Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover hat mit Urteil vom Dienstag, den 17. Januar 2023, der Klage der Harzwasserwerke GmbH gegen einen vom Landkreis Diepholz ausgesprochenen teilweisen Widerruf einer wasserhaushaltsrechtlichen Bewilligung zur Förderung von Grundwasser für ein Wasserwerk stattgegeben.
Die klagende Harzwasserwerke GmbH ist der größte Wasserversorger Niedersachsens und betreibt unter anderem das Wasserwerk Ristedt im Kreisgebiet des beklagten Landkreises Diepholz. Dieser erteilte der Klägerin im Jahre 2010 die wasserrechtliche Bewilligung zur Förderung von jährlich 20 Mio m³ Grundwasser für die Trinkwasserversorgung. Hierbei wurde neben dem Grundbedarf von 17,1 Mio m³ Wasser ein Volumen von weiteren 2,9 Mio m³ als Sicherheits-, Trockenjahreszuschlag und Reserve bewilligt.
In den Jahren 2010 bis 2017 förderte die Klägerin in Ristedt durchschnittlich 16,05 Mio m³ Wasser. Im Jahr 2017 förderte die Klägerin 16,16 Mio m³, im Jahr 2018 17,47 Mio m³, im Jahr 2019 17,00 Mio m³ und im Jahr 2020 17,07 Mio m³ Wasser.
Mit dem angegriffenen Bescheid vom September 2021 widerrief der Beklagte die Bewilligung im Umfang von 0,4 Mio m³ Wasser jährlich. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen darauf, dass nach § 18 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) eine Bewilligung widerrufen werden könne, wenn die Benutzung drei Jahre ununterbrochen nicht ausgeübt oder ihrem Umfang nach erheblich unterschritten worden sei. Diese Voraussetzungen seien hier für die Jahre 2018, 2019 und 2020 erfüllt. Der Klägerin werde weiterhin ein Puffer zugestanden, um auf Nachfrageschwankungen zu reagieren. Auch im Trockenjahr 2018 habe die Fördermenge jedoch lediglich 17,47 Mio m³ betragen, sodass unter Berücksichtigung des bewilligten Sicherheitszuschlages und der Reserve der Bedarf der Klägerin nicht höher als 19,6 Mio m³ liegen könne. Mit der Aufhebung des nicht benötigten Förderrechts werde ein spürbarer Beitrag zur Schonung des Grundwasserkörpers geleistet. Der Beklagte verbessere mit dem Widerruf auch seine Reaktionsmöglichkeiten hinsichtlich der infolge des Klimawandels zu erwartenden Nutzungskonflikte. Die Klägerin könne notfalls kurzfristige Engpässe über ihr Verbundsystem aus anderen Wasserwerken kompensieren.
Das Verwaltungsgericht ist demgegenüber der Begründung der gegen diese Entscheidung erhobenen Klage der Harzwasserwerke gefolgt. Nach Auffassung der Kammer sei bereits der Tatbestand des § 18 Abs. 2 WHG nicht erfüllt, denn die festzustellende Unterschreitung der bewilligten Nutzung habe nicht – wie die Norm es verlangt – in drei konsekutiven Jahren einen erheblichen Umfang erreicht. Die Trinkwasserversorgung unterfalle nachfragebedingten Schwankungen und sei somit auf die Vorratsbewirtschaftung angewiesen, welcher der Beklagte mit den im Bewilligungsbescheid zugestandenen Zuschlägen selbst Rechnung getragen habe. Die zu betrachtende Differenz sei daher nicht diejenige zwischen dem bewilligten und dem tatsächlichen Förderumfang. Zu letzterem seien vielmehr zusätzlich Reserven zur Gewährleistung der zuverlässigen Trinkwasserversorgung zuzugestehen, auch wenn diese nicht in Anspruch genommen würden. Für das Jahr 2020 ergebe sich – unter Berücksichtigung der im Bewilligungsbescheid zugestandenen Zuschläge von insgesamt 2,9 Mio m³ Wasser – ein Gesamtbedarf von 19,97 Mio m³ Wasser, weil es sich nicht um ein Trockenjahr gehandelt habe. Die Differenz zur Höchstfördermenge von 30.000 m³ Wasser pro Jahr stelle sich im Kontext der ursprünglichen Bewilligung in einem Umfang von 20 Mio m³ jährlich nicht als erhebliche Unterschreitung dar und rechtfertige auch keinen Widerruf über eine Gesamtmenge von 400.000 m³ jährlich.
Gegen das Urteil kann vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg binnen eines Monats nach Vorliegen der vollständigen Entscheidungsgründe die Zulassung der Berufung beantragt werden.
Urteil vom 17. Januar 2023
Az.: 4 A 6011/21
Quelle: Verwaltungsgericht Hannover, Pressemitteilung vom 18. Januar 2023