Mit Beschluss vom heutigen Tag hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück dem Eilantrag einer dem Baugrundstück benachbarten Anwohnerin stattgegeben. Diese hatte gegen die der Beigeladenen im Oktober 2023 von der Stadt Melle (Antragsgegnerin) erteilte Baugenehmigung Widerspruch eingelegt und begehrt mit ihrem Eilantrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs.
Die Grundstücke der Antragstellerin sowie der Beigeladenen liegen im Gebiet des Bebauungsplans „Gewerbegebiet Oldendorfer Heide“, der für den nördlichen Teil der Grundstücke ein Gewerbegebiet und für den südlichen Teil ein Industriegebiet festsetzt. Die Antragstellerin betreibt dort eine Reithalle. Die Beigeladene plant auf dem Grundstück ein Gewerbevorhaben, welches an eine Firma der Kunststoffverarbeitung (Herstellung von Kunststoffmischungen für die Kabelindustrie) vermietet werden soll. Das Vorhaben gliedert sich in eine weit überwiegend in dem Gewerbegebiet liegende Produktionshalle nebst drei Silos, sowie ein im Industriegebiet liegendes, mit der Produktionshalle baulich verbundenes Gebäude mit Sozial- und Verwaltungsräumen.
Die Antragstellerin macht geltend, die Baugenehmigung verletze sie in ihren nachbarschützenden Rechten. Das Vorhaben habe eine erdrückende Wirkung und begründe durch den Mieter der Gewerbeanlagen ein erhebliches, durch die gesundheitlich belastenden Emissionen hervorgerufenes Konfliktpotential. Zudem sei der Betrieb nur in einem Industriegebiet zulässig. Die Antragsgegnerin meint, dass von dem Vorhaben keine unzumutbaren Immissionen ausgingen. Die Beigeladene führt aus, dass der Reitbetrieb der Antragstellerin selbst ein fehlgeplanter Fremdkörper darstelle und daher gebietsunverträglich sei.
Das Gericht gab dem Antrag statt. Der Antrag sei zulässig. Die Antragstellerin könne sich auf den Gebietserhaltungsanspruch berufen. Auf die Bebauung ihres eigenen Grundstücks komme es dabei nicht an. Selbst wenn dies so wäre, sei auf die ihr erteilte und wirksame Baugenehmigung abzustellen. Der Eilantrag habe auch in der Sache Erfolg, weil die Baugenehmigung in nachbarschützender Weise zu unbestimmt sei. Die Baugenehmigung enthalte nur eine stichprobenartige Betriebsbeschreibung. Konkrete Angaben zum Verarbeitungsprozess seien nicht vorhanden. Danach sei es der Antragstellerin unmöglich zu überprüfen, ob sie durch das Vorhaben in unzulässiger Weise beeinträchtigt werde. Insbesondere sei keine hinreichende Immissionsprognose zu der Belastung durch Staub und Geruch vorgenommen worden.
Ob sich die Antragstellerin mit Erfolg auf den Gebietserhaltungsanspruch berufen kann und ob das Vorhaben dem Rücksichtnahmegebot genügt, sei nach summarischer Prüfung im Eilverfahren nicht abschließend zu beurteilen. Insoweit seien die Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens als offen zu bewerten. Im Hinblick auf Staub- und Geruchsimmissionen lasse die Baugenehmigung eine Prognose derzeit nicht zu. Insoweit bedürfe es einer sachverständigen Immissionsprognose oder jedenfalls einer detaillierten Betriebsbeschreibung, wodurch sich sicher ausschließen lasse, dass unzumutbare Immissionen auftreten bzw. wirksame Maßnahme zum Immissionsschutz bestehen.
Der Beschluss (Az. 2 B 29/23) ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen zwei Wochen nach Zustellung mit der Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht angefochten werden.
(c) VG Osnabrück, 12.01.2024