Ein unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehender Arbeitsunfall liegt nicht vor, wenn sich ein Versicherter möglicherweise auf einer Baustelle, auf der er als Polier gearbeitet hat, mit Covid-19 infiziert hat. Dies hat das Sozialgericht Osnabrück in einem Urteil vom 23.03.2023 (Aktenzeichen S 17 U 220/21) entschieden.
Die Klägerin ist die Witwe eines im Februar 2021 an Covid-19 verstorbenen Versicherten. Dieser hatte während der Woche auf Montage Arbeiten im Außenbereich im Raum Baden-Württemberg durchgeführt. Am Wochenende war er immer gemeinsam mit denselben zwei Kollegen in seine Heimat im Emsland zurückgekehrt. Mitte Januar 2021 litt der Polier an einem Mittwoch unter so starken Erkältungsbeschwerden, dass er nicht mehr weiterarbeiten konnte. Am gleichen Tag machten sich die drei Kollegen auf den Rückweg. Zurück in der Heimat wurden zunächst der Versicherte, dann dessen Ehefrau – die Klägerin -, der gemeinsame Sohn und ein Kollege des Versicherten positiv auf das Corona-Virus getestet. Im weiteren Verlauf entwickelte der Versicherte so schwere Covid-19-Symptome, dass er im Februar 2021 daran verstarb.
Die Klägerin beantragte bei der beklagten Berufsgenossenschaft die Gewährung einer Hinterbliebenenrente. Ihr Ehemann müsse sich bei seiner Tätigkeit als Polier infiziert haben. Privat habe die Familie keinerlei Kontakte gehabt, auch Coronafälle habe es in der Heimat fast gar nicht gegeben, der Einsatzort in Baden-Württemberg sei jedoch ein Hochrisikogebiet gewesen.
Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung der Infektion als Arbeitsunfall ab. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass es keine Infektionsfälle auf der Baustelle oder im Hotel, in dem der Polier und seine Kollegen untergebracht gewesen seien, gegeben habe. Ein intensiver Kontakt mit einer sogenannten Indexperson habe nicht zweifelsfrei beweisen werden können.
Das Sozialgericht Osnabrück hat nun diese Auffassung der Beklagten bestätigt. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, es sei zwar möglich, dass der Ehemann der Klägerin sich bei Arbeiten auf der Baustelle infiziert habe, zweifelsfrei bewiesen als alleinige Möglichkeit sei dies jedoch nicht. Nach den Beweisregeln der gesetzlichen Unfallversicherung muss dieser Beweis aber von der Klägerin erbracht werden. Gerade im Hinblick darauf, dass auf der Baustelle keine positiven Fälle dokumentiert sind, reicht allein der Aufenthalt des Poliers in einem Hochrisikogebiet und die damit verbundene Möglichkeit einer Covid-Infektion nicht aus, um einen Arbeitsunfall anerkennen zu können.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Quelle: Sozialgericht Osnabrück, Pressemitteilung vom 19. April 2023