Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteil vom 25. Mai 2023 (Az.: 13 LC 287/22) die Berufung der Hansestadt Lüneburg gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 10. November 2022 (Az.: 6 A 217/21) zurückgewiesen, mit dem dieses die Hansestadt verpflichtet hatte, festzustellen, dass die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit innehat.
Zum Zeitpunkt der Geburt der Klägerin im Jahr 2019 war ihre ausländische Mutter mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Nach Scheidung der Ehe stellte das Familiengericht im Jahr 2020 auf Antrag der Mutter und der Klägerin fest, dass ihr Vater nicht der geschiedene Ehemann ist, sondern ein ausländischer Staatsangehöriger. Die von der Klägerin beantragte Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit lehnte die Hansestadt Lüneburg im Sommer 2021 mit der Begründung ab, die Klägerin habe die mit ihrer Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit durch die vor dem Familiengericht erfolgte Vaterschaftsanfechtung rückwirkend verloren.
Der hiergegen gerichteten Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Lüneburg am 10. November 2022 stattgegeben und die Hansestadt Lüneburg verpflichtet, festzustellen, dass die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit innehat. Die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft bleibe ohne Auswirkungen auf die Staatsangehörigkeit der Klägerin, da eine gesetzliche Regelung, die in diesem Fall den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit anordne, nicht existiere.
Der 13. Senat hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit seinem heutigen Urteil bestätigt und die dagegen gerichtete Berufung der Hansestadt Lüneburg zurückgewiesen. Art. 16 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) fordere eine gesetzliche Grundlage, die den Verlust der Staatsangehörigkeit ausdrücklich anordne. An einer solchen gesetzlichen Grundlage fehle es in der vorliegenden Konstellation. Die einschlägige zivilrechtliche Norm des § 1599 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) lege nur die familienrechtlichen Folgen der Vaterschaftsanfechtung fest. Die staatsangehörigkeitsrechtliche Norm des § 4 Abs. 1 Satz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) regele den Erwerb, nicht aber den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit. Der Gesetzgeber sei zwar davon ausgegangen, dass diese Regelungen nach allgemeiner hergebrachter Rechtsüberzeugung an zwei ungeschriebene Annahmen anknüpften. Danach wirke erstens die Anfechtung der Vaterschaft auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zurück, das heiße, bei erfolgreicher Anfechtung entfalle die Vaterschaft rückwirkend. Zweitens folgten die staatsangehörigkeitsrechtlichen Regelungen in vollem Umfang den familienrechtlichen Abstammungsvorschriften, das heiße die Staatsangehörigkeit entfalle bei erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung. Der Gesetzgeber habe den hiermit verbundenen Verlust der Staatsangehörigkeit aber selbst nicht ausdrücklich angeordnet. Eine solche Anordnung ergebe sich auch nicht aus § 17 StAG. Dessen Absatz 1 liste zwar verschiedene Verlustgründe auf, nenne die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung jedoch nicht. Auch Absatz 2 und Absatz 3 Satz 1 Variante 3 der Vorschrift bestimmten nur die Folgen eines in einem anderen Gesetz vorgesehenen Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit, ordneten diesen Verlust selbst jedoch nicht an.
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.