Das Sozialgericht Hannover hat am 31. Januar 2024 entschieden, dass eine gesetzliche Krankenkasse verpflichtet ist, einem Krankenhaus die Behandlungskosten in Höhe von ca. 20.000,00 € für einen entwichenen Häftling zu erstatten. Der Fall bezieht sich auf einen Vorfall aus dem Jahre 2016, als der Häftling nach Vollzugslockerungen nicht in die Justizvollzugsanstalt zurückkehrte, sondern bei einem – in angenommener suizidaler Absicht – verschuldeten Verkehrsunfall schwer verletzt wurde und noch am Aufnahmetag im Krankenhaus seinen Verletzungen erlag.
Das klagende Krankenhaus vertrat die Auffassung, der Strafvollzug im Rahmen des offenen Vollzuges sei durch die Flucht unterbrochen worden. Der Verletzte habe deshalb zum Behandlungszeitpunkt keinen Anspruch auf Gesundheitsfürsorge durch die Vollzugsbehörde gehabt. Da nach dem Gesetz kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall bestanden habe, sei der Verletzte aufgrund der Auffangpflichtversicherung bei der beklagten Krankenkasse, bei der der Verletzte vor seiner Inhaftierung aufgrund einer Beschäftigungpflichtversichert war, pflichtversichert gewesen.
Die Kammer entschied zugunsten des Krankenhauses und urteilte, dass die gesetzlicheKrankenkasse, die Behandlungskosten zu erstatten habe. Der Häftling sei mit seinem Entweichen aus dem offenen Vollzug in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig gewesen. Denn er habe keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall gehabt. Dieser anderweitige Anspruch auf Gesundheitsfürsorge durch die Vollzugsbehörde, derbei Urlaub oder Ausgang bestehe, habe durch seine Flucht geendet. Die Justizverwaltung hatte keinerlei amtlichen Gewahrsam mehr. Eine polizeiliche Festnahme, die die Fortsetzung des Strafvollzugs hätte begründen können, konnte nicht mehr stattfinden.
Sozialgericht Hannover, Urteil vom 31.01.2024, Az. S 11 KR 285/19 KH (rechtskräftig)