Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit einem heute verkündeten Urteil die Klage eines tunesischen Staatsangehörigen gegen seine Ausweisung abgewiesen. Zugleich hat es das gegen diesen verhängte zwanzigjährige Einreise- und Aufenthaltsverbot aufgehoben und die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet.
Der Kläger ist tunesischer Staatsangehöriger und ist im August 2001 mit einem Visum zu Studien- zwecken erstmals nach Deutschland eingereist. Er hat vier Kinder, die alle deutsche Staatsangehörige sind. Der Kläger ist seit 2006 als Imam in dem Islamischen Kulturzentrums Bremen e.V. (IKZ) tätig und hält dort regelmäßig Freitagsgebete ab.
Mit Bescheiden aus dem Jahr 2021 wies die Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus und verhängte ein zwanzigjähriges Einreise- und Aufenthaltsverbot. Ferner drohte sie ihm die Abschiebung nach Tunesien an. Durch seine Äußerungen habe er über einen mehrjährigen Zeitraum gegenüber diversen Gruppen im Hinblick auf deren Religion, Nationalität und Geschlecht wiederholt zum Hass aufgerufen und so das Schutzgut der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verletzt. Daneben habe er zur Unterstützung von Terrororganisationen aufgerufen.
Die hiergegen erhobene Klage des Klägers hatte in der ersten Instanz Erfolg. In dem am 18.09.2024 verhandelten Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht ein islamwissenschaftliches Sachverständigengutachten zu dem Bedeutungsgehalt einzelner Äußerungen des Klägers eingeholt.
Mit dem heute verkündeten Urteil hat das Oberverwaltungsgericht die gegen die Ausweisung gerichtete Klage abgewiesen. Der Senat sieht die in § 54 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5 AufenthG geregelten besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteressen im Fall des Klägers als gegeben an (Unterstützung einer terroristischen Vereinigung / öffentlicher Aufruf zur Gewaltanwendung / Aufruf zum Hass gegen Teile der Bevölkerung). Zugleich ergäben sich aufgrund der Umgangskontakte mit seinen Kindern besonders schwerwiegende Bleibeinteressen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG. Insoweit habe der Senat eine Abwägung vorzunehmen gehabt, die zulasten des Klägers ausgefallen sei. Das zwanzigjährige Einreise- und Aufenthaltsverbot sei hingegen rechtswidrig.
Hierüber habe die Beklagte neu zu entscheiden.
Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die Beteiligten haben die Möglichkeit, gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde zu erheben. Die Rechtsmittelfrist beginnt mit der Zustellung des vollständigen Urteils zu laufen.
OVG Bremen, Urt. v. 18.09.2024 – 2 LB 316/22
(c) OVG Bremen, 19.08.2024