Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock hat heute die Rechtsfrage, ob der zwischen der Betreibergesellschaft des Ostseestadions (Ostseestadion GmbH & Co. KG) und einem Cateringunternehmen bereits im Mai 2000 abgeschlossene Cateringvertrag zur Versorgung der Gäste des Ostseestadions Bestand hat, bejaht.
Die auf die Feststellung der Beendigung des Cateringvertrages gerichtete Berufung der Ostseestadion GmbH & Co.KG hat der Senat zurückgewiesen. Soweit zwischen den Parteien auch rückständige Pacht in Höhe von 50.624,46 € streitgegenständlich war, ist die Klage nach zwischenzeitlicher Überweisung dieses Betrages durch die Beklagte an die Klägerin zurückgenommen worden.


Gründe: Der Cateringvertrag vom 05.05.2000 sei nicht durch die fristlose Kündigung der Klägerin vom 05.04.2019 zum 01.07.2019 beendet worden.


Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ohne Abmahnung gemäß § 314 Abs. 1 u. 2 BGB bzw. § 543 Abs. 1 u. 3 BGB lägen nicht vor. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Verschuldens der Beklagten, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen liege keine derart schwere Vertragsverletzung der Beklagten vor, die eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ohne Abmahnung rechtfertigen könne. Die Mitteilung zu niedriger Netto-Umsatzzahlen durch die Beklagte sei nicht vorsätzlich, sondern nur fahrlässig erfolgt.


Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war der Senat davon überzeugt, dass weder der unmittelbar zuständige Prokurist der Beklagten noch der Geschäftsführer die Übermittlung falscher Netto-Umsatzzahlen billigend in Kauf genommen haben.

Zwar habe die Beklagte objektiv falsche Netto-Umsatzzahlen für den Zeitraum 01.07.2011 bis 30.06.2018 vermeldet. Dies sei in der Gesamtschau jedoch nicht infolge eines auch nur bedingt vorsätzlichen Handelns einzelner Akteure, sondern aufgrund der arbeitsteiligen Erledigung der Mitteilungspflichten gegenüber der Klägerin durch den Prokuristen der Beklagten – welcher pauschal die Einnahmen abzüglich von 19 % Umsatzsteuer weitergeleitet hat – einerseits und der durch die externe Buchhaltung bzw. den externen Steuerberater erst später vorgenommenen steuerlichen Unterscheidung von 7 % oder 19 % Umsatzsteuer auf einzelne Speisen und Getränke, entstanden.
Der Senat hat in der Gewichtung dieser fahrlässigen Pflichtverletzung auch berücksichtigt, dass die Beklagte seit Mitte der 1990er Jahre die gastronomische Versorgung des Ostseestadions übernommen hatte und seitdem auch Sponsor des FC Hansa Rostock war. Der streitgegenständliche Cateringvertrag vom 05.05.2000 sei mit Ausnahme der vorliegenden Abrechnungsdifferenzen offenbar von beiden Seiten stets tadellos erfüllt worden. Die Klägerin hätte den Abzug von zu hoher Mehrwertsteuer bei Ermittlung des maßgeblichen Nettoumsatzes ebenso wie die Beklagte erkennen können. Auch habe die Falschmeldung der Nettoumsätze nur zu einer im Verhältnis zum Gesamtumsatz und zum Gesamtentgelt relativ geringfügigen Entgeltdifferenz zulasten der Klägerin in Höhe von 45.083,09 € geführt. Eine Wiederholungsgefahr bestünde im Hinblick auf das am 09.02.2019 im Ostseestadion eingeführte elektronische Kassensystem ersichtlich nicht.


Sachverhalt:


Die Klägerin (Ostseestadion GmbH & Co KG) verlangte als Eigentümerin nach fristloser Kündigung die Herausgabe von im Besitz der Beklagten (w. Holz GmbH) befindlichen Catering-Verkaufsständen (Kiosken) im Ostseestadion nebst dazugehörigen Aufwärmküchen und Kühlräumen.


Das verklagte Cateringunternehmen betreibt seit Mitte der 1990er Jahre die gastronomische Versorgung im Ostseestadion und ist seitdem auch als Sponsor des FC Hansa Rostock aktiv. Im Zusammenhang mit dem Neubau des Ostseestadions schlossen die Parteien einen neuen Cateringvertrag, der u.a. die gastronomische Versorgung des Ostseestadions im sogenannten Public-Bereich umfasste. Die Beklagte durfte die Catering-Verkaufsstände (Kioske) auf der Stadionpromenade nebst dazugehörigen Aufwärmküchen und Kühlräumen zum eigenverantwortlichen Verkauf von Speisen und Getränken auf eigene Rechnung nutzen. Hierfür hatte sie ein Entgelt in Höhe von zunächst 10 %, ab 2009 dann 14 % und schließlich ab 2016 20 % des Nettoumsatzes zu bezahlen. Die Laufzeit des Vertrages konnte durch einseitige Verlängerungsoption in 5 Jahresschritten verlängert werden. Hiervon machte die Beklagte Gebrauch.


Die Abrechnung der Pacht erfolgte nach jeder Veranstaltung durch die Beklagte unter Angabe der Bruttoumsätze. Zur Ermittlung der Nettoumsätze erfolgte jeweils ein Abzug von 19 % angenommener Mehrwertsteuer. Tatsächlich führte die Beklagte aber für warme Speisen spätestens ab 2013 (Änderung der Besteuerung durch das Bundesfinanzministerium) lediglich 7 % Umsatzsteuer ab. Die Klägerin hat infolgedessen über Jahre zu wenig Pacht aus dem als zu gering ermittelten Nettoumsatz der Beklagten abgerechnet. Eine Mitteilung über die geänderte Mehrwertsteuerabrechnung erfolgte durch die Beklagte nicht.


Ab dem Spiel Rostock-Unterhaching am 9.2.2019 erfolgte der Verkauf im Ostseestadion über ein elektronisches Kassensystem. Hierdurch wurde der Klägerin die Besteuerung von ca. 1/3 des Umsatzes mit lediglich 7 % offenbar.
Sie erklärte daraufhin am 5.4.2019 die fristlose Kündigung des Cateringvertrages wegen vorsätzlicher Täuschung über die Umsatzzahlen.


Vor dem Landgericht Rostock ist die fristlose Kündigung der Klägerin für unwirksam erachtet und die Herausgabeklage 2020 abgewiesen worden. Parallel wurde die Beklagte zur Zahlung von 50.624,46 € rückständiger Pacht verurteilt. Die Klägerin habe eine vorsätzlich fehlerhafte Abrechnung durch die Beklagte nicht nachweisen können.


Beide Parteien hatten gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.

Quelle: OLG Rostock, Pressemitteilung vom 6. Januar 2022

Cookie Consent mit Real Cookie Banner