Das Oberverwaltungsgericht hat heute einen Eilantrag abgelehnt, der darauf abzielte, die von der Stadt Meerbusch für einen Teilbereich der Landesstraße 137 erlassene Anordnung von Tempo 30 während der Nachtzeit vorläufig aufzuheben, und damit die vorangegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Im Dezember 2018 beschloss der Rat der Stadt Meerbusch einen Lärmaktionsplan, der auf fünf lärmbelasteten innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen („Belastungsachsen“) die Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen vorsieht. Der nachträglich beteiligte Landesbetrieb Straßenbau NRW erstellte eine schalltechnische Untersuchung und befürwortete mit Blick auf deren Ergebnisse die geplante Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h nur in Bezug auf die Achse „Moerser Straße / Düsseldorfer Straße / Neusser Straße“ in Büderich, allerdings beschränkt auf den Streckenabschnitt zwischen den Knotenpunkten Neusser Straße / Römerstraße und Moerser Straße / Am Pützhof und auch nur in Bezug auf die Nachtzeit (22 bis 6 Uhr). Dieser Stellungnahme folgte das Straßenverkehrsamt der Stadt Meerbusch. Die entsprechenden Verkehrszeichen wurden im Februar 2021 aufgestellt. Im Mai 2022 entschied das Verwaltungsgericht Düsseldorf, die Beschränkung auf Tempo 30 sei rechtswidrig, und gab der Stadt Meerbusch auf, den Landesbetrieb Straßenbau NRW anzuweisen, die aufgestellten Verkehrszeichen vorläufig zu entfernen bzw. unwirksam zu machen.
Auf die Beschwerde der Stadt hat der 8. Senat diesen Beschluss geändert und zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die auf die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) gestützte Anordnung nicht offensichtlich rechtswidrig. Die für die Anordnung erforderliche besondere Gefahrenlage dürfte in Bezug auf Lärmeinwirkungen bestehen. An dem betroffenen Straßenabschnitt wird der nach den Lärmschutz-Richtlinien für den Straßenverkehr maßgebliche Grenzwert von 60 dB(A) nachts allein aufgrund des Straßenverkehrslärms mindestens an einem Viertel der Gebäude überschritten. Auf die in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Lärmaktionsplan die Straßenverkehrsbehörde binden kann, kommt es hier nicht an. Nach Aktenlage ist nämlich davon auszugehen, dass die Anordnung der Geschwindigkeitsbegrenzung auf einer Ermessensentscheidung der Stadt Meerbusch beruht. Die Stadt Meerbusch hat unter Berücksichtigung des neuen Lärmgutachtens und der vom Landesbetrieb Straßenbau NRW geäußerten Einwände eine eigenständige, vom Lärmaktionsplan abweichende Entscheidung getroffen. Ob die hier getroffene Ermessensentscheidung in jeder Hinsicht den rechtlichen Anforderungen genügt, muss der weiteren Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die Verkehrsbedeutung der betreffenden Straße als Ortsdurchfahrt einer Landesstraße steht der Anordnung von Verkehrsbeschränkungen zum Schutze der Wohnbevölkerung allerdings nicht grundsätzlich entgegen.
Die bei offenen Erfolgsaussichten erforderliche Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Die Aufrechterhaltung der Anordnung von Tempo 30 beträfe ihn, da er seinen Hauptwohnsitz nicht mehr in Meerbusch hat, nur gelegentlich. Der dabei entstehende geringfügig erhöhte Zeitaufwand erscheint für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens zumutbar. Im Falle einer vorläufigen Aufhebung jedoch müssten die (zahlreichen) Anwohner des auch nachts stark von Verkehrslärm betroffenen Streckenabschnitts auf eine Verbesserung zum Schutz ihrer Gesundheit verzichten.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Aktenzeichen: 8 B 661/22 (I. Instanz: VG Düsseldorf 6 L 1011/22)
Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 18. August 2022