Mit Urteil vom heutigen Tag hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück einer Disziplinarklage der Polizeidirektion Osnabrück teilweise stattgegeben. Die Polizeidirektion hatte beantragt, einen Polizeihauptkommissar wegen des Versands sowie des Empfangs von Dateien rassistischen, ausländerfeindlichen oder die Zeit des Nationalsozialismus verharmlosenden Inhalts aus dem Dienst zu entfernen.

Der Polizeihauptkommissar (BesGr. A 11) wurde 1972 geboren und ist seit 1992 Beamter im Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen. Er war bis zu einem Verbot der Führung derDienstgeschäfte bei der Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim im zentralen Kriminaldienst tätig. 

Im Jahr 2020 leitete die Polizeidirektion Osnabrück gegen mehrere Beamten – u.a. gegen den Beklagten -Disziplinarverfahren wegen der Beteiligung an rechten Chats ein. Am 6. Juli 2023 hat die Behörde Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, erhoben. Sie wirft dem Beklagten im Wesentlichen vor, in der Zeit von 2015 bis 2020 durch das Versenden von 41 und den Empfang von 191 disziplinarrechtlich zu beanstandenden elektronischen Bild-, Video-, Audio- sowie Textdateien in grober Weise gegen die Pflicht zum Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und zum Eintreten für deren Einhaltung sowie gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen zu haben.

Die Klage war nun teilweise erfolgreich. Die Kammer hat ein Dienstvergehen des Beklagten festgestellt, die beantragte Disziplinarmaßnahme – Entfernung aus dem Dienst – aber für unverhältnismäßig gehalten. Sie hat den Beamten in das Amt eines Polizeioberkommissars (BesGr. A 10) zurückgestuft. 

Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der Beklagte durch den Versand von 32 Dateien rassistischen, ausländerfeindlichen oder die Zeit des Nationalsozialismus verharmlosenden Inhalts sowie den Empfang von 11 Dateien entsprechenden Inhalts ohne angemessene Reaktion darauf gegen seine Pflicht zur Verfassungstreue gem. § 33 Abs. 1 S. 3 BeamtStG schuldhaft verstoßen hat. Die vermeintliche„Unterhaltungskomponente“ ändere nichts an den objektiven Erklärungsinhalten der Dateien. Der Beamte habe sich nicht eindeutig von Bestrebungen distanziert, die den Staat und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Im Rahmen einer Gesamtabwägung müsse allerdings beachtet werden, dass auch ein Beamter ein Recht auf ein Privatleben habe. Insofern habe die Kammer nicht bei jeder von der Polizeidirektion beanstandeten Datei eine Positionierungspflicht des Beamten angenommen. 

Bei der Maßnahmenbemessung sei das Kriterium der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen. Die Kammer ist nicht zu der Überzeugung gekommen, dass das Dienstvergehen auf einer eigenen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnende Gesinnung beruhe. Eine verfassungswidrige Grundhaltung des Beklagten sei nach seiner Einlassung sowie den Aussagen der in der mündlichen Verhandlung gehörten Zeuginnen und Zeugen nicht erkennbar. Es sei allerdings zu berücksichtigen, dass der Austausch von Dateien benannten Inhalts über einen langen Zeitraum stattgefunden habe. Für den Beklagten habe gesprochen, dass sein Dienstvergehen keinerlei Auswirkungen auf seine Dienstausübung gehabt habe. Die Kammer gehe davon aus, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung durch den Beklagten nicht endgültig zerstört sei. 

Das nun entschiedene Verfahren ist das letzte von insgesamt drei Disziplinarklageverfahren, welche dasVerwaltungsgericht Osnabrück bisher im Zusammenhang mit rechten Chats innerhalb der Polizei entscheiden musste. Die Urteile in den beiden anderen Verfahren (Az.: 9 A 1/23 und 9 A 5/23) sind noch nicht rechtskräftig und derzeit beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht anhängig. 

Das heute verkündete Urteil (Az.: 9 A 3/23) ist ebenfalls noch nicht rechtskräftig und kann innerhalb von einem Monat nach Zustellung mit der Berufung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht angefochten werden.

VG Osnabrück, 31.01.2025

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