Der für das Personalvertretungsrecht zuständige 6. Senat des Oberverwaltungs- gerichts der Freien Hansestadt Bremen hat mit Beschluss vom 22. Februar 2023 festgestellt, dass der von der Senatorin für Kinder und Bildung angeordnete Dist- anzunterricht der Mitbestimmung des Personalrats gemäß § 66 Abs. 1 Buchstabe b) des Bremischen Personalvertretungsgesetzes (BremPersVG) unterliegt.
Anlass für das Verfahren waren Erlasse der Bildungssenatorin für den Schulbetrieb unter Geltung der Rechtsverordnungen zum Schutz vor dem Coronavirus SARS- Cov-2, die einen Distanzunterricht für bestimmte Gruppen von Schülerinnen und Schülern sowie für bestimmte Klassen vorsahen. Der Personalrat Schulen und die Senatorin für Kinder und Bildung konnten sich über die Mitbestimmungspflichtigkeit dieser Erlasse nicht einigen. Das vom Personalrat angerufene Verwaltungsgericht hatte daraufhin festgestellt, dass die in den Erlassen enthaltene Anordnung von Distanzunterricht der Mitbestimmung unterlag. Die dagegen erhobene Beschwerde der Bildungssenatorin hat das Oberverwaltungsgericht jetzt unter Abänderung der erstinstanzlichen Feststellung zurückgewiesen. Auch nach Außerkrafttreten des ursprünglich streitgegenständlichen Erlasses sei das Feststellungsbegehren des Personalrats zulässig, denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die gleiche Streitfrage zukünftig – auch unter anderen Vorzeichen – erneut auftauche.
Die Anordnung von Distanzunterricht unterliege als „Einführung einer neuen Arbeitsmethode“ der Mitbestimmung nach § 66 Abs. 1 Buchstabe b) BremPersVG, denn der Distanzunterricht sei für Lehrkräfte eine im Vergleich zum Präsenzunterricht andere Arbeitsmethode. Der Ablauf der Unterrichtsvorbereitung und des Unterrichts sowie die dafür zu verwendenden Arbeitsmittel unterschieden sich jeweils deutlich voneinander. Die Arbeitsmethode sei auch „neu“, denn sie sei nicht schon durch die Dienstvereinbarung „itslearning“ vom 04.11.2020 eingeführt worden.
Diese Dienstvereinbarung regele lediglich die Einführung, Anwendung, Evaluierung und Weiterentwicklung einer im Unterricht – auch im Präsenzunterricht – eingesetzten Software, nicht dagegen, wann bzw. unter welchen Voraussetzungen die Arbeitsmethode „Distanzunterricht“ angewandt werden solle. Die Anordnung von Distanzunterricht wende sich nicht nur nach außen an die Schülerinnen und Schüler, sondern unmittelbar auch an die Lehrkräfte. Schließlich werde die Mitbestimmung auch nicht wegen einer gesetzlichen Regelung ausgeschlossen, denn die Frage, wann Distanzunterricht stattzufinden habe, werde derzeit nicht unmittelbar durch Gesetz oder Rechtsverordnung geregelt.
OVG Bremen, Beschluss vom 22.02.2023 – 6 LP 128/22
Quelle: Oberverwaltungsgericht Bremen, Pressemitteilung vom 8. März 2023