Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, der in besonderen Eilfällen selbst zur Entscheidung berufen ist, hat am 30. Oktober 2023 zwei Eilanträge (den einen in vollem Umfang, den anderen, soweit ein Bedürfnis für eine sofortige Entscheidung bestand) abgewiesen, die im Zusammenhang mit einem gegen einen neu gewählten Abgeordneten der AfD-Landtagsfraktion bestehenden Haftbefehl stehen.
In dem ersten betroffenen Verfahren (Vf. 58-IVa-23) begehrt die AfD-Landtagsfraktion (Antragstellerin) in der Hauptsache die Feststellung, dass die Präsidentin des Bayerischen Landtags (Antragsgegnerin) verfassungsmäßig gewährleistete Oppositionsrechte der Antragstellerin verletzt hat. Dies soll dadurch erfolgt sein, dass die Antragsgegnerin auf eine Aufforderung der Antragstellerin vom Sonntag, den 29. Oktober 2023, die eine Fristsetzung bis 12:00 Uhr am selben Tag enthielt, der Antragstellerin eine von dieser gewünschte Zusicherung nicht gab. Diese hätte in einer Bestätigung bestehen sollen, dass die Antragsgegnerin in ihrem polizeirechtlichen Zuständigkeitsbereich im Landtag (Art. 21 BV) den Haftbefehl „nicht vollstrecken lassen“ werde. Die Antragstellerin meint, die Antragsgegnerin sei zu dieser Zusicherung sowie zur Zusage, dass sie auch keine Genehmigung zu einer Verhaftung nach Art. 29 Abs. 2 BV analog erteilen werde, verpflichtet gewesen. Mit ihrem Eilantrag begehrt sie, die entsprechende Feststellung „einst-weilen bis zur Entscheidung in der Hauptsache“ zu treffen. Der Eilantrag, der auf einstweiligen Rechtsschutz noch vor der konstituierenden Sitzung des Landtags am 30. Oktober 2023 zielte, blieb schon deswegen ohne Erfolg, weil der Antrag in der Hauptsache mangels Antragsbefugnis offensichtlich unzulässig ist. Die Antragstellerin hat eine Rechtspflicht der Antragsgegnerin zur Abgabe der begehrten Zusicherung nicht annähernd schlüssig dargelegt.
In einem weiteren Verfahren (Vf. 59-IVa-23) möchte der betroffene neu gewählte Abgeordnete (Antragsteller) mit einem isolierten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erreichen, dass die Bayerische Staatsregierung und das Bayerische Staatsministerium der Justiz (Antragsgegner) verpflichtet werden, die für das zugrundeliegende Ermittlungsverfahren zuständige Staatsanwaltschaft (vermittelt durch die zuständige Generalstaatsanwaltschaft) anzuweisen, den Haftbefehl „zurückzuziehen“. Hilfsweise sollen die Antragsgegner verpflichtet werden, für die Dauer der neuen Wahlperiode, zumindest aber für die Dauer der konstituierenden Sitzung des Landtags am 30. Oktober 2023 nebst An- und Abreisezeit, „aus dem bestehenden Haftbefehl […] nicht zu vollstrecken“. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs hat über den Antrag entschieden, soweit er auf ein Tätigwerden des Verfassungsgerichtshofs noch vor bzw. für die Dauer der konstituierenden Sitzung des Landtags abzielt, weil insoweit eine rechtzeitige Befassung der zuständigen Spruchgruppe nicht in Betracht kommt. Der Antrag blieb insoweit bereits deshalb erfolglos, weil der Antragsteller mit seinem Eilantrag Rechtsfolgen begehrt, die er selbst in einem Hauptsacheverfahren nicht zulässig erreichen könnte. Auch ist ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf das begehrte Handeln der Antragsgegner nicht ansatz-weise dargetan und es fehlt insgesamt an der konkreten Darstellung von Anträgen und/oder Inhalt eines etwa beabsichtigten Organstreits (oder auch einer hilfsweise in Betracht gezogenen Verfassungsbeschwerde) in der Hauptsache.
(c) VGH Bayern, 31.10.2023