Der 10. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 16. September 2024 (Az.: 10 LA 84/24) die Anträge auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 28. Februar 2024 (Az.: 1 A 258/21) abgelehnt, mit dem dieses den Rat der Stadt Bad Gandersheim verpflichtet hatte, die dort im September 2021 stattgefundene Bürgermeisterwahl nebst Stichwahl für ungültig zu erklären.

Bei der am 12. September 2021 durchgeführten Bürgermeisterwahl der Stadt Bad Gandersheim erhielt die bisherige Amtsinhaberin 1.880 Stimmen, während auf den Zweitplatzierten und die Drittplatzierte 1.616 bzw. 1.517 Stimmen entfielen. Die daraufhin stattfindende Stichwahl am 26. September 2021 gewann die amtierende Bürgermeisterin mit 3.044 zu 2.271 Stimmen. Den vom Kläger gegen die Gültigkeit der Wahl erhobenen Einspruch wies die Gemeindewahlleiterin am 8. November 2021 aufgrund eines vorangegangen Ratsbeschlusses zurück.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 28. Februar 2024 mit im Wesentlichen der Begründung statt, die amtierende Bürgermeisterin habe mit den von ihr unmittelbar vor dem Wahltermin durchgeführten „Gesprächen über den Gartenzaun“ das für eine Amtsträgerin geltende Neutralitätsgebot im Wahlkampf verletzt und hierdurch das Wahlergebnis möglicherweise entscheidend beeinflusst. Sowohl der Rat der Stadt Bad Gandersheim als auch die wiedergewählte Bürgermeisterin beantragten gegen diese Entscheidung die Zulassung der Berufung.

Beide Anträge hat der Senat mit dem heute den Beteiligten übersandten Beschluss vom 16. September 2024 abgelehnt und das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis bestätigt. Im Wahlkampf gelte nach dem verfassungsrechtlichen Gebot der Freiheit der Wahl für kommunale Amtsträger eine strikte Neutralitätspflicht, die die Bürgermeisterin nicht eingehalten habe. Denn sie habe in amtlicher Stellung in den fünf Wochen unmittelbar vor dem Wahltermin über die von ihr in 15 Dörfern durchgeführten „Gespräche über den Gartenzaun“, für die es keine konkreten Anlässe gegeben habe, Einfluss auf die Willensbildung von Wählern ausgeübt. Mit diesen medial begleiteten Terminen, in denen sie sich über die Anliegen der Bewohner informiert und diese über den Stand bzw. die erfolgreiche Umsetzung von Vorhaben unterrichtet habe, habe sie für ihre Wiederwahl werbend den Eindruck erweckt, sie interessiere sich für die Anliegen der Bürger und werde diese auch künftig angehen. Durch dieses im Wahlkampf unzulässige Verhalten der Bürgermeisterin sei das Ergebnis der Wahl auch nicht nur unwesentlich beeinflusst worden. Hierfür sei ausreichend, dass nach der Lebenserfahrung eine konkrete Möglichkeit dafür bestehe, dass der Rechtsverstoß von entscheidendem Einfluss gewesen sein könne. Dies sei vom Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der Anlasslosigkeit sowie der Anzahl der medial begleiteten Gespräche, ihrer ortsbezogenen Themen und zeitlichen Nähe zum Wahltag im Ergebnis zutreffend angenommen worden. Eine absolute Gewissheit der Auswirkungen des Wahlfehlers auf das Ergebnis der Wahl sei weder erforderlich noch in der Regel zu erlangen.

Der Beschluss des Senats ist unanfechtbar und das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen damit rechtskräftig.

(c) OVG Niedersachsen, 18.09.2024

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