt über dem schon hohen Niveau der Vorjahre (2022: 5.050, 2021: 5.107, 2020: 5.049 Erledigungen). Die Zahl der Erledigungen lag insgesamt deutlich über der Zahl der Neueingänge. Insbesondere gilt dies für die Asylsachen: Hier konnten im Vergleich zu den Neueingängen über 1.000 Verfahren mehr erledigt werden.
Personalausstattung: Der Personalbestand betrug Ende 2023 50,00 Richterarbeitskräfte bei 48,60 Arbeitskraftanteilen (Ende 2022: 51,00 bei 49,40 Arbeitskraftanteilen). Das Gericht ist damit ausgehend von einem moderaten weiteren Anstieg der Eingänge gut dafür gerüstet, im Jahr 2024 noch weitergehende Fortschritte bei dem Abbau der teils stark überalterten Anhänge aus den Vorjahren erzielen zu können.
Bestände und Altverfahren: Aufgrund der hohen Erledigungsleistungen konnte der Bestand an unerledigten Streitsachen im Jahr 2023 von 7.225 Verfahren zum Jahresbeginn auf 6.386 Verfahren zum Jahresende reduziert werden. Besonders deutlich ist Bestandsabbau der Asylverfahren: Ende 2022 waren noch 3.045 unerledigte Asylsachen anhängig, Ende 2023 sind es noch 2.036 Asylsachen. Der positive Trend beim Abbau der Verfahrensbestände hält damit an und hat sich bei den Asylsachen mit einem Bestandsabbau um rund 33 % deutlich verstärkt.
Positiv ist besonders, dass die Richterinnen und Richter des Verwaltungsgerichts Potsdam im Jahr 2023 2.340 Verfahren erledigen konnten, die bis Ende 2021 eingegangen waren. Damit hat sich die
Altersstruktur der Bestände weiter verbessert. Im Ergebnis waren von den Ende 2023 anhängigen 6.386 Verfahren
– 2.575 Verfahren (40,3 %) älter als zwei Jahre und davon allerdings
– 1.471 Verfahren (23,0 %) älter als drei Jahre.
Ende 2022 waren noch 3.323 Verfahren älter als zwei Jahre und 1.981 Verfahren älter als drei Jahre; die Trendwende zu einer Verbesserung der Altersstruktur hat sich damit weiter verstärkt fortführen lassen. Besonders auch bei den überjährigen Anhängen, also den Verfahren mit einer Anhangsdauer von mindestens 12 Monaten, konnte wiederum eine sehr positive Entwicklung erreicht werden: Ende 2023 waren 3.872 der unerledigten Verfahren länger als 12 Monate anhängig, Ende 2022 lag diese Zahl noch bei 4.915 Verfahren.
Verfahrenslaufzeiten bei Klageverfahren: Die 2023 erledigten Klageverfahren (einschließlich Asyl) weisen im Durchschnitt eine Laufzeit von 29,3 Monaten auf (bei streitiger Entscheidung wie insbesondere durch Urteil: 39,3 Monate, bei unstreitiger Entscheidung wie etwa durch Vergleich, Klagerücknahme oder Hauptsachenerledigung: 21,4 Monate). In 2022 lag die durchschnittliche Laufzeit noch bei 33,6 Monaten. Die Dauer der im Jahr 2023 erledigten Asylklageverfahren liegt bei 34,9 Monaten (2022 insoweit: 40,6 Monate). Die nach wie vor hohen Verfahrenslaufzeiten beruhen darauf, dass auch in 2023 sehr viele deutlich überalterten Verfahren erledigt wurden. Für die Berechnung der Verfahrenslaufzeiten wird nämlich nur die Dauer derjenigen Verfahren berücksichtigt, die in dem jeweiligen Kalenderjahr statistisch erledigt worden sind.
Verfahrenslaufzeiten bei Eilverfahren: Eilverfahren sind 2023 im Durchschnitt nach 1,9 Monaten erledigt worden; dies stellt gegenüber dem Vorjahr (2,6 Monate) eine deutliche weitere Verkürzung dar.
Der Präsident des Verwaltungsgerichts, Dr. Jan Bodanowitz, zieht dieses Fazit:
„Im Jahr 2023 konnte die schon in den Vorjahren erreichte Trendwende weiter verstärkt und eine deutliche Verbesserung der Altersstruktur des Verfahrensbestandes erzielt werden. Dieser Prozess muss so lange weiter fortgeführt werden, bis die noch immer bestehende Schieflage beseitigt ist und dem Anspruch auf ein zügiges Verfahren vor Gericht (Artikel 52 Absatz 4 der Landesverfassung) flächendeckend Rechnung getragen wird. Dies ist nach wie vor keine leicht zu bewältigende Aufgabe. Deutlich über 20 % der 2023 unerledigt gebliebenen Verfahren, nämlich 1.471 Sachen, sind schon bis Ende 2020 eingegangen. Das Gericht ist aber personell gut dafür gerüstet, die verfassungskritisch überalterten Verfahrensbestände noch nachhaltiger in den Griff zu bekommen.
Insbesondere die für 2023 zu verzeichnenden langen Laufzeiten bei den Asylklageverfahren sind noch unbefriedigend, selbst wenn auch hier nun bereits eine Verkürzung um knapp 6 Monate und damit eine gewisse Trendwende gelungen ist. Die Asylklageverfahren von überlanger Dauer betreffen übrigens im Schwerpunkt Herkunftsländer, in welche die Betroffenen auch bei einem für sie erfolglosen Ausgang der Klageverfahren nicht abgeschoben werden (können), wie etwa Afghanistan, Iran und Syrien.
Entscheidend für die Entwicklung in 2024 wird nicht zuletzt sein, ob der weitergehende Abbau der Altverfahrensbestände durch eine noch stärker ansteigende Eingangslast erschwert wird. Dies lässt sich schwer einschätzen. Im Asylbereich spielt eine wesentliche Rolle, wie viele Asylanträge durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt zum Abschluss gebracht werden.“
(c) VG Potsdam, 05.01.2024