Mit drei Urteilen vom gestrigen Tag hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts die Klagen mehrerer Personen gegen die Anordnung von Bewohnerparkzonen im Waldstraßenviertel der Stadt Leipzig abgewiesen (Aktenzeichen 1 K 1297/20, 1 K 1718/20 und 1 K 1808/20).
Im Herbst 2019 hatte die Stadt Leipzig erstmals im Waldstraßenviertel eine Bewohnerparkzone eingerichtet. Hiergegen gingen Anlieger vor und erzielten vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. Das Gericht setzte seinerzeit die Vollziehung der Regelungen vorläufig aus, da die Zone in ihrer Ausdehnung mit mehr als 1.000 m zu groß sei. Die Stadt hat daraufhin ihr Konzept überarbeitet und das Waldstraßenviertel nunmehr in mehrere Zonen unterteilt. Hiergegen richteten sich die gestern entschiedenen Klagen.
Einen Schwerpunkt der Rechtsstreite bildete die Frage nach der Wirksamkeit der Anordnung der insgesamt drei Zonen (E, F und G), die das gesamte Waldstraßenviertel umfassen. Die Anordnung setzt nach § 45 Abs. 1b Nr. 2a StVO einen erheblichen Parkraummangel im betroffenen Stadtquartier voraus, der eine vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten erforderlich macht. Diese Voraussetzungen hat die Kammer bejaht. Im Ergebnis einer Erhebung der konkreten örtlichen Verhältnisse im Jahr 2014 sei eine im Jahr 2016 vorgelegte gutachterliche Untersuchung zu der Einschätzung gelangt, dass im Waldstraßenviertel ein erheblicher Parkraummangel bestehe. Die Auslastung der öffentlichen Parkflächen habe bei 90 bis 93 % gelegen, woraus ein hoher bis sehr hoher Parkdruck resultiere. Die Ergebnisse dieser Untersuchung seien auch aktuell noch verwertbar, da keine Anhaltspunkte für eine Entspannung der Situation vorlägen. Im Gegenteil habe sich diese noch verschärft. Während zum Zeitpunkt der Untersuchung noch 3.488 Parkplätze (einschließlich 450 auf dem Stadionvorplatz) existiert hätten, seien aktuell nur noch 2.894 Parkplätze im gesamten Waldstraßenviertel einschließlich Stadionvorplatz vorhanden. Gleichzeitig sei die Anzahl der auf Privatpersonen mit Hauptwohnsitz im Waldstraßenviertel zugelassenen Fahrzeuge bis zum September 2022 auf 4.041 angestiegen. Im Oktober 2019 seien es noch 3.572 gewesen. Zwar gebe es auch private Parkplätze im Waldstraßenviertel, die jedoch nicht ausreichten, wie die Auslastung der Stellplätze mit 90 bis 93 % zeige.
In den Verfahren ging es darüber hinaus um die Erteilung eines Bewohnerparkausweises bzw. einer Ausnahmegenehmigung zum Parken in den Zonen für Personen mit Nebenwohnsitz bzw. Freiberufler mit einem Büro im Waldstraßenviertel. Auch diese Begehren wurden abgelehnt. Es sei rechtlich nicht zu bestanden, dass die Stadt nur Bewohnern, die melderechtlich ihren Hauptwohnsitz in der Bewohnerparkzone haben, einen Bewohnerparkausweis erteile. Nach der entsprechenden Verwaltungsvorschrift habe zwar grundsätzlich jeder einen Anspruch auf Erteilung eines Bewohnerparkausweises, der in dem Bereich melderechtlich registriert und tatsächlich dort wohnhaft ist. Je nach den örtlichen Verhältnissen könne danach auch die angemeldete Nebenwohnung ausreichen. Die Stadt habe aber ermessensfehlerfrei entschieden, dass eine Nebenwohnung im Fall des Waldstraßenviertels nicht ausreiche, weil die örtlichen Verhältnisse eine Erteilung des Parkausweises für Personen mit Nebenwohnsitz nicht zuließen. Denn die Anzahl der vorhandenen Parkplätze reiche schon nicht für die Fahrzeuge der Halter mit einem Hauptwohnsitz aus. Dass in anderen Bewohnerparkzonen der Stadt Leipzig (A – innere Westvorstadt und C – Musikviertel) auch Personen mit einem Nebenwohnsitz einen Bewohnerparkausweis erhielten, stehe dem nicht entgegen, da sich dort das Verhältnis zwischen vorhandenen Parkplätzen und erteilten Bewohnerparkausweisen deutlich günstiger gestalte.
Auch einen Anspruch von Freiberuflern auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung hat die Kammer verneint. Soweit sich die Kläger als Freiberufler auf einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz beriefen, weil Gewerbetreibenden mit einer Hauptniederlassung in den Bewohnerparkzonen von der Stadt Ausnahmegenehmigungen ohne Prüfung eines Härtefalls erteilt worden seien, lägen sachliche Gründe für eine abweichende Behandlung vor. Gewerbetreibende seien im Gewerberegister eingetragen, so dass ein bestimmbarer Kreis der Begünstigten existiere. Dagegen sei der Kreis der Freiberufler kaum abgrenzbar. Denn neben den klassischen Freiberuflern wie Ärzte, Ingenieure, Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater seien eine Vielzahl anderer Berufsbilder als freiberuflich oder freiberuf-ähn¬lich anerkannt, was zahlreiche Abgrenzungsprobleme aufwerfe. Zudem seien im Waldstraßenviertel 1.200 Gewerbetreibende mit Hauptniederlassung registriert. Zum 31.7.2022 seien an diese aber insgesamt nur 175 Ausnahmegenehmigungen erteilt worden. Es habe also keineswegs jeder Gewerbetreibende automatisch eine Genehmigung erhalten. Freiberufler könnten deshalb eine Ausnahmegenehmigung nur erhalten, wenn ein Härtefall vorliege, was in den konkreten Verfahren verneint wurde.
Die Kammer hat in allen drei Verfahren die Berufung an das Sächsische Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der sich stellenden Rechtsfragen zugelassen, die innerhalb von einem Monat nach Zustellung der vollständigen Urteilsgründe eingelegt werden müsste.
Quelle: Verwaltungsgericht Leipzig, Pressemitteilung vom 8. Dezember 2022