Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht hat gestern entschieden, dass eine Vorlage des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts, mit der die Verfas- sungsmäßigkeit einer Regelung im Informationszugangsgesetz (IZG) geklärt werden sollte, unzulässig ist (Az. LVerfG 4/22). Der Vorlagebeschluss genügt nicht den gesetzli- chen Anforderungen.
Der Kläger des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht will auf der Grundlage des Informationszugangsgesetzes Einsicht in eine Liste der vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtags in einer vergangenen Legislaturperiode im Auftrag einer oder mehrerer Fraktionen erstellten Gutachten erhalten. Die Präsidentin des Landtags ist der Auffas- sung, dass dies gesetzlich ausgeschlossen sei, weil der Landtag keine informationspflich- tige Stelle sei, soweit er parlamentarische Aufgaben wahrnehme.
Nach der gesetzlichen Regelung (§ 2 Abs. 4 Nr. 1 IZG) ist der Landtag keine informati- onspflichtige Stelle, soweit er parlamentarische Aufgaben wahrnimmt. Dazu zählt nach der Vorschrift auch die gutachterliche und rechtsberatende Tätigkeit im Auftrag einer oder mehrerer Fraktionen. Das Oberverwaltungsgericht hält diese Regelung für unvereinbar mit der Transparenzregelung in Art. 53 der Landesverfassung (LV), weil dadurch der Zu- gang zu der hier begehrten Information ausgeschlossen ist. Es hat deshalb sein Verfah- ren ausgesetzt und die Frage der Verfassungsmäßigkeit dem Landesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Über diese Frage konnte das Landesverfassungsgericht wegen der Unzulässigkeit der Vorlage nicht abschließend entscheiden. Es hat jedoch darauf hingewiesen, dass keine Anhaltspunkte für einen Verfassungsverstoß ersichtlich sind. Das in Art. 53 LV enthaltene Transparenzgebot dient der Kontrolle der Verwaltung. Die gutachterliche und beratende
Tätigkeit des Wissenschaftlichen Dienstes im Auftrag der Fraktionen ist aber nicht der Verwaltung zuzuordnen. Abgesehen davon lässt Art. 53 LV dem Gesetzgeber einen sehr weitgehenden Gestaltungsspielraum. Es ist nicht erkennbar, dass dieser Spielraum mit dem Ausschluss der parlamentarischen Aufgabenwahrnehmung des Landtags ein- schließlich der gutachterlichen oder rechtsberatenden Tätigkeit im Auftrag einer oder mehrerer Fraktionen überschritten wurde.
Quelle: Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein, Pressemitteilung vom 27. April 2023