Der 1. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 30. April 2024 den Bebauungsplan Nr. 10 „Solarpark Tiste“ der Gemeinde Tiste vorläufig außer Vollzug gesetzt (Az.: 1 MN 161/23).
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan ermöglicht die Errichtung eines Solarparks mit einer Ausdehnung von etwa 2,5 x 0,3 km und einer Leistung von mehr als 50 Megawatt in der freien Landschaft auf dem Gebiet der Gemeinde Tiste (Samtgemeinde Sittensen, Landkreis Rotenburg (Wümme)). Das Plangebiet liegt im Bereich eines Wiesenvogelschutzprojekts, das insbesondere dem Schutz des vom Aussterben bedrohten Großen Brachvogels dienen soll, und ist aufgrund der flachen, von Acker- und Grünland geprägten offenen Landschaft weithin einsehbar.
Gegen den Plan hat sich der Landesverband Niedersachsen des Naturschutzbunds Deutschland gewandt. Er hat insbesondere geltend gemacht, dass die durch den Solarpark bewirkten Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, insbesondere die Auswirkungen auf Brut- und Rastvögel, weder ordnungsgemäß ermittelt noch hinreichend ausgeglichen worden seien. Insgesamt sei die Fläche zur Errichtung eines Solarparks aufgrund ihrer Bedeutung für den Vogelschutz nicht geeignet.
Diesen Einwänden ist der Senat in weiten Teilen gefolgt. Die Wahl des Standorts sei als solche zwar voraussichtlich nicht zu beanstanden. Aufgrund der dort bewirkten gravierenden Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und der Funktion als Lebensraum für zum Teil stark gefährdete Brut- und Rastvögel bedürfe es aber weitergehender Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, als sie der Plan bislang vorsehe. Die Annahme der Gemeinde in der Begründung des Plans, die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sei weitgehend ohne Ausgleichsmaßnahmen, insbesondere ohne verbindliche Eingrünung zulässig, sei fehlerhaft. Ebenso fehlerhaft sei ihre Annahme, die Beeinträchtigung der Funktion der Fläche als Lebensraum für Vögel sei dadurch ausgeglichen, dass sich unter den Solarmodulen Grünland entwickeln solle. Denn von Solarmodulen überdecktes Grünland sei als Lebensraum für gefährdete Vogelarten kaum geeignet. Zudem sei dessen Entwicklung aufgrund unzureichender Festsetzungen in dem Plan nicht gewährleistet.
Der Beschluss ist unanfechtbar. Die Gemeinde hat die Möglichkeit, die festgestellten Mängel in einem ergänzenden Verfahren zu beheben.
(c) OVG Niedersachsen, 02.05.2024