
Gegen einen mittlerweile 40 Jahre alten Arzt, der im Palliativteam eines Pflegedienstes tätig gewesen sein soll, hat die Staatsanwaltschaft Berlin wegen 15 Fällen des Mordes aus Heimtücke und sonstigen niedrigen Beweggründen Anklage zum Landgericht Berlin I erhoben. Mit dieser strebt die Staatsanwaltschaft nicht nur eine Verurteilung nebst Feststellung der besonderen Schwere der Schuld an, sondern auch die Anordnung eines lebenslangen Berufsverbots und einer anschließenden Sicherungsverwahrung.
Der Angeschuldigte ist verdächtig, zwischen dem 22. September 2021 bis zum 24. Juli 2024 15 in der Betreuung des Pflegedienstes stehende Patientinnen und Patienten getötet zu haben. Insofern er in einigen dieser Fälle anschließend noch in deren Wohnung Feuer gelegt haben soll, um diese Tötungen zu verdecken, wurde das Verfahren bei Anklageerhebung auf die Mordvorwürfe beschränkt.
Zur Begehung der Taten soll er seinen Patientinnen und Patienten ohne medizinische Indikation und ohne deren Wissen und Zustimmung jeweils ein Narkoseeinleitungsmittel und anschließend ein Muskelrelaxans verabreicht haben. Letzteres soll zu einer Lähmung der Atemmuskulatur und so innerhalb weniger Minuten zum Atemstillstand und Tod geführt haben.
Auf diese Weise soll der Angeschuldigte laut Anklage folgende Taten begangen haben:
- Am 22. September 2021 Tötung einer 25-Jährigen in Berlin-Buckow.
- Am 24. Juni 2022 Tötung einer 70-jährigen Patientin und anschließende Brandlegung in deren Wohnung in Tempelhof.
- Am 5. September 2022 Tötung einer 56 Jahre alten Frau in deren Wohnung in Neukölln. Anschließend soll er selbst – aus Sorge vor Tatentdeckung – die Rettungskräfte verständigt, diesen gegenüber aber unzutreffend behauptet haben, mit Reanimationsmaßnahmen bereits begonnen zu haben. Den Rettungskräften soll es tatsächlich zunächst gelungen sein, die Frau wieder zu reanimieren. Sie verstarb am 8. September 2024 im Krankenhaus.
- Am 29. Januar 2024 Tötung eines 70-jährigen Mannes in dessen Wohnung in Neukölln.
- Am Vormittag des 29. März 2024 Tötung einer 83 Jahre alte Frau in Berlin-Britz.
- Am 4. April 2024 Tötung einer 61 Jahre alten Frau in deren Wohnung in Schöneberg.
- Am 29. April 2024 Tötung eines 83 Jahre alten Mannes in dessen Zimmer im Hospiz der DRK-Kliniken Köpenick.
- Am Vormittag des 30. April 2024 Tötung einer 83 Jahre alte Frau in deren Wohnung in Berlin-Gropiusstadt.
- Am Vormittag des 6. Mai 2024 Tötung einer 73 Jahre alte Frau in deren Wohnung in Köpenick.
- Am 5. Juni 2024 Tötung einer 57 Jahre alten Frau in deren Wohnung in Kreuzberg.
- Am 11. Juni 2024 Tötung einer 87-Jährigen in Neukölln. Anschließend soll er deren Wohnung in Brand gesetzt haben. Nach Eintreffen der Feuerwehr gelang es den Ret-tungskräften zunächst, die Frau zu reanimieren. Kurze Zeit später verstarb die Senio-rin jedoch im Krankenhaus.
- Am Vormittag des 8. Juli 2024 Tötung eines 75 Jahre alten Mann in dessen Wohnung in Kreuzberg.
- Ebenfalls am 8. Juli 2024, nur wenige Stunden danach, Tötung einer 76-Jährigen in deren Wohnung in Neukölln. Sein Versuch einer anschließenden Brandlegung soll dann allerdings missglückt sein, da das Feuer eigenständig erlosch. Als er dies bemerkte, soll er noch einen Angehörigen der Frau informiert und behauptet haben, dass er vor deren Wohnung stünde und auf sein Klingeln niemand reagiere.
- Eine Woche später, am 15. Juli 2024, Tötung einer 94-Jährigen in ihrer Wohnung in Neukölln und anschließende Brandlegung in ihrer Küche.
- Am 24. Juli 2024 Tötung einer 72 Jahre alte Seniorin im Ortsteil Plänterwald mit an-schließender Brandlegung in deren Wohnung.
Der Angeschuldigte befindet sich seit dem 6. August 2024 in Untersuchungshaft. Der gegen ihn ursprünglich erlassene Haftbefehl wurde im Laufe der Ermittlungen immer wieder um neue Tatvorwürfe erweitert. Zu den Tatvorwürfen hat er sich bislang nicht eingelassen.
Im Laufe der Ermittlungen zu diesem Tatkomplex erfolgten mittlerweile zwölf Exhumierungen, fünf in Hinblick auf Fälle, die Gegenstand der Anklage sind.
Die Ermittlungen werden durch eine eigens eingerichtete Ermittlungsgruppe im Morddezernat des Landeskriminalamts Berlin und der Staatsanwaltschaft Berlin geführt. Durch diese wurden insgesamt 395 Prüffälle untersucht. In 95 dieser Fälle wurde ein Anfangsverdacht bejaht und jeweils Ermittlungsverfahren eingeleitet. In fünf Fällen hat sich der Anfangsverdacht nicht erhärtet. In 75 Fällen dauern die Ermittlungen noch in einem separaten Verfahren an. Für dieses separate Verfahren sind noch fünf Exhumierungen unmittelbar geplant.
Staatsanwaltschaft Berlin, 16.04.2025