Ein weiteres Jahr im Zeichen der Pandemie

Die Corona-Pandemie hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf auch im Jahr 2021 fest im Griff. Dies galt sowohl für die weiter angestiegene Zahl an Gerichtsverfahren rund um die Pandemie als auch für die tägliche Arbeit der Gerichtsangehörigen. Erleichterten die im Jahr 2020 gewonnen Erfahrungen die Gestaltung des Gerichtsalltags wie auch den Umgang mit Verfahrensbeteiligten und Besuchern in den mündlichen Verhandlungen, waren gleichwohl neue Entwicklungen während des vergangenen Jahres stets in den Blick zu nehmen. Im Mittelpunkt aller Überlegungen stand dabei der Erhalt der Funktionsfähigkeit des Gerichts ebenso wie der Gesundheitsschutz der Mitglieder des Gerichts, der Recht-suchenden und Besucher. Dem großen Engagement aller im Gericht arbeitenden Kollegen ist es zu verdanken, dass die Rechtsschutzgewährung unter den erschwerten Bedingungen zu keinem Zeitpunkt zu kurz kam. Das Gericht ist dem Vertrauen der Bürger in die Dritte Gewalt durch raschen und effektiven Rechtsschutz gerade im Bereich der infektionsschutzrechtlichen Verfahren, aber auch im Übrigen stets gerecht geworden. In Zeiten des Homeoffice kam der Effizienz die fortschreitende Digitalisierung des Gerichts zugute: Inzwischen werden die Gerichtsverfahren in allen Kammern – sowohl in den richterlichen als auch in den nichtrichterlichen Arbeitsbereichen – ausschließlich elektronisch bearbeitet. Noch anhängige Papierakten sind Auslaufmodelle. Das Arbeiten von zuhause mit mobilen Geräten ist nun selbstverständlicher geworden. Videokonferenzen sind zumindest im Bereich der Gerichtsverwaltung alltäglich geworden; in geeigneten gerichtlichen Verfahren bieten sie den Beteiligten und ihren Prozessbevollmächtigten die Möglichkeit der Teilnahme an Gerichtsverhandlungen ohne persönliche Anwesenheit.

Wie bereits im ersten Pandemiejahr 2020 kam der Verwaltungsgerichtsbarkeit auch im vergangenen Jahr eine Schlüsselrolle in der Coronakrise zu. Die Vielfalt der durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber und die Kommunen ergriffenen Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie spiegelte sich in den Rechtsschutzgesuchen an allen Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten, so auch am Verwaltungsgericht Düsseldorf, wider. Das Gericht wurde im vergangenen Jahr in einer noch höheren Anzahl infektionsschutzrechtlicher Klagen und Eilanträgen als 2020 angerufen, auch ein Beleg für das Vertrauen der Rechtsuchenden in die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Zu Jahresbeginn bildeten Anträge auf schnellere Corona-Schutzimpfungen einen Schwerpunkt. Schutzmasken und ihre Pflicht zum Tragen haben das Gericht ebenfalls beschäftigt: Dabei blieben Verfahren gegen die Maskenpflicht in aller Regel erfolglos. Beispielsweise hat das Gericht entschieden, eine Grundschülerin dürfe am Unterricht nur dann ohne Maske teilnehmen, wenn sie durch ein qualifiziertes ärztliches Attest nachweisen könne, dass sie aus medizinischen Gründen keine Maske tragen könne. Die Suspendierung einer Schulleiterin, die (u.a.) gegen die Maskenpflicht auf dem Schulgelände verstoßen hatte, hat das Gericht in einem Eilverfahren für rechtmäßig befunden. Nicht zertifizierte Masken des Typs KN95 durften nach einem Beschluss von Februar 2021 nicht in den Verkehr gebracht werden. Nachdem im Frühjahr des letzten Jahres durch die Coronaschutzverordnung NRW der Betrieb bestimmter Freizeitanlagen untersagt worden war, hatte sich das Gericht mit der Abgrenzung solcher Einrichtungen zu (zulässigen) Sportanlagen unter freiem Himmel zu befassen: Das Verbot eines Kletterparks wurde bestätigt, während die Untersagung eines Hochseilgartens ebenso wie die Schließung einer Wasserskianlage aufgehoben wurde. Immer wieder waren lokale Regelungen der Städte und Gemeinden, sog. Allgemeinverfügungen, Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Auf großes öffentliches Interesse stießen im Februar und Mai 2021 die Allgemeinverfügungen der Landeshauptstadt Düsseldorf, mit denen das Verweilen in bestimmten Teilen des Stadtgebietes zu konkreten Zeiten untersagt worden war. Das Verwaltungsgericht hat diese Allgemeinverfügungen in Eilverfahren bestätigt, ebenso wie das Alkoholkonsumverbot für die Altstadt. Nächtliche Ausgangsbeschränkungen in mehreren Städten hat das Gericht mit Blick auf hohe Inzidenzen im Frühjahr 2021 ebenfalls für rechtmäßig gehalten.

