Die Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgerichtsbarkeit hat ihren Geschäftsbericht 2024 im Rahmen eines Jahrespressegesprächs vorgestellt. Daraus wird vor allem deutlich, dass die Eingangszahlen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit in beiden Instanzen erneut drastisch gestiegen sind und sich dieser Trend 2025 fortsetzt. Sorgen bereiten die offenen Richter-Stellen, die dringend nachbesetzt werden müssten, um die vielen Verfahren zeitnah zu bearbeiten. 

Eine genaue Betrachtung der Zahlen zeigt, dass die Eingänge neuer Verfahren beim Verwaltungsgericht im Vergleich zum Vorjahr um knapp 20 % auf 7.036 angestiegen sind. Dabei handelt es sich um den dritten Anstieg der Eingangszahlen in Folge seit 2022 und einen absoluten Spitzenwert im zurückliegendenFünfjahreszeitraum. Die Ursache liegt in dem deutlichen Anstieg der Asylverfahren um knapp 30 % auf 3.867. Die eingangsstärksten Asylländer waren die Türkei mit 974 Verfahren, gefolgt von Syrien, Afghanistan und dem Irak mit jeweils circa 500 Verfahren. Dieser Trend setzt sich im ersten Quartal des laufenden Jahres 2025 deutlich fort. So gingen bis zum 31. März 2025 bereits insgesamt 1.890 Asylverfahren ein. Das ist jetzt schon beinahe die Hälfte der 2024 insgesamt eingegangenen Asylverfahren.Trotz der hohen Eingangszahlen ist es dem Verwaltungsgericht gelungen, höhere Erledigungsquoten als im Vorjahreszeitraum zu erreichen und auch die durchschnittliche Verfahrensdauer auf unter ein Jahr zu senken. Hier machte sich vor allem die Wiederinbetriebnahme von vier Sitzungssälen im Gerichtsgebäude positiv bemerkbar. Dennoch wirkt sich die deutliche personelle Unterdeckung bei gleichzeitig gestiegenen Eingangszahlen am Verwaltungsgericht aus; die Bestandszahlen sind nämlich um knapp 10 % gestiegen. Aktuell führen Altersabgänge der letzten Jahre und Probleme bei der Nachwuchsgewinnung zu vielen unbesetzten Stellen im richterlichen Dienst am Verwaltungsgericht und am Oberverwaltungsgericht.

Wie bereits am Verwaltungsgericht haben sich auch am Oberverwaltungsgericht 2024 die Eingangszahlen massiv erhöht, nämlich um gut 23 % auf 1.016 Verfahren. Auch hier liegt der dritte Anstieg in Folge seit 2022 vor. Da der zahlenmäßige Schwerpunkt des Oberverwaltungsgerichts in der Zuständigkeit für Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts liegt, wirken die hohen Eingangszahlen vom Verwaltungsgericht fort. Das Asylrecht war mit gut 40 % auch hier größter Anteil der Neueingänge, wobei wiederum die meisten Asylverfahren die Türkei betrafen. Aufgrund der am Oberverwaltungsgericht deutlich besseren Personalausstattung konnten die Bestände gegenüber dem Vorjahr leicht gesenkt werden; diese sind aber mit 1.063 Verfahren nach wie vor hoch. Trotz der inzwischen guten Personalausstattung wirkt hier die zwischenzeitliche personelle Unterdeckung strukturell fort. Hinzu kommt, dass die Verfahren, für die das Oberverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig ist, häufig besonders aufwändig sind, weil sie zum Beispiel wichtige Infrastrukturvorhaben betreffen.

Die Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts, Maren Thomsen, und der Präsident des Verwaltungsgerichts, Dr. Malte Sievers, zeigten sich vor dem Hintergrund der Personalausstattung des Verwaltungsgerichts besorgt angesichts der steigenden Eingangszahlen. Maren Thomsen äußerte hierzu: „Wir hoffen sehr, dass das Ministerium die aktuell mehr als 10 offenen Richterstellen zeitnah nachbesetzen kann.“

OVG Schleswig-Holstein, 10.04.2025

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