Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat mit Beschluss vom heutigen Tag (Az. 1 KM 661/21 OVG) in einem gerichtlichen Eilverfahren gegen mehrere Vorschriften der Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern (Corona-LVO M-V) dem Antrag teilweise stattgegeben und die betroffenen Vorschriften teilweise vorläufig außer Vollzug gesetzt. Die Außervollzugsetzung betrifft zum einen § 1 Abs. 2 Satz 3 Corona-LVO M-V, soweit darin die verfügbaren medizinischen Behandlungskapazitäten auf „für COVID-19-Patienten“ bezogen worden sind. Zum anderen ist die Anlage I zu § 1 Abs. 2 Corona-LVO M-V außer Vollzug gesetzt worden, soweit der Verordnungsgeber darin für das Gewichtungskriterium der „ITS-Auslastung“ auf die „für COVID-19-Patienten vorgesehenen“ ITS-Betten abgestellt und die maßgeblichen Schwellenwerte unter Verkennung der sich daraus ergebenden zusätzlichen Grundrechtsbeeinträchtigungen neu gefasst hat. Im Übrigen wurde der Antrag gegen die Vorschriften zum sog. Zwei-G-Modell abgelehnt.
Der Senat hat nach summarischer Prüfung den Eilantrag im Hinblick auf das für die risikogewichtete Einstufung nach der Verordnung auch zu beachtende Gewichtungskriterium der „ITS-Auslastung“ als begründet angesehen. Mit der Dritten Änderung der Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern sei dieser Indikator durch die neugefasste Anlage I zu § 1 Abs. 2 Corona-LVO M-V auf für COVID-19-Patienten „vorgesehene“ Betten begrenzt worden. Dabei habe der Verordnungsgeber das Gewichtungskriterium der „ITS-Auslastung“ fehlerhaft festgelegt und gegen § 28a Abs. 3 Sätze 5 und 6 Infektionsschutzgesetz verstoßen, weil er von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei und dadurch die Grenzen seines Gestaltungsspielraums überschritten habe. Zudem habe er weder die absolute Zahl der für COVID-19-Patienten nach der aktuellen risikogewichteten täglichen Einstufung durch das LAGuS in tatsächlicher Hinsicht „vorgesehenen“ 100 ITS-Betten selbst in der Landesverordnung, noch das Verfahren der dazu erforderlichen Bewertung geregelt. Eine solche Regelung sei aber von Verfassungs wegen geboten gewesen. Der Verordnungsgeber sei dazu berufen, für die Grundrechtsverwirklichung maßgebliche Regelungen selbst zu treffen.
Die das sog. Zwei-G-Modell betreffenden Regelungen der §§ 1e bis § 1f Corona-LVO M-V sowie die in § 1g Corona-LVO M-V bestimmten weiteren Maßnahmen hat der Senat dagegen für rechtmäßig erachtet und den Antrag insoweit abgelehnt. Die Vorschriften seien nach Ansicht des Senats verhältnismäßig und verstießen auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Kontaktbeschränkungen insbesondere für Ungeimpfte durch die Zwei-G-Regelungen seien als ein Baustein des Gesamtkonzeptes der Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern geeignet, das legitime Ziel, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und insbesondere eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, zu erreichen. Die Beschränkungen seien auch erforderlich, weil mildere Mittel nicht vorhanden seien, insbesondere würden das Tragen von medizinischen Atemschutzmasken und Testerfordernisse nicht ausreichen, weil diese Schutzmaßnahmen nicht gleich wirksam seien. Das Zwei-G-Modell sei auch angemessen, weil die ungeimpften Personen nicht völlig von einem Zugang zu lebenswichtigen und unaufschiebbaren Angeboten ausgeschlossen würden.
Quelle: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Pressemitteilung vom 7. Januar 2022