Im Sachgebiet Infektionsschutzrecht hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Jahr 2021 547 Eingänge (380 Klagen und 167 Eilanträge) zu verzeichnen. 298 Verfahren (130 Klagen und 168 Eilanträge) konnten erledigt werden. In den hohen Eingangszahlen sind annähernd 200 Verfahren eines fleischverarbeitenden Betriebs mit Sitz am Niederrhein enthalten, der 2020 zeitweilig schließen musste. Das Gericht wird im Laufe des Jahres 2022 klären, wer für die Lohnkosten in der Quarantänezeit aufkommt. Zu den rein infektionsschutzrechtlichen Eingängen kamen Rechtsschutzgesuche aus anderen Lebensbereichen hinzu, auf die sich die Corona-Pandemie ausgewirkt hat. Hier sind subventionsrechtliche Verfahren hervorzuheben, deren Gegenstand pandemiebedingte Unterstützungsleistungen des Staates sind. Bei diesen sind im Grundsatz zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden, nämlich die sog. Überbrückungshilfe und die Corona-Soforthilfe. Mit der Überbrückungshilfe (den Programmen I bis IV) werden Unternehmen, Selbständige und Freiberufler, die durch die Pandemie einen erheblichen Umsatzrückgang erlitten haben, in Form einer anteiligen Erstattung bestimmter Fixkosten unterstützt. Das Gericht ist 2021 von etwa 80 Anspruchstellern angerufen worden, deren Anträge auf Überbrückungshilfe ganz oder teilweise abgelehnt worden waren; weitere rund 40 Verfahren sind seit Januar 2022 eingegangen. In etlichen Fällen geht es um hohe Summen im sechsstelligen Bereich. Mit der Abarbeitung dieser Verfahren wird die zuständige Kammer Mitte des Jahres beginnen. Die Corona-Soforthilfe dient der kurzfristigen Abmilderung wirtschaftlicher Notlagen, in die Kleinunternehmen, Soloselbständige und Freiberufler durch die Pandemie geraten sind. Im vergangenen Jahr haben ca. 200 Kläger, die solche Soforthilfen aus einem Programm des Landes Nordrhein-Westfalen erhalten hatten, um Rechtsschutz gegen das Land nachgesucht. Hintergrund war, dass die Zuwendungsempfänger nach der Auszahlung der Hilfen E-Mails des Landes erhalten hatten, mit denen aus ihrer Sicht die Rahmenbedingungen zur Rückzahlung der Leistungen geändert wurden. Nachdem die zuständige Kammer den Klägern mitgeteilt hatte, dass sie diese Klagen für unzulässig halte, weil noch keine Rückforderungsbescheide ergangen seien, wurde ein Großteil der Klagen zurückgenommen. Ende Dezember 2021 hat die Bezirksregierung Düsseldorf als zuständige Bewilligungsbehörde eine Vielzahl von (Teil-)Rückzahlungsbescheiden erlassen, die die Leistungsempfänger mit Klagen angegriffen haben. 550 Klagen sind Anfang 2022 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eingegangen. Etwa 60 Verfahren sind bis Mitte April bereits erledigt worden, weil Kläger ihre Klagen zurückgenommen haben, oder Verfahren wegen örtlicher Unzuständigkeit an andere Verwaltungsgerichte verwiesen worden sind. Im Sommer dieses Jahres wird die zuständige Kammer zunächst in zwei bis drei Leitverfahren Entscheidungen treffen. Wie mit den weiteren knapp 500 Verfahren umzugehen ist, wird im Anschluss entschieden werden.

Über weitere im laufenden Jahr anstehende infektionsschutzrechtliche Entscheidungen von öffentlichem Interesse wird unter Ziff. 3 berichtet.

