Das von der Landesregierung in der Frühphase der Corona-Pandemie verhängte Verbot von Einreisen nach Schleswig-Holstein aus touristischem Anlass oder zu Freizeitzwecken war in der Zeit vom 2. April 2020 bis zum 18. April 2020 rechtmäßig. Das hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht gestern entschieden und die Anträge eines Hamburger Rechtsanwalts auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme in den SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnungen vom 2. April 2020 und vom 8. April 2020 abgelehnt (Az. 3 KN 1/20 und 3 KN 5/20).
Der Antragsteller hatte vorgetragen, dass er insbesondere während der Ostertage zum Angeln an die schleswig-holsteinische Küste habe fahren wollen. Durch die Untersagung der Einreise nach Schleswig-Holstein zu touristischen und zu Freizeitzwecken sei er daran gehindert und dadurch in seinen Grundrechten verletzt worden.
Die Vorsitzende des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts, Vizepräsidentin Birgit Voß-Güntge, erläuterte bei der Urteilsverkündung, dass der Antrag zulässig sei, obwohl die angegriffenen Verordnungen mittlerweile außer Kraft getreten seien. Es habe sich schon wegen der hohen Zahl möglicher Betroffener um einen gewichtigen Grundrechtseingriff gehandelt, sodass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse auch an der nachträglichen Überprüfung der Maßnahme habe geltend machen können.
Der Antrag sei jedoch unbegründet, so Voß-Güntge weiter. Das Infektionsschutzgesetz in seiner damals geltenden Fassung sei eine ausreichende gesetzliche Grundlage für den Erlass des Einreiseverbots gewesen. Dieses sei auch ausreichend bestimmt formuliert gewesen. Unsicherheiten beim Vollzug der Vorschrift, über die damals auch die Medien berichtet hatten, führten deshalb nicht zu Rechtswidrigkeit der Vorschrift selbst.
Das Einreiseverbot zu touristischen und zu Freizeitzwecken sei auch eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des Infektionsschutzgesetzes gewesen. Es habe dazu gedient, Leben und Gesundheit des Einzelnen wie der Gemeinschaft vor den Gefahren des Coronavirus zu schützen. Es habe angesichts der damaligen Pandemielage, die sich aus den Berichten und Veröffentlichungen des Robert-Koch-Instituts aus jener Zeit ergebe, auch auf einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage beruht.
Das Einreiseverbot sei auch zur Bekämpfung des Coronavirus geeignet, erforderlich und angemessen und damit verhältnismäßig gewesen. Dadurch sei die Zahl möglicher Kontakte entsprechend den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts insbesondere angesichts der in diesem Zeitraum liegenden Osterferien reduziert worden. Die bestehenden Kontaktbeschränkungen und Hygienemaßnahmen seien kein ebenso effizientes Mittel gewesen, potentielle Kontakte zu verhindern. Durch diese Maßnahmen allein habe das Ansteckungsrisiko zwar verringert, jedoch nicht vollständig ausgeschlossen werden können.
Das Einreiseverbot zu touristischen und zu Freizeitzwecken sei zwar durchaus ein gewichtiger Grundrechtseingriff gewesen. Dieser habe jedoch Gemeinwohlzielen von überragender Bedeutung, nämlich dem Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung vor Corona, gedient. Die Landesregierung habe angesichts der Gefahrenlage bei Erlass der Verordnungen davon ausgehen dürfen, dass dringender Handlungsbedarf zum Schutz dieser Gemeinwohlbelange bestanden habe. Durch die Beschränkung des Verbots auf jedenfalls vorübergehend verzichtbare Einreisen habe die Landesregierung einen angemessenen Ausgleich zwischen den Grundrechten der Betroffenen und dem Schutz der Bevölkerung getroffen. Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe können die Beteiligten dort Beschwerde gegen die Nichtzulassung einlegen.
(c) OVG Schleswig-Holstein, 14.11.2023