Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat am 14. Januar 2022 beschlossen, dass § 26a Abs. 1 und 2 Thüringer SARS-CoV-2-InfektionsschutzMaßnahmenverordnung bis zur Entscheidung in einem späteren separaten
Hauptsacheverfahren nicht vorläufig außer Vollzug gesetzt wird.


In § 26a Abs. 1 und 2 Thüringer SARS-CoV-2-InfektionsschutzMaßnahmenverordnung wird das für das Schulwesen zuständige Ministerium ermächtigt, ab 3. Januar 2022 in allen allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen sowie an Schulen in freier Trägerschaft Anordnungen zur Organisation des Schulbetriebs – insbesondere zur Ausgestaltung des Unterrichts in Form von Distanzunterricht, Unterricht im Rahmen von Wechselmodellen oder Unterricht in festen, beständigen Gruppen – sowie zum Anspruch der Schüler auf Förderung in einem Schulhort zu treffen. Der Antragstellerin sieht durch die angegriffenen Regelungen das Grundrecht auf schulische Bildung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 7 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) und Art. 20 und Art. 22 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen (Thüringer Verfassung -ThürVerf) verletzt. Sie rügt vor allem, dass (Schul-) Kinder die falschen Adressaten entsprechender Eindämmungsmaßnahmen seien, und erachtet diese zudem generell als offensichtlich untauglich. Sie ist der Ansicht, dass die Anordnung von Distanzunterricht eine Schulschließung darstelle, die gegen § 28a Abs. 8 Nr. 7 IfSG und damit gegen höherrangiges einfaches Bundesrecht verstoße.


Der Verfassungsgerichtshof hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen überschlägigen Prüfung ist nicht davon auszugehen, dass ein etwaiger Antrag in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet oder gar offensichtlich begründet sein wird. Es ist insbesondere nicht offensichtlich, dass der Verordnungsgeber bei Erlass der angegriffenen Reglungen den Rahmen der ihm im Infektionsschutzgesetz eingeräumten Ermächtigungsgrundlage überschritten hat. Eine nach § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 7 IfSG untersagte flächendeckende Aussetzung des Präsenzunterrichtes ist nach überschlägiger Prüfung von der angegriffenen Verordnung bei Zugrundelegung der amtlichen Begründung nicht erfasst.


Nach der demnach gebotenen Folgenabwägung überwiegen die nachteiligen Folgen, die ohne die einstweilige Anordnung für den Fall des Obsiegens in einer etwaigen Hauptsache zu erwarten sind, nicht deutlich die nachteiligen Folgen, die sich bei Erlass der einstweiligen Anordnung für den Fall der Erfolglosigkeit in der Hauptsache ergeben. Von der Befugnis, nach § 26 Abs. 1 ThürVerfGHG den Vollzug einer in Kraft getretenen Norm auszusetzen, ist wegen des erheblichen Eingriffs in die Gestaltungsfreiheit des Normgebers nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch zu machen. Die Antragstellerin hat zudem nicht schlüssig dargelegt, dass Anordnungen zur Schulorganisation durch das für das Schulwesen zuständige Ministeriums nach § 26a Abs. 1 und 2 Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung zu schwerwiegenden und nicht wiedergutzumachenden Eingriffen in die Grundrechte der Schüler führen.

Quelle: Thüringer Verfassungsgerichtshof, Pressemitteilung vom 14. Januar 2022

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