Im Geschäftsjahr 2021 waren für das Sachgebiet Infektionsschutzrecht vier Kammern des Gerichts zuständig, die neben diesen Streitfällen zahlreiche Verfahren aus anderen Rechtsgebieten bearbeiten. Mit weiteren im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehenden Gesuchen aus anderen Sachgebieten (wie dem Schul- und Hochschulrecht, dem Versammlungsrecht sowie dem Subventionsrecht) befassen sich andere Kammern.

2. Jahresbilanz: Zahlen und Fakten

Im Geschäftsjahr 2021 haben das Verwaltungsgericht Düsseldorf insgesamt nahezu 12.500 Klagen und Eilanträge erreicht; ca. 3.700 (knapp 30 %) waren Asylverfahren. Im Vergleich zu den Eingangszahlen des Vorjahres (ca. 11.200) bedeutete dies einen Zuwachs von etwa 11 %; die Eingänge im Bereich des Asylrechts veränderten sich kaum. Bei diesen war der Höchststand mit fast 20.000 Verfahren im Jahr 2017 als Folge der Migrationskrise erreicht; seither sind die Eingangszahlen rückläufig.

Trotz pandemiebedingter Einschränkungen konnten die 110 Richter mit tatkräftiger Unterstützung der 89 Beamten und Beschäftigten im Jahr 2021 etwa 12.300 Verfahren erledigen; ca. 32 % davon (gut 4.000) waren Asylverfahren. Zum Ende des Jahres 2021 waren am Gericht noch rund 9.250 Verfahren anhängig, 37 % asylrechtliche Streitigkeiten und 63 % Verfahren aus den klassischen Rechtsgebieten.

Die Verfahrenslaufzeiten, die sich infolge der außergewöhnlichen Belastung durch die Migrationswelle in den vergangenen Jahren verlängert hatten, sind nunmehr wieder zurückgegangen: Klageverfahren dauerten 2021 durchschnittlich 12,6 Monate gegenüber 14,7 Monaten im Jahr 2020. Eilverfahren konnten im Durchschnitt in 1,7 Monaten (2020 knapp zwei Monate) erledigt werden.

Im Verlauf des Jahres 2021 haben die 10 aus anderen Gerichtsbarkeiten an das Verwaltungsgericht Düsseldorf abgeordneten Richter das Gericht verlassen und sind an ihre Heimatgerichte zurückgekehrt. Das Gericht ist ihnen zu großem Dank verpflichtet, haben sie sich doch in den vergangenen zwei bis drei Jahren sehr engagiert der Abarbeitung der enorm hohen Anzahl an Asylverfahren gewidmet.

Den nachfolgenden Übersichten können die Eingangs-, Erledigungs- sowie Anhangszahlen bezogen auf die Hauptherkunftsländer im Sachgebiet Asylrecht entnommen werden:

Klageeingänge Hauptherkunftsländer:

grafik1

Erledigte Klageverfahren Hauptherkunftsländer:

grafik2

Anhängige Klageverfahren Hauptherkunftsländer:

grafik3

Etwa die Hälfte der Asylklageverfahren wurde abgewiesen, 13 % waren erfolgreich, annähernd 8 % waren teilweise erfolgreich; die übrigen Verfahren wurden auf andere Weise erledigt. Ca. 66 % der Eilanträge blieben erfolglos, während 23 % ganz oder teilweise Erfolg hatten.

3. Ausblick auf anstehende Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf

Tagtäglich befasst sich das Gericht mit Anliegen von Bürgern aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen. Insbesondere folgende Verfahren von öffentlichem Interesse stehen im Laufe des Jahres voraussichtlich zur Entscheidung an:

