Der Kläger beabsichtigt die Umnutzung eines im Außenbereich der Stadt Holzminden im Landschaftsschutzgebiet gelegenen und zuletzt für einen Gartenbaubetrieb genutzten Grundstücks in ein Tierheim. Die Beklagte hatte eine Zustimmung zur Einräumung eines Sondernutzungsrechts und die Eintragung einer Baulast bisher verweigert, da die beabsichtigte Nutzung nicht der Zweckbestimmung ihrer Wege als landwirtschaftliche Wirtschaftswege diene und über die „normale übliche Nutzung“ für den einfachen landwirtschaftlichen Verkehr hinausgehe (siehe Pressemitteilung mit Terminsankündigung vom 8.9.2023).
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover hat die Beklagte mit Urteil vom 13. September 2023 verpflichtet, ein Sondernutzungsrecht auf den 65 m Feldweg einzuräumen.
Der Kläger ist als Eigentümer eines Grundstücks im Realverbandsgebiet Mitglied des Realverbandes und darf die Verbandswege im Rahmen den Grenzen der Zweckbestimmung nutzen. Nach den Feststellungen der Kammer entspricht die bisherige übliche Nutzung der Feldwege dem einfachen landwirtschaftlichen Verkehr. Da es sich bei dem Betrieb eines Tierheims nicht um eine landwirtschaftliche Nutzung handelt, bedarf es der Einräumung eines Sondernutzungsrechts.
Die Kammer hat entschieden, dass die Beklagte den entsprechenden Antrag des Klägers ermessensfehlerhaft abgelehnt hat. Denn in die Ermessenserwägung dürfen nur solche Gründe eingestellt werden, die einen sachlichen Bezug zur Unterhaltung der Feldwege haben. Das ist bei den von der Beklagten geltend gemachten Beeinträchtigungen des Landschaftsschutzgebietes und der Jagdausübung wie auch bei der befürchteten Verkotung der umliegenden Wiesen und Weiden nicht der Fall. Gefahren durch etwaigen Hundekot auf den Randflächen der Wege sind nach wissenschaftlichen Erkenntnissen unrealistisch. Beeinträchtigungen des landwirtschaftlichen Verkehrs oder Substanzschäden an den Wegen durch den mit der Tierheimnutzung verbundenen Ziel- und Quellverkehr sind nicht zu erwarten. Der durch stärkere Frequentierung erhöhte Unterhaltungsaufwand kann durch die Bereitschaft des Klägers zur Übernahme höherer Unterhaltungskosten aufgefangen werden, weshalb der Beklagten eine korrelierende Verkehrssicherungspflicht zugemutet werden kann, zumal es um lediglich 65 m Wegstrecke geht und der Kläger sein Grundstück anders nicht erreichen kann. Soweit die Beklagte die Notwendigkeit eines Umzugs des Tierheims weg vom bisherigen Standort in Frage stellt, ergibt sich diese aus dem Umstand, dass das jetzige Tierheim im Überschwemmungsgebiet liegt und keine Erweiterungsmöglichkeiten hat. Da die Kammer keinen Spielraum für eine andere Ausübung des Ermessens gesehen hat, als dem Antrag des Klägers zu entsprechen, hat sie die Beklagte nicht lediglich zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, sondern zur Einräumung des begehrten Sondernutzungsrechts verpflichtet.
Soweit der Kläger außerdem eine entsprechende Baulasterklärung seitens der Beklagten begehrt hat, hatte die Klage keinen Erfolg. Da das Sondernutzungsrecht bislang nicht eingeräumt ist und der Beklagte sich auf der Grundlage einer Sondernutzungsregelung noch nicht mit der Frage der Erteilung einer Baulasterklärung hat befassen können, ist die Klage insoweit unzulässig.
Die Frage, ob der Kläger das Gebäude auf dem Grundstück nun als Tierheim nutzen kann, ist damit noch nicht entschieden. Ob die Einräumung des Sondernutzungsrechts des Weges den baurechtlichen Anforderungen an die Erschließung des Grundstücks genügt oder ob es dafür einer Baulast bedarf, musste die Kammer nicht entscheiden. Gegen einen Bauvorbescheid zugunsten des Klägers zur planungsrechtlichen Zulässigkeit der Umnutzung des Grundstücks ist eine Klage der Beklagten und eine Klage einer Jagdgenossenschaft bei der 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover anhängig (Az. 12 A 6451/20 und 12 A 4563/21).
Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg beantragt werden.
Az. 1 A 3806/21
(c) VG Hannover, 14.09.2023