
Die Klage des südpfälzischen Vereins „Bürgerinitiative Bienwald – für das bessere Verkehrskonzept“ gegen zwei Planfeststellungsbeschlüsse für den Bau eines Rad- und Gehweges durch Teile des Bienwaldes ist unbegründet. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Der Kläger wendet sich gegen zwei Planfeststellungsbeschlüsse des Landesbetriebs Mobilität für den Ausbau der Landesstraße (L) 545 durch Anfügung eines straßenbegleitenden Rad- und Gehwegs in zwei Abschnitten zwischen den Gemeinden Steinfeld und Scheibenhardt nahe der deutsch-französischen Grenze. Die L 545 verläuft in den beiden Abschnitten weitgehend innerhalb des FFH-Gebiets „Bienwaldschwemmfächer“ sowie des Europäischen Vogelschutzgebiets „Bienwald und Viehstrichwiesen“.
Der Kläger ist eine Bürgerinitiative in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, der sich nach seiner Satzung insbesondere für die Förderung eines umweltorientierten Verkehrskonzepts mit Maßnahmen gegen die Zerstörung wertvoller Landschaften und Naturräume einsetzt. Zum Zeitpunkt der Erhebung seiner Klage gegen die beiden Planfeststellungsbeschlüsse im Januar 2021 war über seinen Antrag auf Anerkennung als klagebefugter Umweltverband nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz noch nicht entschieden. Das zuständige Landesministerium erkannte den Kläger im Februar 2021 als Umweltvereinigung mit räumlicher Beschränkung an.
Der Senat wies die Klage durch Urteil vom 4. August 2021 als unzulässig ab, weil die Verbandsklagebefugnis des Klägers im Zeitpunkt seiner Klageerhebung noch nicht vorgelegen habe. Auf die Revision des Klägers hob das Bundesverwaltungsgericht dieses Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurück, weil die zur Verbandsklagebefugnis erforderliche Anerkennung als zur Einlegung von Rechtbehelfen befugte Umweltvereinigung erst spätestens im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bzw. Entscheidung des Gerichts vorliegen müsse (Urteil vom 14. September 2022, Az. 9 C 24.21).
In dem fortgesetzten Verfahren machte der Kläger im Wesentlichen weiterhin geltend, für das Vorhaben bestehe angesichts des gut ausgebauten Wegenetzes kein Bedarf. Wegen bestehender Alternativen sei der gravierende Eingriff in Natur und Landschaft nicht zulässig. Vor allem sei das Projekt mit Schutzzweck und Erhaltungszielen des FFH- und des Vogelschutzgebiets nicht vereinbar. Das Verkehrsaufkommen rechtfertige keine getrennte Führung von Kraftfahrzeugen und Radverkehr.
Das Oberverwaltungsgericht wies die Klage nunmehr als unbegründet ab. Zwar bestünden an der Zulässigkeit der Klage aufgrund der bindenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts keine Bedenken mehr. Die Klage habe jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn die angefochtenen beiden Planfeststellungsbeschlüsse hielten in jeder Hinsicht der rechtlichen Überprüfung stand, so dass der Kläger als klageberechtigter Umweltverband weder deren Aufhebung noch deren Außervollzugsetzung verlangen könne.
So verfüge der Ausbau der L 545 durch Anlegung eines straßenbegleitenden Rad- und Gehweges über die erforderliche Planrechtfertigung. Das Vorhaben diene der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, weil es zu einer Entflechtung von motorisiertem und nicht motorisiertem Verkehr auf der derzeit teilweise weniger als 4 m breiten Fahrbahn führe. Es liege auf der Hand, dass mit dem Neubau eines von der äußerst schmalen Fahrbahn abgesetzten kombinierten Geh- und Radwegs das Konfliktpotential für Radfahrer und Fußgänger mit dem Kfz-Verkehr deutlich gemindert werde.
Die Planfeststellungsbeschlüsse stünden in beiden Abschnitten auch mit den zwingenden Vorschriften des europäischen und nationalen Naturschutzrechts im Einklang. Das Vorhaben führe insbesondere nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des Schutzzwecks und der Erhaltungsziele der beiden Schutzgebiete des Europäischen Netzes Natura 2000, innerhalb deren die Straße verlaufe. Vielmehr hätten die im Auftrag des Landesbetriebes Mobilität durchgeführten Verträglichkeitsprüfungen in überzeugender Weise ergeben, dass das Projekt des Anbaus eines straßenbegleitenden Rad- und Gehweges an einer bereits vorhandenen Landesstraße weder hinsichtlich des Europäischen Vogelschutzgebietes „Bienwald und Viehstrichwiesen“ noch hinsichtlich des Fauna-Flora-Habitat(FFH)-Gebietes „Bienwaldschwemmfächer“ zu erheblichen Beeinträchtigungen führen werde. Das Vorhaben sei darüber hinaus aufgrund der hierzu vorgesehenen Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen auch mit den Vorgaben des europäischen und nationalen Artenschutzrechts vereinbar.
Die Straßenplanungsbehörde habe schließlich auch zutreffend entschieden, dass es zur Planung eines straßenbegleitenden Rad- und Gehwegs an der L 545 keine zumutbaren Alternativen gebe, um den Projektzweck der Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen der betroffenen öffentlichen und privaten Belange, insbesondere des Naturschutzes, zu erreichen. So seien die namentlich vom Kläger favorisierten alternativen Wegeführungen über bestehende Wald- und Wirtschaftswege sogar eher als die Ergänzung der bereits bestehenden Landesstraße um einen straßenbegleitenden Rad- und Gehweg geeignet, erhebliche Störwirkungen erhaltungszielbestimmender Tierarten sowie Beeinträchtigungen sensibler Lebensräume herbeizuführen, weil der nicht unerhebliche Rad- und Fußgängerverkehr, der bisher über die vorhandene bituminös befestigte Fahrbahn der L 545 laufe, über diese Alternativrouten erstmals auf abseits durch den Wald und andere von nennenswertem Radverkehr bisher verschonte Naturlandschaften verlagert würde. Diese Wege müssten hierfür zudem erst baulich und sicherheitstechnisch ertüchtigt werden, was ebenfalls nicht ohne Eingriffe in Natur und Landschaft möglich wäre.
Urteil vom 22. Januar 2025, Aktenzeichen: 8 C 10217/21.OVG
OVG Rheinland-Pfalz, 26.02.2025