Ordnungsverfügungen gegen “Auto-Poser“

Zwischen Juli 2021 und April 2022 sind drei Klagen gegen Ordnungsverfügungen der Landeshauptstadt Düsseldorf eingegangen, mit der diese gegenüber Autofahrern anordnet, unnötigen Lärm bei der Benutzung öffentlicher Straßen in Düsseldorf zu unterlassen. Beispielhaft aufgeführte Verhaltensweisen sind die unsachgemäße Benutzung des Fahrzeugs, das “Hochjagen“ des Motors im Leerlauf und beim Fahren in niedrigen Gängen sowie ein unnötig schnelles Beschleunigen. Begründet wurden die Ordnungsverfügungen unter anderem damit, dass Düsseldorf sich in besonderem Maße Belastungen durch das sogenannte “Posen“ ausgesetzt sehe und die daraus resultierenden Gefahren sich in einem Unfall manifestiert hätten, bei dem nur durch Zufall allein der Fahrer zu Schaden gekommen sei. Dabei seien die Übergriffe von “Auto-Posern“ so weit gegangen, dass sie behördliche Straßensperren beiseite geräumt hätten, um ungehindert weiteren Lärm auf den geschützten Straßenabschnitten erzeugen zu können. Die Stadt hat gestaffelte Zwangsgelder in Höhe von 5.000 Euro und 10.000 Euro angedroht. Über die Klagen will die zuständige 6. Kammer des Gerichts im Sommer dieses Jahres entscheiden.

Auflösung des Düsseldorfer Großmarktes

Bei der 3. Kammer sind derzeit fünfzehn Klageverfahren anhängig, die sich jeweils gegen einen Bescheid der Landeshauptstadt Düsseldorf über den Widerruf der Zuweisung von Großmarktflächen von Mitte November 2021 richten; die Klagen sind zwischen Ende November und kurz vor Weihnachten 2021 bei Gericht eingegangen. Den Widerrufsbescheiden liegt der Beschluss des Düsseldorfer Stadtrates vom 1. Juli 2021 zugrunde, die öffentliche Einrichtung Großmarkt zum 31. Dezember 2024 aufzulösen. Dementsprechend erfolgt auch der Widerruf jeweils zu dem vorgenannten Datum; vor dem Hintergrund der über dreijährigen Frist sind Eilverfahren – anders als bei der 2018 geplanten und von der 3. Kammer gestoppten Umstrukturierung des Düsseldorfer Großmarktes (vgl. hierzu Pressemitteilung vom 28. November 2018: https://www.vg-duesseldorf.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/archiv/2018/1828/index. php) – jedenfalls gegenwärtig nicht anhängig. Wann im laufenden Jahr mit einem ersten Termin zu rechnen ist, lässt sich derzeit nicht konkret sagen, zumal noch eine Reihe von Klagebegründungen aussteht.

Unterbringung von Leiharbeitern

In der 11. Kammer sind knapp 30 Anfechtungsklagen zweier Kläger gegen von der Stadt Goch erlassene Ordnungsverfügungen anhängig. Die Kläger sind Eigentümer verschiedener Mehrfamilienhäuser in Goch, die sie zur Unterbringung meist in den Niederlanden eingesetzter ausländischer Leiharbeitnehmer genutzt haben. Die Stadt hat den Eigentümern in den Jahren 2020 und 2021 die Nutzung ihrer Objekte zu Beherbergungszwecken untersagt, Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung (Zwangsgeldfestsetzungen, Pfändungsverfügungen) getroffen sowie Anträge auf Abänderung weiterer, bestandskräftig gewordener Nutzungsuntersagungen abgelehnt. Die Kammer plant, in der zweiten Jahreshälfte 2022 Entscheidungen zu treffen.

Corona-Testung von Leiharbeitern

Ein Zeitarbeitsunternehmen wehrt sich gegen Allgemeinverfügungen des Kreises Kleve, die jeweils einen Monat gelten und die “zur Vermeidung möglicher von in Großbetrieben der niederländischen Fleischwirtschaft tätigen Zeitarbeitern ausgehenden Infektionen“ eine wöchentliche Corona-Testpflicht anordnen. Das Unternehmen macht insbesondere geltend, die Zeitarbeiter verweigerten ihre Einwilligung zur Testung. Die zuständige 29. Kammer des Gerichts wird in den bislang eingegangenen 18 Klageverfahren voraussichtlich zum Jahresende mündliche Verhandlungen anberaumen.

Caritasverband klagt gegen Landschaftsverband Rheinland wegen Aufwendungen für Ordensschwestern

In sechs im Januar 2022 eingegangenen Verfahren klagt der Caritasverband gegen den Landschaftsverband Rheinland auf Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen nach §§ 56, 57 des Infektionsschutzgesetzes. Vor der 29. Kammer geht es um die Frage, ob das sog. Gestellungsgeld, das der Caritasverband an einen Orden zahlt, ein Gehalt bzw. Arbeitsentgelt darstellt. Die Verfahren stehen nicht vor dem Ende dieses Jahres zur Entscheidung an.

