Für das Abstellen von E-Scootern im öffentlichen Straßenraum im sogenannten Free-Floating-System darf die Stadt Köln von den Betreibern Sondernutzungsgebühren erheben. Die pauschale Festsetzung einer Jahresgebühr für E-Scooter bei einer nur fünfmonatigen Nutzung ist hingegen rechtswidrig. Das hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 26.10.2023 im Hauptsacheverfahren entschieden und damit seinen Eilbeschluss vom 11.05.2023 bestätigt (vgl. die Pressemitteilung vom 12.05.2023).
Die Firma TIER hatte unter dem 27.07.2022 für die Zeit bis zum 31.12.2022 bei der Stadt Köln einen Antrag auf Nutzung des öffentlichen Straßenraums für den Betrieb von E-Scootern im Rahmen eines Verleihsystems gestellt. Daraufhin setzte die Stadt Sondernutzungsgebühren für 3.600 Fahrzeuge von insgesamt 383.000,- Euro fest. Sie stützte sich dabei auf ihre Sondernutzungssatzung, die die Festsetzung einer Jahresgebühr unabhängig von der Dauer der Nutzung vorgibt. Das Verwaltungsgericht Köln hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen und wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zum Oberverwaltungsgericht zugelassen. Die Berufung der Firma TIER hatte nun beim Oberverwaltungsgericht Erfolg.
Zur Begründung seines Beschlusses hat der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts ausgeführt: Für das Abstellen von E-Scootern im öffentlichen Straßenraum in der von der Firma TIER praktizierten Weise dürfen Sondernutzungsgebühren erhoben werden. Es handelt sich um eine Sondernutzung, nicht um Gemeingebrauch der Straße, weil das Abstellen nicht vorwiegend der späteren Wiederinbetriebnahme der E-Scooter und damit Verkehrszwecken dient. Im Vordergrund steht vielmehr der verkehrsfremde Zweck, den Abschluss eines Mietvertrags zu bewirken. Das Abstellen oder Parken von E-Scootern ist rechtlich genauso zu beurteilen wie der Senat das bereits im November 2020 für Mietfahrräder entschieden hat (vgl. die Pressemitteilung vom 20.11.2020).
Die Satzungsregelung und der betreffend E-Scooter geregelte Gebührentarif der Stadt Köln, die auch für eine unterjährige Sondernutzung – wie hier für einen Zeitraum von fünf Monaten – die Festsetzung der Jahresgebühr vorsehen, sind allerdings nichtig. Die danach grundsätzlich pauschale Festsetzung der Jahresgebühr unabhängig von der Nutzungsdauer innerhalb eines Jahres verstößt gegen das Äquivalenzprinzip, der gebührenrechtlichen Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Mit diesem Prinzip ist es nicht vereinbar, wenn eine Sondernutzungsgebühr, mit der die für ein ganzes Jahr mit der Sondernutzung verbundenen Beeinträchtigungen und die gleichzeitig verfolgten wirtschaftlichen Interessen abgegolten werden, der Höhe nach identisch ist mit der Gebühr, die bei ansonsten unverändertem Nutzungsumfang für eine nur den Bruchteil eines Jahres erfolgende Nutzung erhoben wird.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Aktenzeichen: 11 A 339/23 (I. Instanz: VG Köln 21 K 4974/23)
(c) OVG NRW, 26.10.2023