Mit einem soeben ergangenen Beschluss hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen dem Antrag einer Kreistagsfraktion des Kreistages des Landkreises Gießen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben, mit dem die Überlassung des Dorfgemeinschaftshauses in Lollar-Ruttershausen begehrt wurde. Die Stadt Lollar ist nunmehr verpflichtet, der Fraktion das Dorfgemeinschaftshaus am heutigen Tag zu überlassen.

Die Fraktion plant die Durchführung eines „Bürgerdialogs“ am heutigen Abend und schloss hierfür im März 2025 einen Benutzungsvertrag mit einem Beauftragten der Stadt Lollar. Am 10. April 2025 teilte die Stadt Lollar der Fraktion mit, dass der Magistrat einer Vermietung des Dorfgemeinschaftshauses nicht zugestimmt habe, da dieses nur Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Lollar zur Vermietung angeboten werde.

Hiergegen suchte die Fraktion um gerichtlichen Rechtsschutz nach. Sie trug vor, dass ein Benutzungsvertrag vorliege, der durch die Stadt Lollar auch nicht wirksam gekündigt worden sei. Ferner sei das Dorfgemeinschaftshaus auch in der Vergangenheit durch nicht im Gebiet der Stadt Lollar ansässige Vereine angemietet worden.

Demgegenüber führte die Stadt Lollar aus, dass das Dorfgemeinschaftshaus in den letzten beiden Jahren keinen Fraktionen oder Parteien zur Nutzung zur Verfügung gestellt worden sei. Dies würde auch nicht dem Widmungszweck des Dorfgemeinschaftshauses entsprechen. Der im März geschlossene Benutzungsvertrag regele allein das „Wie“ der Zurverfügungstellung, eine Entscheidung über das „Ob“ sei jedoch nicht enthalten. Schließlich bestehe keine Eilbedürftigkeit, da nicht erkennbar sei, dass der „Bürgerdialog“ zwingend am heutigen Tage durchgeführt werden müsse und auch kein anderes Bürgerhaus zur Verfügung stehe.

Dem ist das Verwaltungsgericht nicht gefolgt. Es bestehe ein Anspruch der Fraktion auf Überlassung des Dorfgemeinschaftshauses am heutigen Abend. Ein solcher ergebe sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Zwar komme Kommunen grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum hinsichtlich des Widmungszwecks der von ihr unterhaltenen öffentlichen Einrichtungen zu. Stelle die öffentliche Hand ihre Einrichtung im Rahmen der jeweiligen Widmung für die Durchführung von bestimmten Veranstaltungen zur Verfügung, entstehe dadurch jedoch ein Gleichbehandlungsanspruch, der die Entscheidungsfreiheit der öffentlichen Hand begrenze. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass der geplante „Bürgerdialog“ sich im Rahmen des Widmungszwecks des Dorfgemeinschaftshauses bewege und die erfolgte Verweigerung der Überlassung durch die Stadt Lollar ohne sachlichen Grund erfolgt sei. Ein solcher ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass das Dorfgemeinschaftshaus zwar ortsfremden Vereinen mit Sitz im Landkreis Gießen, aber nicht an Parteien oder Fraktionen vermietet worden sei. Bei einer Fraktion im Kreistag des Landkreises Gießen sei ein hinreichender örtlicher Bezug gegeben.

Die Entscheidung (Beschluss vom 25. April 2025, Az.: 8 L 2108/25.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen.

VG Gießen, 25.05.2025

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