Problemhäuser in Duisburg

In der 25. Kammer des Gerichts sind mehrere Klageverfahren zu sog. Problemimmobilien in Duisburg eingegangen. Die Klagen richten sich zum einen gegen Nutzungsuntersagungen, die in aller Regel bereits vollstreckt sind, d. h. die entsprechenden Gebäude sind bereits geräumt und können ohne Vorlage und Ausführung eines Sanierungskonzeptes auch nicht bewohnt werden. Andere Klagen richten sich gegen Leistungsbescheide, mit denen die jeweiligen Eigentümer für die Kosten der Räumung oder Sicherungsmaßnahmen herangezogen worden sind. In Duisburg ist eine “Taskforce“ mit der Räumung von Problemimmobilien befasst. Gerichtliche Entscheidungen sind frühestens zum Jahresende zu erwarten.

Beeinträchtigung der Mitwirkungsrechte von Ratsfraktionen bzw. Ratsmit-gliedern der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD)

Die 1. Kammer des Gerichts wird in den nächsten Wochen in zwei Verfahren über die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen der Räte zweier Städte entscheiden, die die Rechte der AfD-Fraktionen in diesen Räten bzw. die Rechte von der AfD angehörenden Ratsmitgliedern berühren.

Bei dem ersten Verfahren, das am 16. Mai 2022 verhandelt wird, handelt es sich um die Klage des Vorsitzenden des AfD-Stadtverbandes Kaarst und Mitglied des Rates gegen den Rat der Stadt Kaarst. Der Kläger wendet sich gegen einen Ratsbeschluss vom 25. Juni 2020, in dem die im Stadtrat vertretenen Fraktionen sowie alle fraktionslosen Ratsmitglieder erklären, dass sie jegliche Kooperation mit Vertretern der AfD ablehnen und ausschließen. Er macht geltend, dass der Ratsbeschluss gegen die Gewährleistung des freien Mandats der Ratsmitglieder (§ 43 Abs. 1 der Gemeindeordnung) und zudem gegen das Benachteiligungsverbot verstoße, da er als „Ratsmitglied zweiter Klasse“ behandelt und von der politischen Willensbildung ausgegrenzt werde.

In dem zweiten Verfahren, das voraussichtlich im Sommer zur Entscheidung ansteht, klagt die Stadt Düsseldorf gegen das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung Düsseldorf, gegen eine kommunalaufsichtsrechtliche Verfügung vom 28. Februar 2022. Mit der Verfügung hat die Bezirksregierung einen Beschluss des Rates der Stadt Düsseldorf vom 4. Februar 2021 aufgehoben, mit dem ein Antrag der AfD-Ratsfraktion abgelehnt worden war, drei Ratsmitglieder und sieben sachkundige Bürger als Mitglieder der vom Stadtrat gebildeten Ausschüsse mit beratender Stimme zu bestellen. Die AfD-Fraktion hatte diesen Antrag gestellt, nachdem in keinen der Ausschüsse eines ihrer Mitglieder gewählt worden war. Die Bezirksregierung begründet ihre Verfügung damit, dass der Beschluss gegen § 58 Abs. 1 Satz 7 und 8 der Gemeindeordnung verstoße; bereits aus dem Wortlaut dieser dem Minderheitenschutz dienenden Norm folge, dass dem Rat bei der Bestellung der von der Fraktion benannten Personen zu Ausschussmitgliedern kein Auswahl- bzw. Entscheidungsspielraum zustehe.

Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. klagt auf Mitwirkung am islamischen Religionsunterricht in NRW

Im Mai 2021 hat eine aus islamischen Organisationen bestehende Kommission ihre Arbeit aufgenommen, die dem Land NRW als Ansprechpartner für die Gestaltung des islamischen Religionsunterrichts dient. Die Mitgliedschaft in der Kommission setzt u.a. voraus, dass die islamische Organisation die Gewähr dafür bietet, eigenständig und staatsunabhängig zu sein und die Verfassungsprinzipien, die Grundrechte der Schüler sowie die Grundprinzipien des freiheitlichen Religionsverfassungsrechts des Grundgesetzes zu achten. Die Landesregierung NRW geht davon aus, dass der – beim Verwaltungsgericht klagende – Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Denn er pflege Verbindungen zu islamischen Organisationen, die verfassungsfeindliche Tendenzen aufwiesen. Dagegen wendet sich der Zentralrat, der eine Beteiligung in der Kommission anstrebt. Über die Klage wird die 18. Kammer des Gerichts voraussichtlich im 3. Quartal des Jahres entscheiden.

