Mit Urteil vom 21. August 2024 hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück der Klage einer Gewerkschaft gegen eine Bewilligung zur Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen stattgegeben. Diese hatte das beklagte Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück erteilt.

Die Bewilligung wurde der in diesem Verfahren beigeladenen Gesellschaft erteilt, deren Hauptgeschäftsfeld der Online-Handel mit Merchandising-Artikeln darstellt. Der Beklagte hatte der Beigeladenen in früheren Jahren für die Zeiträume von Anfang bzw. Ende November bis EndeDezember eine Bewilligung zur Sonn- und Feiertagsarbeit erteilt. Zuletzt war der Beigeladenen auf Grundlage von § 13 Abs. 5 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) eine Bewilligung für den Zeitraum vom 3. April 2022 bis zum 13. November 2024 erteilt worden. Diese Bewilligung wurde durch Urteil der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 11. Oktober 2023 aufgehoben (vgl. dazu die Presseinformation Nr. 16/2023). Auf den daraufhin gestellten erneuten Antrag derBeigeladenen erteilte der Beklagte ihr mit Bescheid vom 8. November 2023 die nunmehr auf § 13 Abs. 3 Nr. 2 lit. a) ArbZG beruhende Bewilligung, an vier Sonntagen im November und Dezember 2023 jeweils 300 Arbeitnehmer im Drei-Schicht-Betrieb im Unternehmensbereich Logistik (Einlagern, Kommissionieren, Verpacken und Versandbereitstellung von gelieferten Handelswaren) zu beschäftigen. Der Beigeladenen sollte so ermöglicht werden, die im Vergleichzum sonstigen Geschäftsjahr besonders große Anzahl an Bestellungen in der Vorweihnachtszeit schneller abzuarbeiten und eine pünktliche Lieferung zum Weihnachtsfest möglichst lange zu garantieren. Nach der genannten Norm kann die Aufsichtsbehörde im Handelsgewerbe an bis zu zehn Sonn- und Feiertagen im Jahr, an denen besondere Verhältnisse einen erweiterten Geschäftsverkehr erforderlich machen, bewilligen, Arbeitnehmer zu beschäftigen.  

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Sonntagsarbeitnicht vorgelegen hätten – insbesondere hätten auch unter Berücksichtigung des sog. „Black Fridays“ keine Verhältnisse vorgelegen, die eine Beschäftigung an Sonntagen erforderten. Das Geschäft um den „Black Friday“ und das Vorweihnachtsgeschäft seien im Handel jährlich wiederkehrende Abläufe, die zum normalen Geschäftsverlauf gehörten und lange im Voraus planbar seien. 

Der Beklagte hat vorgetragen, dass sowohl der „Black Friday“ als auch das Vorweihnachtsgeschäft als besondere Verhältnisse anzusehen seien, auf die die Beigeladene keinen Einfluss habe. Die Teilnahme an dem „Black Friday“ durch das Werben mit Rabattaktionen sei im Geschäftsverkehr üblich und werde von den Kunden erwartet. Bei dem vorweihnachtlichen Geschäft handele es sich um saisonalen Spitzenbedarf. Ende November und Anfang Dezember stellten einen Höhepunkt des Umsatzjahres der Beigeladenen dar. Alle Möglichkeiten, um den exponentiellen Anstieg an Auftragseingängen abzuarbeiten und von einer Sonn- und Feiertagsarbeit absehen zu können, seien ausgeschöpft gewesen.

Auch die Beigeladene hält die Klage für unbegründet, da mit den durch den „Black Friday“ und das Vorweihnachtsgeschäft ausgelösten saisonalen Spitzenbedarfen eine Sondersituation vorgelegen habe und das gesetzlich vorgesehene Kontingent von höchstens zehn Sonn- und Feiertagen nur ansatzweise ausgeschöpft worden sei.

Die Kammer hat sich den Argumenten der Klägerin angeschlossen. Zwar sei der mit derVorweihnachtszeit verbundene Anstieg von Bestellungen ein Umstand, auf den die Beigeladene grundsätzlich keinen Einfluss habe, sodass möglicherweise besondere Verhältnisse im Sinne des Arbeitszeitgesetzes vorlägen. Allerdings hat die Kammer insbesondere darauf abgestellt, dass das Geschäft in der Vorweihnachtszeit hier keine erweiterte Geschäftstätigkeit erforderlich mache. In einer Abwägung der grundrechtlich geschützten Wettbewerbsfreiheit der Beigeladenen mit dem ebenfalls grundgesetzlich verankerten Schutz der Sonntagsruhe habe erstere hier zurückzustehen. Auch wenn die Nichtzulassung von Sonntagsarbeit dazu führe, dass die Beigeladene weniger Bestellungen als in den Vorjahren pünktlich vor dem Weihnachtsfest in den Versand geben könne und damit gewisse Umsatzverluste einhergehen sollten, habe sie dies in der Gesamtbetrachtung hinzunehmen. 

Das Urteil (Az. 1 A 417/23) ist noch nicht rechtskräftig. Die Kammer hat die Berufung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen.

(c) VG Osnabrück, 23.08.2024

Cookie Consent mit Real Cookie Banner