Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hat die durch den Landkreis Görlitz erhobene Normenkontrolle auf kommunalen Antrag gegen Vorschriften des Dritten Gesetzes zu den Finanzbeziehungen zwischen dem Freistaat Sachsen und seinen Kommunen vom 31. März 2021 (SächsGVBl. S. 411) durch Beschluss vom 25.April 2024 verworfen. 


Nach Art. 87 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist der Freistaat Sachsen verpflichtet, durch Zuwendungen im kommunalen Finanzausgleich sicherzustellen, dass die Träger der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 82 Absatz 2 Satz 1 SächsVerf (Gemeinden, Landkreise und andere Gemeindeverbände) ihre Aufgaben erfüllen können. Die hierzu erforderliche finanzielle Grundausstattung erfolgt u.a. durch einen kommunalen Finanzausgleich, dabei werden die vorhandenen Einnahmen der Gemeinden und Landkreise, etwa aus eigenen Steuern und Gebühren oder aus der Kreisumlage, durch Landeszuweisungen ergänzt (sogenannter vertikaler Ausgleich). Zentrale landesrechtliche Vorschriften für den kommunalen Finanzausgleich sind das Sächsische Finanzausgleichsgesetz (SächsFAG) und das Gesetz über die Festlegung der Finanzausgleichsmassen und der Verbundquoten, welches alle zwei Jahre fortgeschrieben wird (Finanzausgleichsmassengesetz– FAMG). 

Das SächsFAG bestimmt die grundsätzlichen Regeln und Berechnungsmodalitäten des Finanzausgleichs. Dabei soll sichergestellt werden, dass sich die Finanzkraft je Einwohnerin oder Einwohner der Kreisfreie Städte, Landkreise und kreisangehörige Gemeinden gleichmäßig entwickelt. Hierzu werden beispielsweise Zuweisungen erhöht oder reduziert. Die Bemessung des Finanzbedarfs der Landkreise untereinander wird nach der Höhe der Einnahmen aus der Kreisumlage und seiner auf die Einwohnerin und Einwohner sowie die Schülerinnen und Schüler bezogenen durchschnittlichen Bedarfe festgelegt. Ein wesentliches Berechnungselement ist die Einwohnerzahl des Landkreises (sogenannter Hauptansatz). 
Das FAMG legt jeweils für zwei Jahre, nach Jahren getrennt, fest, welche prozentualen Anteile des Freistaates aus seinem eigenen Steueraufkommen aus Bundes- und Landessteuern sowie besonderen Zuweisungen für den kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung gestellt werden. Diese sogenannte Finanzausgleichsmasse wird betragsmäßig festgesetzt.

Beginnend ab 2009 erhielt der Antragsteller im Rahmen des Finanzausgleichs zunächst besondere, auf sieben Jahre abschmelzende Bedarfszuweisungen, ab 2016 bis zum Jahr 2020 wurde die Einwohnerzahl bei der Berechnung der Zuwendungen mit 4,08 Prozent vervielfältigt und dem Hauptansatz hinzugezählt (sog. Nebenansatz). Hintergrund dieser begünstigenden Regelungen waren die aufgrund der Kreisgebietsneugliederung zum 1. Januar 2009 entstandenen Mehrbelastungen, etwa dadurch, dass die bis dahin von der Kreisfreien Stadt Görlitz wahrgenommenen Aufgaben durch den neugebildeten Landkreis Görlitz übernommen wurden. Ausgeglichen werden sollten zudem weitere strukturelle Besonderheiten wie die flächenmäßige Ausdehnung bei geringer Einwohnerdichte, ein überproportionaler Bevölkerungsschwund sowie die geografische Randlage. 

Durch die Neuregelung ist ab 2021 die Vervielfältigung des Hauptansatzes entfallen, zugleich wurde die Aufteilung der finanziellen Zuwendungen für die Landkreise neu gefasst. Hierdurch sieht sich der antragstellende Landkreis in seinem Recht auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 84 Abs. 1 SächsVerf und in seinem kommunalen Finanzausstattungsanspruch nach Art. 87 Absatz 1 und Absatz 3 SächsVerf verletzt.


Der Antrag war unzulässig. Der Antragsteller hat die Möglichkeit, durch die gesetzlichen Änderungen in seinen Rechten verletzt zu sein, nicht ausreichend begründet.

Soweit er sich gegen die Festsetzung der Höhe der Finanzausgleichsmasse wendet, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den anerkannten Berechnungsmethoden, zudem wurde nicht deutlich genug aufgezeigt, dass die behauptete Unterfinanzierung eine direkte Folge der durch den Gesetzgeber festgesetzten Höhe der Finanzausgleichsmasse ist.
Auch eine mögliche Rechtsverletzung durch die Streichung des Nebenansatzes wurde nicht schlüssig aufgezeigt. Es wäre erforderlich gewesen, neben einer detaillierten Aufgabenbeschreibung auch deren Finanzierungsbedarf unter Berücksichtigung der Höhe der Einnahmen und der vollständigen Erschöpfung bestehender Einnahmemöglichkeiten konkret zu beschreiben. Insbesondere wegen eines in den Jahren 2019 und 2020 erzielten Überschusses hätte der Antragsteller zudem erläutern müssen, inwieweit die behauptete Unterfinanzierung ab dem Jahr 2021 ursächlich auf dem Wegfall des Nebenansatzes beruht. 
Die Ausführungen zur möglichen Verletzung seines Rechts auf Selbstverwaltung oder zu einem Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot genügen ebenfalls nicht den Begründungsanforderungen.


Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht, weil der unzulässige Antrag durch einstimmigen Beschluss verworfen wurde.

Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen – Vf. 19-VIII-22

(c) VerfGH Sachsen, 13.05.2024

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