Fotomodel möchte Polizeibeamtin werden

Die Klägerin begehrt die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen, für die sie sich im Januar 2020 bewarb. Damals war sie als Fotomodel tätig und auf mehreren Internetplattformen aktiv; dort waren unter anderem auch oberkörperfreie Bilder veröffentlicht. Ihr Gewerbe als Fotomodel hat sie zwischenzeitlich abgemeldet. Das Land hat die Einstellung der Klägerin abgelehnt und Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst geäußert. So hätten ihre Tätigkeit als Fotomodel und ihr Internetauftritt eine Außenwirkung, die mit dem Beruf einer Polizeibeamtin nicht zu vereinbaren sei. Hiergegen richtet sich die im September 2021 erhobene Klage. Die zuständige 2. Kammer beabsichtigt, eine Entscheidung rechtzeitig vor dem nächsten Einstellungsdatum (1. September 2022) zu treffen, wahrscheinlich zwischen Mai und Juli 2022.

Ausschluss aus dem Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr

Der Kläger wendet sich gegen seinen Ausschluss aus der Freiwilligen Feuerwehr Velbert. Als Mitglied des Musikzuges – lange Jahre als Zugführer – soll er sich gegenüber zwei Musikerinnen nicht korrekt verhalten haben. Diese werfen ihm sexuelle Belästigung zu ihrem Nachteil sowohl in verbaler als auch in körperlicher Hinsicht vor. Die Disziplinarbehörde bewertete die dem Kläger zur Last gelegten sechs Verstöße als schwerwiegend und verhängte nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens die schärfste Maßnahme. Es sind insgesamt acht Zeugen geladen. Der Termin der 26. Kammer findet am 6. Mai 2022 um 10:00 Uhr im Saal III (Raum 240) statt.

Widerruf einer Waffenbesitzerlaubnis gegenüber ehemaligem Hells Angels-Vereinsfunktionär

In einem Verfahren der 22. Kammer wendet sich der Kläger gegen den Widerruf der ihm als Sportschütze erteilten Erlaubnis zum Besitz einer Waffe. Die Widerrufsentscheidung wurde von der Waffenbehörde mit Zweifeln an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers begründet mit Hinweis darauf, dass dieser ein herausgehobenes Mitglied der “Hells Angels MC Concrete City“ gewesen sei, die im September 2017 durch das Land NRW als Verein verboten wurden (vgl. die entsprechende Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 27. September 2021 https://www.ovg.nrw.debehoerde/presse/pressemitteilungen/ 01_archiv/2021/62_211001/index.php). Die Klage wird am 4. Mai 2022 um 9.30 Uhr in Saal VII (Raum 411) verhandelt.

4. Digitalisierung vor dem Abschluss

Ein Mammutprojekt des Gerichts konnte zum Ende des Jahres 2021 erfolgreich abgeschlossen werden: die vollständige Digitalisierung der Arbeitsabläufe. Am Jahresende wurde ein Anfang 2020 begonnener Umstellungsprozess beendet. Alle Kammern arbeiten nun mit vollelektronischen Gerichtsakten (sog. eAkten); die eingehenden Verfahren werden nicht mehr als Papierakten, sondern ausschließlich elektronisch geführt. Die Arbeitsplätze der Richter und Servicemitarbeiter sowie die Sitzungssäle und Beratungszimmer sind mit der erforderlichen Hardware – auch für die heimischen Arbeitsbereiche – ausgestattet worden. Gerichtliche Entscheidungen werden nicht mehr auf Papier unterschrieben, sondern elektronisch signiert. Die digitale Kommunikation von Behörden und Rechtsanwälten mit dem Gericht ist inzwischen selbstverständlich geworden; seit Beginn des Jahres 2022 besteht für die “professionellen“ Verfahrensbeteiligten eine gesetzliche Verpflichtung zur elektronischen Einreichung ihrer Schriftsätze.

Quelle: Verwaltungsgericht Düsseldorf, Pressemitteilung vom 29. April 2022

Cookie Consent mit Real Cookie Banner